BZSt: Kindergeldanspruch während der Wehrdienstzeit

Leistet ein volljähriges Kind einen freiwilligen Wehrdienst, kann den Eltern für diese Zeit Kindergeld zustehen. Das Bundeszentralamt für Steuern erklärt mit Erlass vom 25.3.2015, welche kindergeldrechtlichen Besonderheiten während der Wehrdienstzeit beachtet werden müssen.

Volljährige Kinder können kindergeldrechtlich noch bis zur Vollendung ihres 25. Lebensjahres anerkannt werden, wenn sie

  • für einen Beruf ausgebildet werden (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG),
  • sich in einer Übergangszeit von höchstens 4 Monaten zwischen 2 Ausbildungsabschnitten bzw. einem Ausbildungsabschnitt und einem anerkannten Dienst befinden (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 b) EStG),
  • eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen können (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 c) EStG) oder
  • bestimmte Freiwilligendienste (z. B. freiwilliges soziales Jahr, freiwilliges ökologisches Jahr) leisten (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 d) EStG).

Ein neues Urteil des BFH vom 3.7.2014 (Az. III R 53/13) rückt die Frage in den Fokus, wann ein freiwilliger Wehrdienst als Berufsausbildung i. S. d. ersten „Verlängerungstatbestandes“ gewertet werden kann, sodass den Eltern für diese Zeit noch Kindergeld zusteht. Der BFH entschied, dass der freiwillige Wehrdienst abhängig von seiner Ausgestaltung und Art der Durchführung im Einzelfall durchaus eine Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG darstellen kann.

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) greift diese Thematik mit Erlass vom 25.3.2015 auf und legt dar, wann Kinder während der Wehrdienstzeit noch steuerlich anerkannt werden können. Es gelten danach folgende Grundsätze:

Erster Verlängerungstatbestand: Begünstigte Berufsausbildung

Bei der Frage, ob eine begünstigte Berufsausbildung vorliegt, muss zunächst zwischen der Laufbahn der Mannschaften und der Laufbahn der (Unter-)Offiziere unterschieden werden. Es gilt:

Mannschaftsdienstgrad

Soll ein Soldat später im Mannschaftsdienstgrad verwendet werden, umfasst seine Ausbildung die Grundausbildung und die anschließende Dienstpostenausbildung. In der Mannschaftslaufbahn gehören die Soldaten entweder der Statusgruppe der Soldaten auf Zeit an oder leisten freiwilligen Wehrdienst – ungeachtet der Gruppenzugehörigkeit wird der Soldat kindergeldrechtlich aber solange anerkannt, wie er eine Ausbildung absolviert. Dabei gilt:

  • Pauschale Anerkennung von 4 Monaten: Aus Vereinfachungsgründen können die Familienkassen die ersten 4 Monate der Wehrdienstzeit ohne näheren Nachweis als begünstigten Kindergeldzeitraum anerkennen, da die Grundausbildung 3 Monate und die Dienstpostenausbildung mindestens 1 Monat (häufig aber mehrere Monate) andauert. Das Kind bzw. dessen Eltern müssen lediglich den Dienstantritt gegenüber der Familienkasse glaubhaft machen.
  • Längere Anerkennung nur mit Nachweis: Sofern die Eltern eine längere kindergeldrechtliche Berücksichtigung ihres Kind während der Wehrdienstzeit anstreben, müssen sie die konkrete Dauer der Grund- und Dienstpostenausbildung nachweisen.

Laufbahn der (Unter-)Offiziere

Wird ein Soldat zum Offizier oder Unteroffizier ausgebildet, geht er einer Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG nach, sodass den Eltern für diese Zeit noch die kindbedingten Begünstigungen (Kindergeld, Kinderfreibetrag) zustehen. Dabei sind nicht nur militärische Ausbildungen kindergeldrechtlich berücksichtigungsfähig, sondern auch zivilberufliche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, sowie Studienzeiten an einer Bundeswehrhochschule oder an zivilen Hochschulen.

Hinweis: Unerheblich für den Kindergeldanspruch ist, ob das Kind ein Soldat auf Zeit oder ein Berufssoldat ist und ob es die Bezeichnung „Anwärter“ oder eine vergleichbare Bezeichnung im Dienstgrad trägt (z. B. Fahnenjunker oder Fähnrich).

