Zusammenfassung

 
Begriff

Selbstverwaltung ist das Recht zur Wahrnehmung oder Regelung hoheitlicher (öffentlicher) Aufgaben in eigener Verantwortung. Diese Zuweisung/Übertragung der Aufgaben ergibt sich bei den Trägern der Sozialversicherung als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts aus § 29 SGB IV u. a. für den Bereich der Gesundheitsversorgung.

Das Sozialgesetzbuch enthält keine Definition des Begriffs Selbstverwaltung, umschreibt aber in § 29 ihre entscheidenden Kriterien:

  • Rechtliche Selbstständigkeit,
  • Mitwirkung der Betroffenen,
  • Ausgliederung aus der allgemeinen Staatsverwaltung und Einräumung selbstständiger Entscheidungsbefugnisse in eigener Verantwortung.
 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Die rechtlichen Grundlagen zur Rechtsstellung, eigenen und übertragenen Aufgaben, den Organen usw. finden sich in den §§ 29 ff. SGB IV. Die §§ 43 ff. SGB IV regeln die Zusammensetzung, Wahl und Verfahren der Selbstverwaltungsorgane, Versichertenältesten und Vertrauenspersonen. Daneben gilt insbesondere Art. 20 Abs. 3 GG, mithin die Bindung an Gesetz und Recht sowie Art. 3 GG (Grundsatz der Gleichbehandlung). Rahmenbedingungen, die der Staat vorgibt, finden sich u. a. im SGB V.

1 Mitwirkung der Betroffenen

Das Besondere an dem Prinzip der Selbstverwaltung ist, dass der Bürger bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirkt. Dies geschieht durch Sozialwahlen, bei denen ehrenamtliche Vertreter der Versicherten (Rentner) und Arbeitgeber in die Organe der Sozialversicherungsträger gewählt werden.

Außer in der Sozialversicherung gibt es die Mitwirkung der betroffenen Bürger auch noch im Bereich der Kommunalverwaltung durch Kommunalwahlen. Während die kommunale Selbstverwaltung im Grundgesetz verankert ist[1], ist die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung nur durch einfaches Bundesrecht geregelt.

2 Körperschaften des öffentlichen Rechts

Körperschaften des öffentlichen Rechts, d. h. Sozialversicherungsträger als juristische Personen des öffentlichen Rechts, sind beispielsweise:

  • gesetzliche Krankenkassen,
  • Kassenärztliche Vereinigung,
  • Zahnärztliche Vereinigung,
  • Unfallkassen,
  • Deutsche Rentenversicherung Bund,
  • Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See,
  • Versorgungswerk der Ärzte und
  • Unfallversicherung Bund und Bahn.

Die Träger bilden bundesweite Verbände, mithin beispielsweise:

  • Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband),
  • Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und
  • Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV).
 
Hinweis

Gemeinsamer Bundesausschuss

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) als wichtigstes Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung in der Gesundheitsversorgung/im Gesundheitswesen, setzt sich zusammen aus den genannten Verbänden sowie der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Der G-BA erlässt verbindliche Richtlinien, beispielsweise welche Leistungen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, und beschließt Maßnahmen der Qualitätssicherung in Krankenhäusern und Arztpraxen.

3 Organe der Selbstverwaltung

Selbstverwaltungsorgane sind

  • Vertreterversammlung bzw. Verwaltungsrat bei den Krankenkassen[1],
  • (hauptamtlicher) Vorstand[2] und
  • Geschäftsführer bzw. Direktorium bei der der Deutschen Rentenversicherung Bund[3].

Die vertretungsberechtigten Organe des Versicherungsträgers haben die Eigenschaft einer Behörde.[4]

In den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung setzen sich die Organe unterschiedlich zusammen:

In der Kranken-, Renten- und Unfallversicherung sind die Organe je zur Hälfte mit Vertretern der Versicherten (Rentner) und der Arbeitgeber besetzt. Hiervon abweichend sind bei den Ersatzkassen ausschließlich Vertreter der Versicherten Organmitglieder. Weitere Ausnahmen bestehen in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung und der Knappschaftsversicherung.[5]

Die Organmitglieder üben – mit Ausnahme des Vorstands bei Krankenkassen – ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Ehrenamt bedeutet, dass der Inhaber nur seinem eigenen Gewissen verantwortlich und – im Gegensatz zu den hauptamtlichen Mitarbeitern – nicht an Weisungen gebunden ist.

Durch die Ausübung eines Ehrenamtes entsteht kein Anspruch auf Lohn oder Gehalt. Allerdings können den ehrenamtlich Tätigen ein Verdienstausfall und Reisekosten ersetzt werden. Außerdem ist die Gewährung eines Sitzungsgeldes und einer pauschalen Aufwandsentschädigung (in der Regel für die Vorsitzenden der Organe) möglich.

Wie die hauptamtlichen Mitarbeiter sind auch Organmitglieder dem Datenschutz verpflichtet. Bei anstehenden Entscheidungen müssen sie unparteiisch und uneigennützig handeln. Ein grober Pflichtverstoß bzw. ggf. strafbar wäre zum Beispiel, wenn im Rahmen von Baumaßnahmen einer Baufirma der Zuschlag erteilt wird, weil man deren Chef gut kennt oder Geld von ihm erhalten hat. Bei groben Verstößen können Organmitglieder haftbar gemacht werden (Regress) und es kann eine strafrechtliche Verfolgung drohen.

[5] Zur Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane im Einzelnen, s. § 44 SGB IV.

3.1 Vertreterversammlung/Verwaltungsrat

Die Vertreterversammlung (bei den Krankenkassen der Ve...

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