Allgemeine Grundsätze DBA Personengesellschaften

Zunächst werden die allgemeinen Grundsätze des nationalen Rechts und der Doppelbesteuerungsabkommen erläutert,

Allgemeine Grundsätze des nationalen Rechts

Bei der Anwendung der DBA auf in- und ausländische Personengesellschaften und ihre Gesellschafter muss zunächst nach deutschem Recht unterschieden werden zwischen Personengesellschaften, die gewerbliche Einkünfte erzielen, und Personengesellschaften, die andere Einkünfte erzielen, insbesondere Einkünfte aus Vermögensverwaltung. Die Zuordnung zu den gewerblichen oder anderen Einkünften hat sich dabei nach den Vorschriften des EStG zu richten.

 Ob eine ausländische Gesellschaft als Personengesellschaft oder als Körperschaft zu behandeln ist, bestimmt sich für die Zwecke der deutschen Besteuerung ebenfalls ausschließlich nach deutschem Steuerrecht. Es gelten die allgemeinen Grundsätze des sog. Rechtstypenvergleichs. Nicht maßgeblich ist demnach die Einordnung nach dem Zivil- oder Steuerrecht des jeweiligen Sitzstaates der ausländischen Gesellschaft.

Abkommensberechtigung von Personengesellschaften

Die steuerliche Transparenz führt dazu, dass Personengesellschaften selbst nicht abkommensberechtigt sind. Zwar können Personengesellschaften Personen i. S. d. DBA sein (Art. 3 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA). Aufgrund der fehlenden Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerpflicht sind sie jedoch keine ansässigen Personen (Art. 4 Abs. 1 OECD-MA). Ansässige und damit abkommensberechtigte Personen sind allein die Gesellschafter, denen die von der Gesellschaft erzielten Einkünfte anteilig zugerechnet werden. Für die Gewerbesteuer sind Personengesellschaften dagegen selbst steuerpflichtig.

Wegen der fehlenden Abkommensberechtigung können ausländische Personengesellschaften selbst die nach einem DBA zu gewährende Entlastung von Abzugsteuern (§ 50d Abs. 1 bis 6 EStG, betrifft die Kapitalertragsteuer und den Steuerabzug nach § 50a EStG) nicht in Anspruch nehmen. Abkommens- und damit entlastungsberechtigt sind vielmehr die Gesellschafter, wenn sie im anderen Vertragsstaat ansässig sind.

Wenn ein Gesellschafter in einem Drittstaat ansässig ist, richtet sich die Abkommens- und damit auch die Entlastungsberechtigung nach dem DBA mit diesem Drittstaat.

Abweichend von diesen Grundsätzen sind nur die Personengesellschaften und nicht deren Gesellschafter entlastungsberechtigt, wenn der betreffende Vertragsstaat die Einkünfte der Personengesellschaft selbst als Einkünfte einer ansässigen Person zurechnet, die Gesellschaft also nicht als steuerlich transparent behandelt (§ 50d Abs. 1 Satz 11 EStG).

Unternehmensgewinne und Abgrenzungsfragen

- Unternehmensgewinne

 Alle DBA enthalten einen Artikel zur Besteuerung von Unternehmensgewinnen (Art. 7 OECD-MA). Der Begriff "Unternehmensgewinne" wird jedoch regelmäßig nicht definiert. Unternehmensgewinne können abweichend vom bisherigen Schreiben jedoch nur solche sein, die aus einer ihrer Art nach „unternehmerischen“ Tätigkeit stammen. Danach sind Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit oder aus einer freiberuflichen Tätigkeit regelmäßig Unternehmensgewinne. Für Einkünfte eines Unternehmens, die ihrer Art nach in anderen Artikeln behandelt werden, z. B. Zinsen, gelten vorrangig die Regelungen dieser anderen Artikel (Art. 7 Abs. 4 OECD-MA), es sei denn, diese anderen Artikel verweisen auf Art. 7 zurück (sog. Betriebsstättenvorbehalt). Auf Einkünfte aus anderen Tätigkeiten, z. B. aus Vermögensverwaltung, ist Art. 7 dagegen nicht anzuwenden. Nicht unter Art. 7 fallen daher z. B. Einkünfte einer lediglich gewerblich geprägten Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) oder Einkünfte einer Besitzpersonengesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung. Für diese Einkünfte gelten auf Abkommensebene die gleichen Grundsätze wie für vermögensverwaltende Personengesellschaften (siehe unten). Die Einkünfte einer gewerblich infizierten Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) müssen für die Abkommensanwendung aufgeteilt werden. Ist eine Aufteilung nicht möglich, weil sich die unternehmerischen und die vermögensverwaltenden Tätigkeitsbereiche gegenseitig unlösbar bedingen, liegt eine einheitliche Tätigkeit vor und es muss im Einzelfall über die Zuordnung zu dem jeweiligen DBA-Artikel entschieden werden.

- Unternehmen eines Vertragsstaats

Art. 7 OECD-MA verwendet den Ausdruck „Unternehmen eines Vertragsstaats“. Dies ist ein  Unternehmen, das von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person betrieben wird. (Art. 3 Abs. 1 Buchst. d OECD-MA). Entscheidend ist also nicht der Ort der Geschäftsleitung, des Sitzes oder der Tätigkeit, sondern allein die Ansässigkeit der Person, die das Unternehmen betreibt. Bei einer Personengesellschaft muss demnach auf die Ansässigkeit jedes einzelnen Gesellschafters abgestellt werden. Dementsprechend betreibt jeder Gesellschafter ein Unternehmen. Es bestehen daher so viele Unternehmen wie Gesellschafter vorhanden sind.

