BMJV will Digitalisierung in Justiz und Gesellschaft vorantreiben
Mehr Bürgernähe durch Vereinfachung und Digitalisierung verspricht sich Bundesjustizministerin Stefanie Hubig von den kürzlich vorgelegten Gesetzentwürfen ihres Ministeriums, die den vom Kabinett bereits beschlossenen Gesetzentwurf zur Einführung eines komplett digital durchgeführten zivilgerichtlichen Onlineverfahrens zur Geltendmachung von Zahlungsansprüchen ergänzen sollen.
1. Gesetzentwurf zur Änderung des Verbrauchervertrages
Im Zentrum der Reform steht der Entwurf eines Gesetzes „zur Änderung des Verbrauchervertrags und Versicherungsvertragsrechts“. Künftig soll der Widerruf von Bestellungen im Internet für Verbraucher deutlich erleichtert werden. Nach einem neuen § 246b EGBGB-E soll der Widerruf von Onlinebestellungen künftig durch einfachen Klick auf einen Button auf der Website des Anbieters möglich sein. Vertragsschlüsse, die per Klick möglich sind, müssen nach Auffassung des BMJV auch ebenso einfach widerrufen werden können. Ergänzend soll eine korrespondierende Regelung für im Fernabsatz abgeschlossene Versicherungsverträge eingeführt werden.
Ausweitung von Informationspflichten
Daneben sollen die Verpflichtungen der Unternehmen zur Information des Verbrauchers über gesetzliche Gewährleistungsrechte, gewerbliche Haltbarkeitsgarantien für Waren, die Mindestdauer von Software-Aktualisierungen und die Reparierbarkeit einer Ware erweitert werden. Daneben ist die Einführung und Erweiterung von Informationspflichten über ökologische und soziale Faktoren von Onlinegeschäften vorgesehen.
Ende des ewigen Widerrufsrechts
Erleichterungen soll es nicht nur für Verbraucher, sondern auch für die Anbieter geben. Deren Pflicht, ihren Kunden die Vertragsbedingungen auf Verlangen in Papierform zur Verfügung zu stellen, soll künftig entfallen. Bei Versicherungs- und Finanzdienstleistungen soll das Problem des ewigen Widerrufsrechts deutlich entschärft werden. Bei einem Fehler in der Widerrufsbelehrung soll der Widerruf künftig nicht mehr zeitlich unbegrenzt möglich sein, sondern auf einen Zeitraum von 12 Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss begrenzt werden.
Reform soll bis Jahresende 2025 umgesetzt werden
Mit den neuen Bestimmungen wird die aktuelle EU-Verbraucherrechterichtlinie umgesetzt. Die Frist für die Gesetzesänderungen läuft im Dezember 2025 ab.
2. Gesetz zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung
Beurkundungsverfahren sind zur Zeit noch weitgehend papiergebunden ausgestaltet. Bei einer vorgeschriebenen Beurkundung durch einen Notar sind in der Regel Willenserklärungen in Anwesenheit der Beteiligten vor dem Notar im Präsenzverfahren in einer papiergebundenen Niederschrift aufzunehmen, § 8 BeurkG. Dies soll geändert werden:
- Der Referentenentwurf zur Digitalisierung der Beurkundungsverfahren sieht eine komplett digitale Aufnahme elektronischer Niederschriften zur Beurkundung von Willenserklärungen in Gegenwart der Buchungsperson (Notar) vor, § 8 Abs. 2 BeurkG-E.
- Unterschriften sollen künftig durch qualifizierte elektronische Signaturen oder durch eigenhändige Unterschriften, die elektronisch erfasst werden (Touchscreen) geleistet werden können.
- Die Beurkundungsperson muss die elektronische Niederschrift anschließend mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, § 13 a BeurkG-E.
Die Bundesnotarkammer soll verpflichtet werden, ein Signatursystem für diese Verfahren bereitzustellen. Damit sollen nicht nur Grundstücksgeschäfte digital erledigt werden können, die Regelung soll auch in anderen Beurkundungsverfahren gelten wie beispielsweise in Nachlasssachen.
3. Gesetzentwurf zur Digitalisierung der Zwangsvollstreckung
Das BMJV will auch die Digitalisierung der Zwangsvollstreckung vorantreiben. Zwangsvollstreckungsaufträge sollen künftig vollständig digital eingereicht werden können. Bisher muss die vollstreckbare Ausfertigung eines Vollstreckungstitels, der Grundlage für die Einleitung der Zwangsvollstreckung ist, grundsätzlich in Papierform vorgelegt werden. Um die Anzahl der Aufträge und Anträge in hybrider Form zu reduzieren, sieht der Referentenentwurf eine Anpassung der §§ 754a, 829a ZPO vor. Damit soll der Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen künftig durch Übermittlung elektronischer Dokumente möglich sein.
Digitaler Nachweis von Vollmachten
Nach einem neuen § 752a ZPO-E sollen auch Vollmachten zur Vornahme von Prozesshandlungen in der Zwangsvollstreckung künftig elektronisch nachgewiesen werden können, ebenso nach § 753a ZPO-E Geldempfangsvollmachten. Inkassodienstleister und Kreditleistungsinstitute sollen verpflichtet werden, Zwangsvollstreckungsaufträge elektronisch einzureichen.
Digitalisierung von Justiz und Gesellschaft schreitet voran
Im Kontext des vom Kabinett bereits beschlossenen Gesetzentwurfes zur Einführung eines digital durchgeführten zivilgerichtlichen Onlineverfahrens zur vereinfachten Geltendmachung von Zahlungsansprüchen dürfte nach Durchlaufen des Gesetzgebungsverfahrens und Verabschiedung der neuen Gesetze die Digitalisierung von Justiz und Gesellschaft einen weiteren deutlichen Schritt nach vorne machen.
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