Ausbildung zum Reserveoffizier

Auch eine Ausbildung zum Reserveoffizier (als Reserveoffiziersanwärter) stellt eine begünstigte Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG dar, sofern sie während des Wehrdienstes absolviert wird. Liegt die Ausbildung hingegen außerhalb der Wehrdienstzeit (bei Wehrübungen), ist sie keine begünstigte Berufsausbildung.

Wehrdienst und Erwerbstätigkeitsprüfung

Nach dem Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein volljähriges Kind kindergeldrechtlich nur noch berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgeht (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Eine kindergeldrechtliche Anerkennung findet jedoch auch nach Abschluss der Erstausbildung bzw. des Erststudiums noch statt, wenn das Kind dann ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis aufnimmt (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG). Ein solches anspruchsunschädliches Ausbildungsdienstverhältnis liegt nach dem Erlass des BZSt auch bei einer militärischen Ausbildung oder einem Studium eines Soldaten an einer Bundeswehrhochschule vor. Gleiches gilt für eine zivilberufliche Ausbildung und ein Studium an einer zivilen Hochschule, sofern die Bildungsmaßnahme ein Bestandteil der (Unter-)Offiziersausbildung ist.

Zweiter Verlängerungstatbestand: Übergangszeit von maximal 4 Monaten

Das BZSt weist darauf hin, dass ein volljähriges Kind mittlerweile auch dann kindergeldrechtlich fortberücksichtigt werden kann, wenn es sich in einer Übergangszeit von höchstens 4 Monaten zwischen einem Ausbildungsabschnitt und dem freiwilligen Wehrdienst befindet (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 b) EStG n. F.).

Hinweis: Diese Neuregelung ist durch das Zollkodex-Anpassungsgesetz vom 22.12.2014 (JStG 2015) in das Einkommensteuergesetz eingegangen und gilt für Anspruchszeiträume nach dem 31.12.2014.

Das BZSt erklärt, dass ein begünstigter Übergangszeitraum sowohl vor dem Beginn des freiwilligen Wehrdienstes als auch nach dessen Beendigung liegen kann.

Da der Verlängerungstatbestand des § 32 Abs. 4 Nr. 2 b) EStG jedoch erst ab dem 1.1.2015 für den freiwilligen Wehrdienst „geöffnet“ wurde, muss folgende zeitliche Eingrenzung beachtet werden:

Hat das Kind einen freiwilligen Wehrdienst in 2014 beendet und in 2015 einen Ausbildungsabschnitt begonnen, liegt ein kindergeldrechtlich begünstigter Übergangszeitraum nur für die in 2015 liegenden Monate vor.

Beispiel:

Ein Kind beendet am 31.10.2014 seinen freiwilligen Wehrdienst und beginnt am 16.3.2015 eine Berufsausbildung.

Lösung:

Der Übergangszeitraum beträgt nicht mehr als 4 Monate, sodass die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2 b) EStG erfüllt sind. Da die gesetzliche Neuregelung jedoch erst zum 1.1.2015 in Kraft getreten ist, kann das Kind für November und Dezember 2014 nicht berücksichtigt werden (Anerkennung nur für die Monate Januar und Februar 2015). Ab März 2015 wird das Kind aufgrund einer Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG kindergeldrechtlich anerkannt.

Anders ist der Fall gelagert, wenn das Kind in 2014 eine Berufsausbildung beendet und in 2015 einen freiwilligen Wehrdienst beginnt. In diesem (umgekehrten) Fall kann das Kind auch für die Monate in 2014 noch steuerlich als Kind anerkannt werden.

Dritter Verlängerungstatbestand: Fehlender Ausbildungsplatz

Ein volljähriges Kind kann nach dem dritten „Verlängerungstatbestand“ bei fehlendem Ausbildungsplatz (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 c) EStG) auch dann kindergeldrechtlich berücksichtigt werden, wenn es sich für einen Wehrdienst bewirbt.

Hinweis:  Zu den Voraussetzungen, unter denen ein volljähriges Kind als ausbildungssuchendes Kind berücksichtigt werden kann, verweist das BZSt auf die Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG 2014).

Eltern sollten allerdings beachten, dass sie das Bemühen des Kindes um einen Ausbildungsplatz (Bewerbung für einen Wehrdienst) gegenüber der Familienkasse nachweisen müssen.

Bundeszentralamt für Steuern, Erlass v. 25.3.2015, St II 2-S 2282-PB/15/00001

Schlagworte zum Thema:  Kindergeld, Einkommensteuer