Am Beispiel von Kinderbetreuungskosten zeigt sich deutlich, dass steuerliche Vorschriften mitunter über eine sehr begrenzte Lebensdauer verfügen. Im Folgenden wird die Rechtslage bis 2011 und ab 2012 dargestellt.

Rückblende: Rechtslage bis 2011

Erst zum 1.1.2009 hatte der Gesetzgeber die steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten in § 9c EStG neu geordnet. Zuvor war der Abzug von Kinderbetreuungskosten in § 4f EStG (für erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten) und in § 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG (für nicht erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten) geregelt worden. Mit der Schaffung des neuen § 9c EStG gingen allerdings keine materiell-rechtlichen Änderungen einher – die Änderungen glichen eher einer redaktionellen Überarbeitung.

Zum 1.1.2012 hat der Gesetzgeber § 9c EStG wieder abgeschafft und durch ein neues Regelwerk ersetzt. Für Jahre bis einschließlich 2011 ist § 9c EStG jedoch weiterhin anzuwenden. Danach gilt:

a) Erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten

Eltern können 2/3 der Aufwendungen, maximal 4.000 EUR je Kind, wie Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehen, sofern ihr haushaltszugehöriges Kind zwischen 0 und 13 Jahre alt (oder schwerbehindert) ist und beide Eltern erwerbstätig sind.

b) Nicht erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten

Eltern können 2/3 der Aufwendungen, maximal 4.000 EUR je Kind, als Sonderausgaben abziehen, sofern ihr haushaltszugehöriges Kind zwischen 0 und 13 Jahre alt (oder schwerbehindert) ist und die Eltern sich in Ausbildung befinden, längerfristig krank oder behindert sind bzw. ein Elternteil die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt und der andere Elternteil erwerbstätig ist.

Nach der sogenannten Kindergartenregelung kann der Sonderausgabenabzug bei haushaltszugehörigen Kindern zwischen 3 bis 5 Jahren ohne diese Voraussetzungen gewährt werden. Kosten für Kinder dieser Altersgruppe werden also berücksichtigt, selbst wenn die Eltern die Voraussetzungen der Erwerbstätigkeit, Ausbildung, Behinderung oder Krankheit nicht erfüllen.

Neue Rechtslage ab 2012

Die in § 9c EStG bisher vorgenommene Unterscheidung zwischen erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten hat der Gesetzgeber mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1.11.2011 (BGBl. I. S. 2131) aufgegeben. Ab dem 1.1.2012 wird im neugeschaffenen § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG bestimmt, dass die Kosten der Kinderbetreuung nur noch als Sonderausgaben abgezogen werden können.

Wie bisher sind 2/3 der Kosten abziehbar, maximal 4.000 EUR je Kind. Ein Abzug als Betriebsausgaben und Werbungskosten ist nicht mehr vorgesehen.

Der Sonderausgabenabzug wird nunmehr einheitlich für Kinder gewährt, die

  • zwischen 0 und 13 Jahren alt sind,
  • Kinder ersten Grades oder Pflegekinder sind und
  • zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehören.

Sonderfall Schwerbehinderung: Bei schwerbehinderten Kindern ist die Altersgrenze von 14 Jahren nicht zu beachten. Sie werden steuerlich berücksichtigt, sofern sie wegen einer vor ihrem 25. Geburtstag eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten. Berücksichtigungsfähig sind auch Kinder, bei denen die Behinderung vor dem 1.1.2007 und zwischen dem 25. und 27. Geburtstag eingetreten ist (§ 52 Abs. 24a Satz 2 EStG).

Hinweis: Es kommt nach der neuen Rechtslage nicht mehr darauf an, aus welchen Gründen die Kinderbetreuungskosten angefallen sind. Somit ist jetzt unerheblich, ob die Eltern erwerbstätig, in Ausbildung, behindert oder längerfristig erkrankt sind. Die Neuregelungen setzen die Hürde für eine steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben daher herab.

Welche Nachweise sind nunmehr erforderlich?

Für den Abzug der Kosten müssen die Eltern eine Rechnung erhalten haben und die Zahlung unbar auf das Konto des Leistungserbringers geleistet haben (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 EStG n. F.). Die Belege müssen allerdings nicht von Vornherein der Steuererklärung beigefügt werden. Es genügt, wenn sie auf Anforderung des Finanzamtes nachgereicht werden.

Keine Nachteile im außersteuerlichen Bereich

Da Kinderbetreuungskosten seit dem Jahr 2012 nicht mehr wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind, könnten sich negative Folgewirkungen in anderen außersteuerlichen Bereichen ergeben, die an den steuerlichen Einkommensbegriff anknüpfen. So greift z.B. die Definition das Jahreseinkommen i. S. des Wohngeldgesetzes auf die steuerliche Bestimmung zurück.

Der Gesetzgeber regelt daher, dass bei Anknüpfung von außersteuerlichen Normen an die Begriffe „Einkünfte“, „Summe der Einkünfte“ oder „Gesamtbetrag der Einkünfte“ stets auch die Kinderbetreuungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG in Abzug zu bringen sind (§ 2 Abs. 5a Satz 2 EStG). Unerheblich ist also, dass diese Kosten nicht mehr wie Werbungskosten/ Betriebsausgaben abgezogen werden können.

Was sind Kinderbetreuungskosten?

Steuerlich begünstigt sind nur Aufwendungen für die Betreuung des Kindes, nicht hingegen Kosten für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten und Freizeitbetätigungen (z. B. Nachhilfe, Musikunterricht, Reitunterricht).

Hinweis: Diese begriffliche Einschränkung ist nicht neu, sondern war bereits in der alten Rechtslage zu beachten (vgl. § 9c Abs. 3 Satz 1 EStG).

Schlagworte zum Thema:  Kind, Kinderbetreuungskosten, Einkommensteuer