- Betriebsstätte 

Anknüpfungspunkt für die Besteuerung von Unternehmensgewinnen ist eine Betriebsstätte. Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates können nur dann im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt und soweit der Gewinn der Betriebsstätte zuzurechnen ist (Art. 7 Abs. 1 OECD-MA). Bei einer Personengesellschaft gibt es insoweit folgende 4 Konstellationen:

  1. Ein ausländischer Gesellschafter ist an einer inländischen Personengesellschaft beteiligt. Durch die Beteiligung wird dem ausländischen Gesellschafter eine anteilige inländische Betriebsstätte vermittelt. Deutschland kann den auf diese Betriebsstätte entfallenden Gewinnanteil des ausländischen Gesellschafters besteuern.
  2. Eine ausländische Personengesellschaft hat eine Betriebsstätte im Inland. Deutschland kann den dieser Betriebsstätte zuzurechnenden Gewinn besteuern.
  3. Ein inländischer Gesellschafter ist an einer ausländischen Personengesellschaft beteiligt. Durch die Beteiligung wird dem inländischen Gesellschafter eine anteilige ausländische Betriebsstätte vermittelt. Der ausländische Betriebsstättenstaat kann den auf diese Betriebsstätte entfallenden Gewinnanteil des inländischen Gesellschafters besteuern.
  4. Eine inländische Personengesellschaft hat eine Betriebsstätte im Ausland. Der ausländische Betriebsstättenstaat kann den dieser Betriebsstätte zuzurechnenden Gewinn besteuern.

Unter welchen Voraussetzungen überhaupt eine Betriebsstätte vorliegt, bestimmt sich nach dem Betriebsstättenartikel des DBA (Art. 5 OECD-MA). Die Ermittlung des Gewinns, der der Betriebsstätte zuzurechnen ist, richtet sich nach § 1 Abs. 5 AStG. Hierbei ist die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) zu beachten, die für Wirtschaftsjahre anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2014 beginnen (§ 40 BsGaV).

- Betriebsstättenvorbehalte und unbewegliches Vermögen

Verschiedene Artikel der DBA enthalten Betriebsstättenvorbehalte (Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 4, Art. 12 Abs. 3, Art. 13 Abs. 2, Art. 21 Abs. 2 OECD-MA). Danach werden Einkünfte, die ihrer Art nach den genannten Artikeln unterfallen, als Unternehmensgewinne nach Art. 7 OECD-MA behandelt, um das uneingeschränkte Besteuerungsrecht des Betriebsstättenstaats zu gewährleisten. Voraussetzung ist, dass die den Einkünften zugrundeliegenden Wirtschaftsgüter (Beteiligungen, Forderungen, Rechte oder Vermögenswerte) Betriebsvermögen einer Betriebsstätte sind bzw. zu einer Betriebsstätte gehören. Dies entscheidet sich nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 5 AStG. Die Behandlung unbeweglichen Vermögens eines Unternehmens richtet sich nach Art. 6 und Art. 13 OECD-MA. Laufende Einkünfte und Veräußerungsgewinne aus unbeweglichem Vermögen können unabhängig vom Vorhandensein einer Betriebsstätte im Belegenheitsstaat besteuert werden (Art. 6 Abs. 4, Art. 13 Abs. 1 OECD-MA).

Einkünfte aus Vermögensverwaltung

Die Einkünfte vermögensverwaltender Personengesellschaften sind keine Unternehmensgewinne i. S. d. Art. 7 OECD-MA. Das gilt auch für Einkünfte einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, für Einkünfte aus der vermögensverwaltenden Tätigkeit einer gewerblich infizierten Personengesellschaft und für Einkünfte einer Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung. Für die Einkünfte dieser Gesellschaften gelten vielmehr die jeweiligen Einkunftsartikel des Abkommens (z. B. Art. 6 OECD-MA für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen oder Art. 11 OECD-MA für Zinsen).

Bei gewerblich geprägten und gewerblich infizierten Personengesellschaften sowie bei Besitzgesellschaften einer Betriebsaufspaltung sind jedoch Besonderheiten zu beachten:

  • Wenn eine zunächst gewerblich tätige Personengesellschaft durch Änderung ihrer Tätigkeit zu einer gewerblich geprägten Personengesellschaft wird oder wenn die Einkünfte durch die Änderung dem vermögensverwaltenden Bereich einer gewerblich infizierten Personengesellschaft zuzurechnen sind, sind die allgemeinen Entstrickungsvorschriften (z. B. § 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG, § 12 Abs. 1 KStG) anzuwenden. Gleiches gilt in Wegzugsfällen.
  • Wenn Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens oder Anteile an Kapitalgesellschaften i. S. d. § 17 EStG vor dem 29. Juni 2013 (Stichtag) in das Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten oder in den vermögensverwaltenden Bereich einer gewerblich infizierten Personengesellschaft übertragen oder überführt worden sind oder wenn ein Einbringungsfall i. S. d. § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG vorliegt und eine Besteuerung der stillen Reserven im Zeitpunkt der Übertragung oder Überführung unterblieben ist, ist § 50i EStG anzuwenden. Dies führt dazu, dass sowohl spätere Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinne als auch laufende Einkünfte ungeachtet der Bestimmungen des Abkommens der deutschen Besteuerung unterliegen (§ 50i Abs. 1 Satz 1 bis 3 EStG).
Rechtsanwalt Stefan Karsten Meyer, LL.M.