Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (NV)

Prozesskostenhilfe kann nur dann gewährt werden, wenn der Antragsteller innerhalb der Rechtsmittelfrist u.a. eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO auf dem vorgeschriebenen Vordruck vorlegt. Auf Unkenntnis kann sich der Antragsteller nicht berufen, da er sich über die Voraussetzungen einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich selbst kundig machen muss; die Gerichte treffen insoweit keine besonderen Hinweispflichten.

 

Normenkette

FGO § 62 Abs. 4; ZPO §§ 114, 117, 227 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

I. Aufgrund der Feststellungen einer Außenprüfung hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) vom Antragsteller in den Streitjahren 1998 bis 2000 erklärte Betriebsausgaben teilweise als Aufwendungen der privaten Lebensführung gemäß § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) behandelt. Daneben berücksichtigte er Bewirtungskosten mit der Begründung nicht, die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 und Abs. 5 Nr. 2 sowie Abs. 7 EStG lägen nicht vor. Auch Aufwendungen für Fachliteratur und Videokassetten setzte er wegen nicht vorhandener ordnungsgemäßer Rechnungen nicht als Betriebsausgaben an. Den dagegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 2. April 2004, dem Antragsteller ausweislich der Postzustellungsurkunde am 8. April 2004 (Gründonnerstag) zugestellt, als unbegründet zurück.

Am 29. April 2004 ging beim Finanzgericht (FG) ein Schreiben des Antragstellers vom selben Tag ein, in dem er zunächst Anträge auf gerichtliche Aussetzung der Vollziehung (AdV) gegenüber dem FA E und dem FA stellt und weiter ausführt: "Im Übrigen stelle ich gleich den Antrag, dass meine Einsprüche gemäß meinen Schreiben vom … (die Ihnen damals als Kopie zugesendet wurden) direkt als Einspruch gewertet werden. Ich stelle deswegen schon heute den Antrag, dass meine Einsprüche gegen die Streichung der Ausgaben vor Gericht verhandelt und geprüft werden. …". Das FG behandelte das Schreiben als Antrag auf AdV, den es ablehnte.

Im gegen das FA E gerichteten Verfahren erklärte der Antragsteller ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung, sein Schreiben vom 29. April 2004 sei auch als Klage gegen die Gewinnfeststellungs- und Umsatzsteuerbescheide 1998 bis 2000 gemeint gewesen. Mit Schreiben vom 6. Mai 2005 bestätigte der Antragsteller dies noch einmal.

Im Erörterungstermin vom 22. Februar 2008 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Am Tag der auf den 19. November 2008 terminierten mündlichen Verhandlung teilte der Antragsteller dem FG telefonisch mit, sein PKW springe nicht an und er habe kein Geld und auch nicht mehr die Zeit, um mit der Bahn nach … zu fahren. Er bat um Mitteilung, wie weiter verfahren werde, war aber nicht bereit, dem FG seine Telefonnummer zu nennen. Der Aktenvermerk über dieses Telefonat wurde dem zuständigen Berichterstatter des FG zwei Stunden vor Beginn der mündlichen Verhandlung vorgelegt.

Das FG sah die Voraussetzungen für eine Aufhebung oder Vertagung des Verhandlungstermins nach § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) als nicht gegeben. Es hat die Klage mangels Einhaltung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lagen nach Auffassung des FG nicht vor.

Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller "Einspruch" erhoben. Er hat dargelegt, weshalb er an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen konnte, und beantragt "Einsetzung in den vorherigen Stand" oder Zulassung der Revision. Gleichzeitig beantragte er Prozesskostenhilfe (PKH). Eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war dem Antrag nicht beigefügt.

 

Entscheidungsgründe

II. Der Antrag auf Gewährung von PKH wird abgelehnt.

Es kann dahinstehen, ob durch die seit dem 1. Juli 2008 geltende Neuregelung des Vertretungszwangs in § 62 Abs. 4 FGO und das Außerkrafttreten des § 62a FGO insofern eine Änderung eingetreten ist, dass nun auch der Antrag auf PKH vertretungspflichtig ist. Die erforderlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH liegen jedenfalls nicht vor.

1. Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO). Hierbei hat der Prozessbeteiligte die dafür eingeführten Vordrucke zu benutzen.

Im Streitfall hat der Antragsteller diesem Erfordernis nicht genügt, weil er die "Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" nicht innerhalb der am 2. Januar 2009 abgelaufenen Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde vorgelegt hat (vgl. hierzu z.B. Senatsbeschluss vom 28. September 2005 X S 15/05 (PKH), BFH/NV 2005, 2249). Auf Unkenntnis kann sich der Antragsteller nicht berufen, da er sich über die Voraussetzungen einer Bewilligung von PKH grundsätzlich selbst kundig machen muss (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 8. April 1999 II B 82/98, BFH/NV 1999, 1470, m.w.N.); die Gerichte treffen insoweit keine besonderen Hinweispflichten (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. August 1991  2 BvR 995/91, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1992, 426).

2. Selbst wenn dem Antragsteller wegen dieses Versäumnisses --was offenbleiben kann-- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könnte, ist der Antrag auf PKH dennoch abzulehnen, weil die im vorliegenden Fall beabsichtigte Rechtsverfolgung durch Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde bei summarischer Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Zwar kann die Ablehnung eines Antrags auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung im Einzelfall eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen und damit ein Grund für die Zulassung der Revision i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sein. Jedoch bestand im Streitfall kein erheblicher Grund für eine Terminsänderung, der das FG gemäß § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO hätte veranlassen müssen, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen.

 

Fundstellen

BFH/NV 2009, 1132

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