Der Versicherungsschutz der Klausel "Abhandenkommen von Schlüsseln" im Rahmen der Haftpflichtversicherung beinhaltet nicht die Überbürdung einer verschuldensunabhängigen Haftung. Nach dem generellen Grundsatz des Haftungsrechts, dass ein Schuldner nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn er den Schaden zu vertreten hat, sind bei Nichtverschulden die Ansprüche eines Geschädigten zurückzuweisen.

Typisch für den Schlüsselverlust ist der ungeklärte Sachverhalt, so dass die Verteilung der Beweislast häufig für den Fall entscheidend ist.

Im Rahmen des § 280 BGB hat generell der Geschädigte die Beweislast für die objektive Pflichtverletzung aus einem Schuldverhältnis. Das gilt allerdings nicht, wenn feststeht, dass der Schaden dem Obhuts- und Verantwortungsbereich des Schuldners zuzurechnen ist.[3] In diesem Fall muss sich der Schuldner auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten. Das Verschulden des Schuldners wird schon nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Derjenige, dem ein Schlüssel abhandengekommen ist, muss demnach die ihn entlastenden Umstände darlegen und beweisen.

[3] BGH zfs 2010, 272.

I. Haftung bei Verlust eines Schlüssels zu gemieteten Räumlichkeiten

1. Obhutspflicht

Ein Mieter ist verpflichtet, die Schlüssel der Mietsache sorgfältig und so aufzubewahren, dass sie vor Verlust geschützt sind. Er trägt auch das Verlustrisiko, wenn der Vermieter einen Wohnungsschlüssel auf Wunsch des Mieters per Post versendet.[4] Gleichermaßen stellt die Rückgabe eines Schlüssels in einem normalen Briefumschlag – noch dazu mit Adresse versehen – keine sichere Versendungsart dar. In den meisten Fällen ist es möglich und zumutbar, andere und sicherere Rückgabearten zu wählen, wie z.B. eine sichere Verpackung oder aber auch in Anbetracht einer kurzen Entfernung eine persönliche Übergabe.

Ist dem Mieter ein Schlüsselverlust aufgefallen, muss er den Vermieter unverzüglich hierüber informieren.[5]

Der Verlust eines Schlüssels wird häufig erst bei der Wohnungsrückgabe bemerkt oder angezeigt. Nach Ende des Mietverhältnisses müssen Mieter alle Schlüssel an den Vermieter zurückgeben (§ 241 Abs. 2, § 546 Abs. 1 BGB).

Ist der Verbleib des Schlüssels ungeklärt, spricht zunächst einiges dafür, dass der Mieter seine aus dem Mietverhältnis resultierende Sorgfaltspflicht nicht erfüllt hat und somit den Verlust des Schlüssels verschuldet hat.[6]

2. Verschulden und Missbrauchsgefahr

Ergibt sich jedoch aus den substantiierten Darlegungen des Mieters, dass ihn am Verlust des Schlüssels kein Verschulden trifft und/oder keine Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung besteht, kann der Vermieter keine neue Schließanlage auf Kosten des Mieters einbauen lassen.[7]

Dies ist beispielsweise der Fall:

wenn der Schlüssel in einen Fluss gefallen ist;[8]
der Schlüssel ohne jegliche Kennzeichnung ist, so dass ein unehrlicher Finder nach dem Ort des Verlustes den Schlüssel nicht einer bestimmten Wohnung zuordnen kann;[9]
die Handtasche samt Schlüsseln auf der Straße gewaltsam entrissen wurde;[10]
ein Wertfach im Krankenhauszimmer aufgebrochen wurde;[11]
oder der Schlüssel bei einem Wohnungseinbruch zuhause aus dem ordnungsgemäß abgeschlossenen Wandtresor gestohlen wurde.

Die Gerichte urteilen bei der Verschuldensfrage grundsätzlich streng zu Lasten des Mieters.

Eine Obhutspflichtverletzung des Mieters liegt nach einer Entscheidung des KG Berlin[12] vor, wenn dem Mieter die in einer Notebooktasche befindlichen Schlüssel aus dem verschlossenen Auto gestohlen werden. Eine sichtbar zurückgelassene Notebooktasche – die auf einen wertvollen Inhalt schließen lässt – schafft einen Anreiz zum Aufbruch eines Wagens. Die missbräuchliche Verwendung der Schlüssel muss dann befürchtet werden, wenn er zusammen mit Geschäftspapieren, die auf die Adresse der Mieträume schließen lässt, verschwindet.

Die Begründung, dass der Schlüssel schon einige Zeit vermisst wird und sich bisher noch kein Unbefugter Zutritt zur Wohnung verschafft hat, entlastet den Mieter grundsätzlich nicht von einer Haftung. Schließlich ist nicht auszuschließen, dass dies noch in der Zukunft passiert.[13]

Eine ernsthafte Möglichkeit des Missbrauchs des verloren gegangenen Schlüssels für die Zukunft kann jedoch ausgeschlossen werden, wenn zwischen dem Schlüsselverlust und der ernsthaften Anspruchstellung (z.B. Vorlage eines Kostenvoranschlags oder Klageerhebung) ein sehr langer Zeitraum (rund zwei Jahre) liegt. In diesem Fall kann aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass der verlorene Schlüssel entweder von niemandem – zumindest nicht zuordenbar – gefunden wurde.[14]

[8] LG Münster WuM 1989, 508; LG Mannheim WuM 1977, 121.
[9] LG Wiesbaden WuM 2002, 49; LG Mannheim WuM 1977, 121.
[10] AG Hamburg WuM 1999, 687.
[11] AG Ahrensburg ZMR 2010, 858.
[13] A...

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