Über Freisprechanlage telefoniert, aber Handy zum Kühlen an die Lüftung gehalten: Bußgeld
Die bunte und vielfältige Rechtsprechung zum Handy am Steuer hat natürlich auch ihre Wurzeln in der Phantasie, die Autofahrer entwickeln, um ungeschoren davon zukommen, wenn sie mit dem Handy erwischt wurden. Hier die neueste Variante zur Handy-Rechtsprechung.
Er wollte doch nur kühlen! Oder: das heiß gelaufene Handy
Ein Autofahrer führte ganz regelkonform ein Telefonat über die aktivierte Freisprechanlage. Weil das Telefon aber heiß gelaufen war, hielt er es über den Lüfter, um es zu kühlen. Während dieses Kühlvorgangs setzte er sein Telefonat über die Freisprechanlage fort. Dies er Vorgang mündete in ein Bußgeldverfahren
Amtsgericht: Kühlen des Handys eine Ordnungswidrigkeit
Das Amtsgericht Tiergarten sah in dieser Handhabung des Equipments durch den Autofahrer einen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO.
§ 23 Abs. 1a StVO (in der seit 2013 geltenden Fassung):
Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn
1. hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
2. entweder
a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder
b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist. (…)
Das Kammergericht Berlin bestätigte das Urteil des Amtsgerichts unter Verweis auf den Willen des Verordnungsgebers, der zwar nicht so im Gesetz Niederschlag gefunden hat, jedoch in der BR-Drucksache 556/17, S. 26.
In der Hand gehaltenes Handy verstößt gegen StVO
Dem Zweck der Norm entsprechend stellte das Verhalten des Betroffenen eine Tätigkeit dar,
- die verhinderte, dass dem Fahrer beide Hände für die eigentliche Fahraufgabe zur Verfügung standen und
- die eine erhöhte Konzentration erforderte – eben durch das Führen des Telefonats
Das Kammergericht führte in seiner Urteilsbegründung aus, dass die Grundsätze, welche Handlungen im Einzelnen die Voraussetzungen einer Ordnungswidrigkeit nach § 23 Abs. 1a StVO erfüllen, von der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt seien:
- Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es nicht darauf an, ob das Mobiltelefon für die Benutzung grundsätzlich in der Hand gehalten werden muss.
- Entscheidend ist, ob es – so wie im vorliegenden Fall – tatsächlich in der Hand gehalten wird.
Dass die Freisprechanlage genutzt wurde, ändert am StVO-Verstoß nichts
Der Verordnungsgeber wollte mit der Neuregelung des § 23 Abs. 1a StVO gerade auch die Fälle erfassen, in denen das Gerät in der Hand gehalten wird, obwohl dies – beispielsweise durch das Vorhandensein einer Freisprechanlage – nicht erforderlich ist.
Fazit: Der Mann hat eine Ordnungswidrigkeit begangen, obwohl er über die Freisprechanlage telefonierte.
(KG Berlin, Beschluss v. 13.02.2019, 3 Ws (B) 50/19 -162 Ss 20/19).
Anmerkung:
Schon die Rechtsprechung zur alten Fassung der Vorschrift hat anerkannt, dass der Tatbestand nicht erfüllt sei, wenn man das Mobiltelefon lediglich aufnimmt, um es andernorts wieder abzulegen. Nach Ansicht des OLG Celle setzt ein Benutzen im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO voraus, dass das Gerät auch in irgendeiner Weise bedient wird (Beschluss v. 07.02.2019, 3 Ss (OWi) 8/19). Ob das durch das Halten vor die Kühlung erfüllt ist, wirft Fragen auf, allerdings wird dafür unstreitig eine Hand und eine gewisse Aufmerksamkeit abgezogen.
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Hintergrund:
Unfassbar, was mit einem Handy im Auto alles gemacht werden kann und vor Gericht daraufhin abgeklopft werden kann, ob es verboten ist oder nicht:
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Hintergrund:
Alte Fassung des § 23 Abs. 1a StVO
Nach § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO in der bis zum 31. März 2013 geltenden Fassung war dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält.
Die Regelung wurde durch die Änderung der StVO vom 6. März 2013 (BGBl. I 2013, S. 367) neu gefasst.
- Danach darf ein Fahrzeugführer ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen,
- wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss.
- Damit erfasst das Verbot nicht mehr die Benutzung jeglicher Mobilfunkgeräte, die der Fahrer hält, sondern bezieht sich nur auf Geräte, die zur Benutzung gehalten werden müssen.
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