Umstritten ist nach wie vor, wann eine Ausgleichsleistung auf einen Schadensersatzanspruch nach Art. 12 der Fluggastrechteverordnung angerechnet werden kann.

Bisher ist durch die Rechtsprechung des EuGH lediglich geklärt, dass dann nicht angerechnet werden kann, wenn der Schadensersatzanspruch darauf gestützt wird, dass das Luftverkehrsunternehmen seine Unterstützungs- und Betreuungspflichten nach Art. 8 oder Art. 9 der Fluggastrechteverordnung verletzt hat, insbesondere indem es keinen Ersatzflug, keine angemessenen Mahlzeiten oder keine Hotelunterbringung angeboten hat.

Geklärt ist ebenfalls, dass das Luftfahrtunternehmen die Ausgleichsleistung auch nicht auf die ggf. angefallenen außergerichtlichen Anwaltskosten anrechnen kann. Mit weitergehendem Schadensersatz i.S.v. Art. 12 Abs. 1 VO sind die Schäden gemeint, die aufgrund der Annullierung, Verspätung oder Nichtbeförderung entstanden sind, nicht aber der Schaden, der sich dadurch ergibt, dass das Luftfahrtunternehmen seiner Verpflichtung zur Zahlung der Ausgleichsleistung nicht nachkommt.[45] Hinsichtlich der Anwaltskosten geht es um einen Schadensersatzanspruch aus Verzug, der unmittelbar darauf beruht, dass die Beklagte als Luftfahrtunternehmen den berechtigten Ausgleichsanspruch nicht bezahlt hat. Dieser Anspruch beruht gerade nicht unmittelbar darauf, dass der Flug verspätet war. Insofern liegen unterschiedliche Haftungsgründe vor.[46] Ein anderes Ergebnis wäre auch nicht mit dem Zweck der Verordnung, ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherzustellen, vereinbar.[47]

Der BGH[48] hat jetzt dem EuGH[49] die Frage vorgelegt, ob und gegebenenfalls inwieweit und unter welchen Voraussetzungen ein Schadensersatzanspruch, der auf die Erstattung von zusätzlichen Reisekosten gerichtet ist, die durch die Annullierung eines gebuchten Fluges entstehen, auf den Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung anzurechnen ist.

[45] Vgl. LG Frankfurt/Main, Hinweisbeschluss v. 15.3.2011 – 2-24 S 1/11, RRa 2011, 134.
[46] Ebenso AG Frankfurt/Main, Urt. v. 20.5.2011 – 31 C 232/11 (16), bestätigt in der Berufungsinstanz LG Frankfurt/Main, Urt. v. 29.11.2011 – 2-24 S 130/11, BeckRS 2012, 05502; AG Rüsselsheim, Urt. v. 10.8.2011 – 3 C 237/11 (36), RRa 2011, 247; Urt. v. 17.8.2011 – 3 C 374/11 (36), RRa 2012, 24; Urt. v. 11.4.2013 – 3 C 3406/12 (33), RRa 2013, 134.
[47] Vgl. LG Frankfurt/Main, Beschl. v. 15.3.2011 – 2-24 S 1/11, RRa 2011, 134; AG Frankfurt/Main, Urt. v. 6.12.2012 – 31 C 2553/12 (78), RRa 2013, 138; AG Düsseldorf, Urt. v. 24.6.2013 – 24 C 4113/13.
[48] BGH, Beschl. v. 30.7.2013 – X ZR 111/12 und X ZR 113/12 (Pressemitteilung Nr. 130/2013), RIW 2013, 726 = RRa 2013, 233 = zfs 2013, 482 (PM).
[49] Beim EuGH geführt als Rechtssachen C-475/13 und C-476/13.

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