Geringe Körpergröße als Krankheit?

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hatte zu entscheiden, ob eine geringe Körpergröße eine Krankheit im Rechtssinne ist und damit ein Anspruch auf Kostenübernahme einer operativen Beinverlängerung gegenüber der Krankenversicherung besteht. 

Geklagt hatte eine junge Frau aus Bremen, die nach Abschluss des Wachstums nur eine Körpergröße von knapp 1,50 m erreicht hatte. Bei ihrer Krankenkasse beantragte sie die Kostenübernahme für eine operative Beinverlängerung. Dafür sollten Ober- bzw. Unterschenkelknochen durchtrennt und ein Verlängerungssystem implantiert werden, das Knochen und Weichgewebe auf die gewünschte Größe dehnt. Zur Begründung führte die Frau aus, dass sie unter ihrer kleinen Körpergröße psychisch leide. Sie werde von ihrer Umwelt nicht als vollwertig wahrgenommen und sei auch in ihrer Berufswahl eingeschränkt. Für eine Ausbildung als Pilotin sei sie wegen ihrer Körpergröße abgelehnt worden. Ihr Traum sei eine Größe von 1,60 m bis 1,65 m.

Krankenkasse lehnt Kostenübernahme ab

Die Kasse lehnte den Antrag ab, da eine geringe Körpergröße nicht als eine Krankheit zu bewerten sei, die einen Leistungsanspruch auslöse.

Psychische Auswirkungen und Beeinträchtigungen im Alltag

Demgegenüber hielt die Frau ihre Körpergröße für krankheitswertig, da nur 3 % der Frauen so klein seien. Außerdem hätten jedenfalls die psychischen Auswirkungen sehr wohl Krankheitswert. Im Alltag werde sie behindert durch zu hohe Treppenstufen, Stühle, Waschbecken, Spiegel, Schränkte etc.

LSG: Auf die Größe kommt´s nicht an

Das LSG hat die Rechtsauffassung der Krankenkasse bestätigt. Es hat sich auf die einhellige Rechtsprechung gestützt, wonach bei einer Frau selbst eine Größe von 1,47 m nicht als regelwidriger Körperzustand und damit nicht als Krankheit im Rechtssinne zu bewerten sei. Alltagsschwierigkeiten könne durch Hilfsmittel und ggf. angepasste Wohneinrichtung begegnet werden. Psychische Beeinträchtigungen seien allein mit therapeutischen Mitteln zu behandeln. Denn ansonsten müssten köperverändernde Eingriffe auf Kosten der Allgemeinheit durchgeführt werden, wenn therapeutische Maßnahmen nicht helfen, weil der Betroffene auf den Eingriff fixiert ist. Auch die Ablehnung für bestimmte Berufe könne keine Leistungspflicht der Kasse auslösen.

Hinweis: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 5. Juli 2022, L 16 KR 183/21

LSG Niedersachsen-Brmen