Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Prozeßkostenhilfeverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Vergißt der Antragsteller seinem Antrag auf Prozeßkostenhilfe die Erklärung nach § 117 Abs. 2 und 4 ZPO beizufügen, so ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Blick auf Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG nicht schon deshalb zu gewähren, weil das Gericht innerhalb der Rechtsmittelfrist einen Hinweis auf das Versehen, das der Risikosphäre des Verfahrensbeteiligten zuzurechnen ist, unterlassen hat.

 

Normenkette

GG Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1; FGO §§ 142, 56 Abs. 1; ZPO § 117 Abs. 2, 4

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 23.04.1991; Aktenzeichen VII S 1/91)

 

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten.

Soweit der Beschluß des Bundesfinanzhofs darauf beruht, daß der Bundesfinanzhof den Beschwerdeführer nicht innerhalb der Frist zur Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde darauf hingewiesen hat, daß die dem Prozeßkostenhilfeantrag beizufügende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 24. November 1990 entgegen seiner Ankündigung nicht beigefügt war, und aus diesem Grund eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt wurde, sind die Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG und aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht verletzt.

Auslegung und Anwendung der die Wiedereinsetzung regelnden prozeßrechtlichen Vorschriften dürfen nicht dazu führen, daß der Zugang zum Gericht in unzumutbarer, sachlich nicht gerechtfertigter Weise erschwert wird (st. Rspr., vgl. BVerfGE 41, 332 ≪334 f.≫; 69, 381 ≪385≫). Es ist jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn dem betroffenen Bürger solche Versäumnisse und Unterlassungen bei der Beachtung von Frist- und Formvorschriften zugerechnet werden, die er selbst zu vertreten hat (BVerfGE 42, 120 ≪124≫). Der Umstand, daß der Beschwerdeführer es offenbar vergessen hat, seinem Antrag auf Prozeßkostenhilfe die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen, ist seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen. Dieses Versäumnis wäre bei zumutbarer Sorgfalt vermeidbar gewesen und ist daher vom Beschwerdeführer zu vertreten. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nicht bereits deshalb zu gewähren, weil der Bundesfinanzhof den Beschwerdeführer in Unkenntnis darüber gelassen hat, daß diese Erklärung seinem Antrag auf Prozeßkostenhilfe nicht beigefügt war. Das Gericht war nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer innerhalb der Rechtsmittelfrist darüber zu informieren, daß die Erklärung, deren fristgerechte Vorlage der Risikosphäre des Beschwerdeführers zuzurechnen ist, nicht vorlag (vgl. BVerfG, Beschluß vom 14. Juni 1983 – l BvR 277/83 –, STRK FGO § 142 R. 33). Weitere Wiedereinsetzungsgründe hat der Beschwerdeführer weder vorgetragen noch sind sie ersichtlich.

Soweit der Beschwerdeführer sich dagegen wendet, daß der Bundesfinanzhof sein Vorbringen zur Begründetheit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht berücksichtigt habe, ist ein Verfassungsverstoß nicht ersichtlich.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1521098

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