Haftung des Parkplatzeigentümers für Schäden durch Randsteine

Überfährt ein Parkplatzbenutzer mit seinem Fahrzeug Bordsteine, die Parkplätze abgrenzen, so besteht kein Anspruch auf Ersatz des hierdurch am Fahrzeug entstandenen Schadens.

Ladenbetreiber, die auf ihrem Grundstück Parkflächen zur Nutzung durch Kunden zur Verfügung stellen, haben Verkehrssicherungspflichten zu beachten, die in der Rechtsprechung allerdings eher eng gefasst werden. So müssen Randsteine zur Begrenzung von Parkbuchten nicht besonders kenntlich gemacht werden. Parkplatznutzer, die solche Randsteine überfahren und hierbei einen Schaden an ihrem Fahrzeug verursachen, sind hierfür regelmäßig selbst verantwortlich.

Fahrzeugschaden durch Überfahren der Parkbuchtbegrenzung

So jedenfalls hat es das AG Hanau in einem Fall entschieden, in dem der Inhaber einer Reinigung seinen Kunden Parkplätze zur Verfügung stellte. An den Rändern der Parkbuchten waren feste Begrenzungssockel angebracht. Ein Kunde rutschte beim Einparken in eine dieser Parkbuchten mit seinem Fahrzeug über diesen Sockelbereich der Parkbucht. Dabei wurde die Frontschürze durch den herausragenden Sockel beschädigt. Ergebnis: Instandsetzungskosten in Höhe von 2.702 EUR.

Kläger rügt Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

Diesen Betrag verlangte der Eigentümer des Kfz vom Parkplatzeigentümer ersetzt. Er warf dem Beklagten die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten vor. Die Höhe des Sockels am Unfallort belaufe sich auf 20 cm. Der Sockel sei nicht besonders gekennzeichnet und schlecht sichtbar, sodass er von Nutzern des Parkplatzes leicht übersehen werden können. Die Anbringung eines dermaßen aus der Parkplatzfläche herausragenden Sockels sowie fehlende Warnhinweise begründen nach Auffassung des Klägers eine Schadensersatzpflicht des Beklagten.

Gute Erkennbarkeit der Begrenzungssockel

Die Klage blieb erfolglos. Das AG konnte weder eine Verletzung von vertraglichen noch von deliktischen Verkehrssicherungspflichten gemäß §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB erkennen. Die Gestaltung des Parkplatzes genügte nach Auffassung des Gerichts den Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht. Auf den dem Gericht vorliegenden Lichtbildern seien die Begrenzungssockel der Parkbuchten deutlich erkennbar. Die Sockel seien ohne weiteres vom übrigen Bodenbelag zu unterscheiden. Hinter den Sockeln sei das Grundstück mit Steinen bis zur Hauswand ausgelegt. Die Sockel hätten erkennbar die durchaus sinnvolle Aufgabe, die Parkbuchten von diesem, nicht befahrbaren Bereich des Grundstücks abzugrenzen.

Parkplatznutzer müssen mit Begrenzungssteinen rechnen

Nach Auffassung des Gerichts sind solche Begrenzungen von Parkbuchten auf Kundenparkplätzen auch üblich. PKW-Fahrer, die den Parkplatz benutzen, seien gehalten, auf solche Begrenzungen, Sockel und Poller zu achten. Der Kläger hätte mit solchen Begrenzungen rechnen können und müssen. Demgegenüber durfte der Beklagte nach Auffassung des Gerichts darauf vertrauen, dass ein vorausschauender und umsichtiger PKW-Fahrer den Begrenzungssockel rechtzeitig erkennen und nicht überfahren würde.

Grenzen der Verkehrssicherungspflicht

Das AG wies in seiner Entscheidung auf den Grundsatz hin, dass die Verkehrssicherungspflicht als allgemeine Rechtspflicht denjenigen, der durch Eröffnung eines Verkehrs oder Errichtung einer Anlage eine Gefahrenlage schafft, verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass eine Schädigung Dritter möglichst ausgeschlossen ist. Diese Verpflichtung habe aber Grenzen. Es gehe bei der Verkehrssicherungspflicht im Wesentlichen um die Frage der Risikoverteilung zwischen dem Sicherungspflichtigen und den in Betracht kommenden gefährdeten Personen. Der Verkehrssicherungspflichtige sei nicht gehalten, alle denkbaren entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts zu verhindern. Er müsse lediglich die Vorkehrungen treffen, die nach den konkreten Umständen vorausschauend zur Beseitigung einer Gefahr erforderlich und zumutbar sind.

Alleiniges Verschulden des Klägers

Aus diesen Grundsätzen schließt das AG, dass die Verkehrssicherungspflicht nicht den Schutz vor Gefahren umfasst, die der Dritte selbst unter Berücksichtigung der von ihm in der konkreten Situation zu erwartenden Sorgfalt erfahrungsgemäß rechtzeitig erkennen und verhindern kann. Im konkreten Fall sei dem Kläger die Vermeidung des eingetretenen Schadens durch sorgfältige Fahrweise und Beachtung der örtlichen Gegebenheiten ohne weiteres möglich gewesen. Im Ergebnis habe er den Schaden durch zu geringe Umsicht beim Ein- bzw. Ausparken selbst verursacht und damit alleine verschuldet. Ein Anspruch auf Schadenersatz bestehe daher nicht.

(AG Hanau, Urteil v. 19.10.2022, 39 U 42/22)

Hintergrund:

Die Verkehrssicherungspflicht auf Kundenparkplätzen beschäftigt immer wieder die Gerichte. Mangelnde Beleuchtung, unzureichender Winterdienst, zu hohe Poller und Bordsteinkanten sorgen für gerichtliche Streitigkeiten. Die Rechtsprechung hierzu ist sehr unterschiedlich, da die Gerichte in diesen Fällen auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abstellen und meist umfangreiche Abwägungen zwischen den Verkehrssicherungspflichten des Parkplatzbetreibers und den Sorgfaltspflichten der Nutzer vornehmen. Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH, der tendenziell hohe Sorgfaltsanforderungen an die Nutzer von Kundenparkplätzen stellt (BGH, Urteil v. 2.7.2019, VI ZR 184/18).

Vorsicht bei Begrenzungsvorrichtungen

Schäden durch das Überfahren von Begrenzungssteinen gehen – wie in dem vom AG Hanau entschiedenen Fall – in der Regel zulasten des Fahrzeugeigentümers (OLG Frankfurt, Beschluss v. 11.9.2008, 1 U 301/07). Abweichend hiervon hat das LG Köln die Stadt Köln in einem solchen Fall zum Schadenersatz verurteilt. Eine Fahrzeugeigentümerin wollte nach Einbruch der Dunkelheit auf einer städtischen, als Fläche zum Parken beim Wochenmarkt ausgewiesenen Freifläche parken. Die Klägerin fuhr dabei mit ihrem Fahrzeug auf einen 20 cm hohen Baumstumpf auf, wodurch ein Schaden von über 3.000 EUR verursacht wurde. Das LG bewertete das Nichtentfernen des Baumstumpfes auf der Freifläche als Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Trägerin der Straßenbaulast. Wegen Mitverschuldens der Fahrerin erkannte das Gericht auf eine hälftige Schadensteilung (LG Köln, Urteil v. 24.11.2022, 5 O 94/22).


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Schlagworte zum Thema:  Verkehrssicherungspflicht, Verkehrsrecht, Urteil