Leitsatz (amtlich)

Die Rüge, das Landessozialgericht habe einem Beteiligten zu Unrecht Mutwillenskosten nach SGG § 192 auferlegt, betrifft den Inhalt der Entscheidung; sie bezieht sich nicht auf das Verfahren des Landessozialgerichts und ist deshalb keine Rüge im Sinne des SGG § 162 Abs 1 Nr 2.

 

Normenkette

SGG § 162 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03, § 192 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 27. April 1956 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

In dem angefochtenen Urteil ist die Revision nicht zugelassen. Sie ist daher nur statthaft, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt ist und auch tatsächlich vorliegt (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG; BSG. 1/150). Dies trifft hier nicht zu.

1) Der Kläger rügt, das Landessozialgericht (LSG.) habe seine Entscheidung nicht ordnungsgemäß begründet (§§ 128 Abs. 1 Satz 2, 136 Abs. 1 Nr. 6 SGG); es habe weder zu seinem Einwand, die Beklagte verstoße gegen die guten Sitten, wenn sie seine Beiträge nach 1950 nicht anrechne, noch zu seinen Ausführungen, er beanspruche keine Invaliden-, sondern eine Altersrente, Stellung genommen. Diese Rüge ist unbegründet. In das Urteil brauchen nur die Gründe aufgenommen zu werden, die für die richterliche Überzeugung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht leitend gewesen sind (1. Senat des BSG., Beschluß vom 10.12.1936, Az. 1 RA 176/56). Dies hat das LSG. auch getan. Es hatte nach dem Inhalt des Urteils des Sozialgerichts und nach den Berufungsanträgen in der letzten mündlichen Verhandlung darüber zu entscheiden, ob die bisher gewährte Rente des Klägers durch Berücksichtigung weiterer Beiträge zu erhöhen ist. Seine abweisende Entscheidung hat es damit begründet, daß diese Beiträge nach den §§ 190 AVG, 1445 RVO unwirksam seien. Darin liegt zugleich die Feststellung, der Einwand der Sittenwidrigkeit sei unbegründet, so daß es einer ausdrücklichen Zurückweisung dieses Einwandes nicht bedurfte. Die weiteren, in den Urteilsgründen nicht erwähnten Ausführungen des Klägers, ihm stehe nicht eine Invalidenrente, sondern eine Altersrente zu, weil er die Altersgrenze von 65 Jahren überschritten habe, waren für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne jede Bedeutung. Das Gesetz (§ 26 AVG) unterscheidet überhaupt nicht zwischen "Ruhegeld" und "Altersruhegeld"; es kennt nur den Begriff "Ruhegeld". Es ist zwar richtig, daß bei einer Besserung der Arbeitsfähigkeit nur das Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit, nicht auch das Ruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres wegfallen kann, so daß es insofern bedeutungsvoll ist, ob eine Rente wegen Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit oder wegen Alters gewährt ist. Im vorliegenden Fall war aber nur die Höhe der Rente, nicht ihr Wegfall wegen Besserung der Arbeitsfähigkeit streitig. Im übrigen hat der Versicherungsträger die Erreichung der Altersgrenze von 65 Jahren und ihre Auswirkungen auf eine bereits gewährte Rente wegen Invalidität oder Berufsunfähigkeit auch ohne besondere gerichtliche Feststellung zu berücksichtigen. Das LSG. ist daher in seinen Urteilsgründen mit Recht auf diese Ausführungen des Klägers nicht eingegangen.

2) Seine weitere Rüge, das LSG. habe ihm zu Unrecht Mutwillenskosten nach § 192 SGG auferlegt, bezieht sich nicht auf das Verfahren des LSG.; sie ist deshalb keine Rüge im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Die Kostenentscheidung ist ein Teil des Urteilsspruchs. Eine unrichtige Kostenentscheidung betrifft nicht das Verfahren, sondern den Inhalt des Urteils. Sie ist daher ein Mangel in der Urteilsfindung, nicht aber ein Verfahrensmangel. Dem steht nicht entgegen, daß die gerügte Vorschrift des § 192 SGG im Verfahrensrecht der Sozialgerichtsbarkeit steht. Auch die Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften kann zur Folge haben, daß nur ein inhaltlich unrichtiges Urteil entsteht, daß aber das Verfahren selbst nicht fehlerhaft wird (vgl. BSG. 2/81 zu § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG).

3) Die Rügen des Klägers, das LSG. habe die §§ 103, 106, 112 und 123 SGG verletzt, entsprechen nicht den gesetzlichen Erfordernissen. Soweit Verfahrensmängel gerügt werden, sind in der Revisionsbegründung die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, aus denen sich der Verfahrensmangel ergibt (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist hier nicht geschehen, denn der Kläger hat in seiner Revisionsbegründung zur Verletzung der oben genannten Vorschriften keine Ausführungen gemacht. Seine Ausführungen beziehen sich auf die Rüge der §§ 128 Abs. 1 Nr. 2, 136 Abs. 1 Nr. 6 und 192 SGG. Die Begründung der Verletzung des § 123 SGG im Schriftsatz vom 5. Oktober 1956 ist erst nach Ablauf der Frist zur Begründung der Revision beim Bundessozialgericht eingegangen und daher verspätet.

Die Revision ist demnach als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG). Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2324637

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