Selbstgefertigte Tempo-30-Schilder – ist das zulässig?
Anwohner im Landkreis Konstanz hatten die Idee, die Geschwindigkeit selbst zu regeln bzw. entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Zu diesem Zweck stellten sie selbst entworfene Tempo-30-Schilder mit dem Zusatz „freiwillig“ auf. Das Landratsamt Konstanz konnte dieser kreativen Aktion nichts abgewinnen und forderte die Anwohner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, die Schilder unverzüglich zu entfernen. Zudem drohte die Behörde Zwangsgelder in Höhe von jeweils 800 Euro an.
Verwaltungsgericht: Verwechslungsgefahr mit offiziellen Verkehrsschildern
Nachdem das Regierungspräsidium Freiburg die Widersprüche gegen die Bescheide zurückgewiesen hatte, erhoben die Anwohner Klage und stellten Eilanträge.
Das Verwaltungsgericht (VG) Freiburg wies diese ab. Argumentation des Gerichts:
- Mit der Aufstellung der Schilder werde voraussichtlich gegen § 33 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen:
„Einrichtungen, die Zeichen oder Verkehrseinrichtungen (§§ 36 bis 43 in Verbindung mit den Anlagen 1 bis 4) gleichen, mit ihnen verwechselt werden können oder deren Wirkung beeinträchtigen können, dürfen dort nicht angebracht oder sonst verwendet werden, wo sie sich auf den Verkehr auswirken können. Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind unzulässig.“ - Die Schilder könnten mit den amtlichen Vorschriftszeichen 274-30 – zulässige Höchstgeschwindigkeit 30 km/h – und 274.1 – Tempo-30-Zone – verwechselt werden.
- Eine Verwechslungsgefahr sei voraussichtlich zu bejahen, zumal Verkehrsteilnehmer nicht sicher sein könnten, ob es sich nicht um ein amtliches Verkehrsschild handele, das nachträglich verändert worden sei.
Zur Gestaltung der Verkehrsschilder führte das Gericht Folgendes aus: Deren Größe, Form und die Abbildung von fünf rennenden Kindern in Kombination mit der Aufschrift „Freiwillig“ führe auf den ersten Blick nicht zum eindeutigen Schluss, dass es sich hierbei um ein privates Wunsch- bzw. Fantasiebild handele. Mit der Abbildung der Kinder sei die Ähnlichkeit zu nach der StVO vorgesehenen schwarzen Sinnbildern angelegt.
Aufschrift „Freiwillig“ nicht ausreichend
Grundsätzlich seien nach der Straßenverkehrsordnung auch Aufschriften zulässig. Dass auf den von den Anwohnern entworfenen Schildern das Bild der Kinder und der Schriftzug „Freiwillig“ nicht schwarz umrandet seien, so wie es die StVO vorschreibe, nehme ein flüchtiger Beobachter auf den ersten Blick nicht zwingend wahr.
Eine besonders hohe Verwechslungsgefahr sah das Gericht bei ausschließlich fremdsprachigen Verkehrsteilnehmern. Amtliche Verkehrszeichen müssten international verständlich sein.
Wie nahe die selbstgebastelten Verkehrsschilder den offiziellen kamen, zeigte sich auch daran, dass die Navigationsgeräte der Dienstwagen des Landratsamtes und des Regierungspräsidiums beim Vorbeifahren an den Schildern eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h anzeigten.
Gericht sieht mögliche negative Folgen für Sicherheit und Verkehrsfluss
Die Verwechslungsgefahr könne negative Folgen für die Sicherheit oder die Leichtigkeit des Verkehrs haben, wenn statt der an sich zulässigen 50 km/h von manchen Verkehrsteilnehmern nur 30 km/h gefahren würden.
Die Beschlüsse sind nicht rechtskräftig. Die Anwohnerinnen und Anwohner können innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg einlegen.
(VG Freiburg, Beschluss v. 08.08.2024, 6 K 226/24)
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