Leitsatz (amtlich)

Der Antrag auf Aussetzung der Versteuerung nach § 34 ErbStG 1951 (= § 31 ErbStG 1959) kann zumindest nicht zurückgenommen werden, nachdem ihm entsprochen wurde.

 

Normenkette

ErbStG 1951 § 34; ErbStG 1959 § 31

 

Tatbestand

Der Kläger ist auf Grund Testaments nach dem Tode seines Großvaters am 3. September 1956 dessen Vorerbe zur Hälfte geworden. Da sein Erbteil mit Nießbrauchsrechten belastet war, beantragte er mit Schreiben vom 27. Juni 1957 die Aussetzung der Versteuerung gemäß § 34 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1951. Das Finanzamt hat mit Verfügung vom 28. Juli 1959 die Versteuerung antragsgemäß bis zum Erlöschen des Nießbrauchsrechtes ausgesetzt.

Mit Schreiben vom 26. Juni 1972 hat der Kläger seinen Antrag auf Aussetzung der Versteuerung wegen Besserung seiner Vermögensverhältnisse zurückgenommen und in der Folgezeit begehrt, den Vermögensanfall zum Stichtag der Antragsrücknahme der Besteuerung zu unterwerfen. Das Finanzamt hat den Antrag auf Vornahme der Erbschaftsteuerveranlagung abgelehnt. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit der Klage begehrt der Kläger, das Finanzamt zur Durchführung einer Erbschaftsteuerveranlagung zum Stichtag der Antragsrücknahme, hilfsweise zum Todestag zu verpflichten. Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen.

Mit der vom Finanzgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Er rügt Verletzung des § 34 ErbStG 1951. Das Finanzamt ist der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1951 (= § 31 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1959) konnte beim Erwerb von Vermögen, dessen Nutzung einem anderen als dem Steuerpflichtigen zusteht, der Pflichtige verlangen, daß die Versteuerung bis zum Erlöschen des Nutzungsrechts ausgesetzt bleibt. Auf die Aussetzung der Versteuerung besteht ein Rechtsanspruch. Das Begehren auf Aussetzung der Versteuerung bzw. die Aussetzung hat unmittelbare erbschaftsteuerrechtliche Folgen: Nach § 34 Abs. 2 ErbStG 1951 (= § 31 Abs. 2 ErbStG 1959) wurde bei Übergang des mit dem Nutzungsrecht belasteten Vermögens durch Erbfolge auf einen anderen die Steuer für diesen Übergang nicht erhoben und die erbschaftsteuerliche Abwicklung so vorgenommen, als habe derjenige, dem das Vermögen zur Zeit des Erlöschens des Nutzungsrechtes gehört, das Vermögen unmittelbar von dem ursprünglichen Erblasser erworben. Darüber hinaus gilt die Steuerschuld gemäß § 14 Abs. 2 ErbStG 1951/1959 im Falle der Aussetzung der Versteuerung für den Erwerb des mit dem Nutzungsrecht belasteten Vermögens als mit dem Zeitpunkt des Erlöschens des Nutzungsrechts entstanden. Diese Vorschrift bewirkt mittelbare Ausstrahlungen z. B. auf die Zusammenrechnung mehrerer ein und derselben Person von ein und demselben anderen anfallender Erwerbe nach § 13 ErbStG 1951/1959. Dem Steuerpflichtigen wird durch das Antragsrecht aus § 34 Abs. 1 ErbStG 1951 somit das Recht eingeräumt, zumindest auf das Steuerschuldverhältnis, das ihm gegenüber besteht, gestaltend einzuwirken und die Entstehung der Steuer vom Zeitpunkt des Todes des Erblassers (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) auf den Zeitpunkt des Erlöschens des Nutzungsrechtes zu verlagern. Damit erschöpft sich aber - unbeschadet der Möglichkeit, eine Pauschbesteuerung gemäß § 32 ErbStG 1959 (§ 35 ErbStG 1951) anzuregen - die Gestaltungsmöglichkeit des Steuerpflichtigen, er kann nicht von sich aus durch Rücknahme des Antrages einen beliebigen dritten Zeitpunkt wählen, in dem die Steuerschuld entstehen könnte. Die Rücknahme des Antrages erfüllt nicht einen Tatbestand, an den das Gesetz die Steuerpflicht knüpft (vgl. § 3 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes, § 38 der Abgabenordnung). Die einmal vorgenommene Rechtsgestaltung kann - wie bei allen Gestaltungsakten - nicht wieder rückwirkend beseitigt werden, wobei die Frage der Möglichkeit, derartige der Finanzbehörde gegenüber abgegebene Erklärungen anzufechten mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 119 BGB nicht zu erörtern ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72873

BStBl II 1978, 675

BFHE 1979, 62

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