Rz. 16

Die (Verschuldens-)Kosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 können durch eine instanzbeendende Entscheidung oder einen Beschluss verhängt werden. Die Verhängung einer Verzögerungsgebühr nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 kann vor der Beendigung des Verfahrens durch Beschluss erfolgen (LSG Sachsen, Beschluss v. 7.4.2010, L 6 U 42/07; a. A. Meyer-Ladewig, SGG, § 192 Rz. 7a; LSG Thüringen, Beschluss v. 9.4.2014, L 6 KR 297/14 B; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 14.6.2007, L 7 B 42/07 AS).

 

Rz. 17

(Verschuldens-)Kosten können durch instanzbeendende, d. h. den Rechtszug beendende, Entscheidungen verhängt werden. Darunter fallen Urteile und Urteilen gleichzusetzende Entscheidungen, wie z. B. ein Gerichtsbescheid (§ 105), urteilsersetzende Beschlüsse (§§ 153 Abs. 4, 158, 169), ein Beschluss im Verfahren nach § 86b. Die Entscheidung über die Verhängung von Missbrauchskosten sowie deren Höhe hat in der verfahrensbeendenden Entscheidung zu ergehen. Der Ausspruch erfolgt im Tenor. Die Kosten sind genau zu beziffern (LSG Bayern, Beschluss v. 6.1.2018, L 14 R 470/17 B). Die Entscheidungsformel kann wie folgt lauten:

Dem Kläger/dem Beklagten werden Verschuldenskosten in Höhe von … EUR auferlegt.

oder

Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von … EUR und die Hälfte der Pauschgebühr des Beklagten auferlegt.

Die Kostenentscheidung nach § 192 in einer instanzbeendenden Entscheidung kann durch ein Rechtsmittel nicht gesondert angegriffen werden (§ 165, § 144 Abs. 4; BSG, Beschlüsse v. 28.10.2010, B 13 R 229/10 B m. w. N, v. 22.6.2017, B 5 R 46/17 B, v. 19.10.2017, B 3 KR 4/17 B, v. 25.1.2018, B 1 KR 31/17 B, v. 18.1.2022, B 7/14 AS 251/21 B, und v. 10.3.2022, B 12 R 48/21 B). Eine unrichtige Kostenentscheidung, auch wenn sie auf einem Verfahrensmangel beruht, betrifft nicht das Verfahren, sondern den Inhalt des Urteils (BSG, Beschluss v. 21.12.1956, 1 RA 121/56). Eine Kostenentscheidung nach § 192 kann keinen Zulassungsgrund i. S. v. §§ 144 Abs. 2 Nr. 3, 160 Abs. 2 Nr. 3 begründen, da diese Kostenentscheidung nicht ursächlich für die Entscheidung in der Hauptsache sein kann. Daher kann die Entscheidung in der Hauptsache nicht auf einem etwaigen Verfahrensmangel bei der Kostenentscheidung nach § 192 SGG beruhen (LSG Bayern, Beschluss v. 6.2.2018, L 11 AS 92/18 NZB). Bei einem zulässigen Rechtsmittel wird die Kostenentscheidung nach § 192 im Rahmen der Überprüfung der Hauptsache einschließlich der Kostenentscheidung mitgeprüft. Abweichend hiervon wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass gegen die Verhängung von Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 durch das Sozialgericht in einem instanzbeendenden Beschluss nach § 86b die Beschwerde nach § 172 Abs. 1 zulässig ist, unabhängig davon, ob die Beschwerde gegen die Hauptsache nach § 172 Abs. 3 Nr. 1, 3 zulässig ist oder nicht (LSG Sachsen, Beschluss v. 21.1.2013, L 7 AS 413/12 B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 24.6.2011, L 6 AS 959/11 B ER; a. A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 5.1.2016, L 11 AS 1724/15 B ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 29.9.2014, L 5 AS 1005/13 B ER).

Bei der Rücknahme eines Rechtsmittels wird die instanzbeendende Entscheidung mit der Kostenentscheidung nach § 192 rechtskräftig. Bei einer Rücknahme der Klage oder des Antrags nach Einlegung des Rechtsmittels bleibt die Kostenentscheidung nach § 192 bestehen (§ 192 Abs. 3 Satz 1), die Auferlegung von Verschuldenskosten kann in einem solchen Fall auf Antrag eines Beteiligten durch eine zu begründende Kostenentscheidung nach § 193 im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden (§ 192 Abs. 3 Satz 2, BSG, Beschlüsse v. 28.10.2010, B 13 R 229/10 B, und v. 26.10.2010, B 5 R 303/10 B; LSG Thüringen, Beschluss v. 28.11.2008, L 6 R 165/06; LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 18.11.2005, L 8 SB 3940/05 AK-A; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 22.12.2014, L 4 R 317/14 zur entsprechenden Anwendung des § 192 Abs. 3 Satz 2, wenn dem Beklagten Verschuldenskosten durch das Sozialgericht auferlegt worden sind; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 29.6.2017, L 17 U 475/16, wonach die Kostenentscheidung nach § 192 SGG durch das erkennende Gericht selbst erfolgen kann, wenn die Rücknahme der Klage oder Berufung nach Verkündung der Entscheidung, aber vor Rechtskraft der Entscheidung und vor Eintritt des Devolutiveffekts eines Rechtsmittels erfolgt). Umstritten ist, auf welcher Rechtsgrundlage ein solcher Beschluss erfolgt. Zu einem wird vertreten, dass es sich um eine Beschwerdeentscheidung über eine – mit der Stellung des Kostenantrags durch die Kläger/Beklagten ggf. konkludent eingelegte – (isolierte) Beschwerde gegen die Auferlegung von Verschuldenskosten handelt (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 27.11.2009, L 34 AS 1183/09). Zum anderen wird die Entscheidung auf §§ 102 Abs. 3 Satz 1, 193 Abs. 3 Satz 2 gestützt (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 4.11.2014, L 20 AY 7/14 mit Zusammenfassung des Meinungsstandes). Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177). Über die Kosten...

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