Wer kann nach § 2057a BGB Ausgleichung verlangen? Abs. 1 nennt im Fall gesetzlicher Erbfolge die Abkömmlinge als Berechtigte. Wegen der entsprechenden Geltung von § 2052 BGB sind Abkömmlinge auch im Fall gewillkürter Berufung berechtigt, wenn sie auf dasjenige eingesetzt werden, was sie als gesetzliche Erben erhalten würden oder wenn der Erblasser sie jedenfalls im Verhältnis der gesetzlichen Erbteile zueinander eingesetzt hat. Berechtigt sind zudem Ersatzerben oder Abkömmlinge (insoweit § 2051 BGB analog), die anstelle eines vor oder nach dem Erbfall weggefallenen ausgleichungsberechtigten Abkömmlings treten. Gleiches gilt für Erwerber des Erbteils eines Abkömmlings.

Weil beim Berliner Testament der Erstverstorbene neben dem Letztverstorbenen als Erblasser gilt, kann schließlich ein als Schlusserbe berufener Abkömmling auch dann Ausgleichung von seinen Geschwistern verlangen, wenn er Pflegeleistungen für den Erstverstorbenen erbracht hat.[17] Die Schlusserbenberufung der Kinder zu gleichen Teilen ist ein Fall des § 2052 BGB. Ein Sonderproblem ergibt sich beim Berliner Testament wegen der Gesetzesänderung in § 2057a Abs. 1 S. 2 BGB ab dem 1.1.2010, wenn der Elternteil, dem die Pflegeleistungen des Abkömmlings zugutegekommen sind, vor diesem Stichtag verstirbt, der Längerlebende aber nach dem Stichtag. Das OLG Schleswig hat dahin argumentiert, es sei in diesem Fall die jüngere Fassung der Norm anzuwenden, weil der Ausgleichungsanspruch wegen der Schlusserbenberufung der Abkömmlinge erst anknüpfend an den Tod des Längerlebenden zum Tragen kommt.[18] Das ist von Bedeutung, weil die aktuelle Fassung nicht mehr das Erfordernis eines Verzichts auf berufliches Einkommen enthält.

Ausgleichung kann auch ein als Alleinerbe eingesetzter Abkömmling gegenüber anderen pflichtteilsberechtigten Abkömmlingen geltend machen, wie der BGH in seinem Urteil vom 9.12.1992[19] entgegen zuvor teilweise abweichender Rechtsprechung – etwa des OLG Stuttgart[20] – entschieden hat. Das ist auch die Grundlage für die Anwendung des § 2057a BGB zugunsten des Beklagten im oben aufgeführten Fallbeispiel.[21] Auf den ersten Blick überrascht das, weil es um eine gewillkürte Erbfolge geht und nicht um den Fall des § 2052 BGB. Zudem wird die Leistung des Abkömmlings doch schon vom Erblasser selbst durch dessen Berufung zum Alleinerben honoriert. Die Lösung folgt aus § 2316 Abs. 1 BGB: Danach bestimmt sich der Pflichtteil eines von mehreren Abkömmlingen, wenn unter ihnen im Fall gesetzlicher Erbfolge Leistungen nach § 2057a BGB zur Ausgleichung zu bringen sind, nach demjenigen, was auf den gesetzlichen Erbteil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflichten bei der Teilung entfallen würde. Der Wortlaut der Norm beschränkt die Berücksichtigung einer solchen Leistung nicht auf den Fall der Pflege durch den enterbten Abkömmling. Der BGH hat anknüpfend an den Wortlaut hervorgehoben, dass die Norm ganz allgemein die Pflichtteilsberechnung beschreibt, wenn mehrere Abkömmlinge vorhanden sind und unter ihnen im Fall gesetzlicher Erbfolge eine Ausgleichung stattzufinden habe. Es sind deshalb auch ausgleichungspflichtige Pflegeleistungen zulasten eines pflichtteilsberechtigten Abkömmlings zu berücksichtigen.[22]

Ausgleichungspflichtig können nur Abkömmlinge oder Erbteilerwerber von Abkömmlingen sein, nicht aber etwa Ehepartner. Will der Erblasser den Ehepartner an der Ausgleichung der Pflegeleistung eines Abkömmlings beteiligen, muss er dies testamentarisch anordnen.

Nicht ausgleichungspflichtig ist der nach § 2329 BGB in Anspruch genommene Beschenkte. Das Kammergericht hat dazu nachvollziehbar argumentiert, Ausgleichung könne nur in Betracht kommen, wo ein Nachlass vorhanden ist, also zwar beim Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB, nicht aber bei einem solchen nach § 2329 BGB.[23]

Nicht ganz selten dürften Fallkonstellationen sein, wo der ausgleichspflichtige Abkömmling geltend macht, er wäre durchaus selbst zur Pflege bereit gewesen, sei insoweit aber von dem tatsächlich pflegenden Bruder oder der Schwester verdrängt und nicht an den pflegebedürftigen Elternteil herangelassen worden. Veröffentlichte Rechtsprechung für eine Lösung dieses Problems ist nicht zu finden. An der Tatsache der Pflege durch den Bruder/die Schwester, der/die damit im Grundsatz ausgleichungsberechtigt sind, dürfte ein solcher Vortrag nichts ändern können. Eine Berücksichtigung erscheint im Einzelfall vielleicht im Rahmen der anzustellenden Billigkeitsüberlegungen nach § 2057a Abs. 3 BGB als möglich.

[17] Ann, in MüKo-BGB, aaO, § 2057a Rn 7; Baldus, in Staudinger, aaO, § 2057a Rn 6 f.
[19] NJW 1993, 1197 f.
[20] In DNotZ 1989, 184 f mit kritischen Anm. von Cieslar, ebd. S. 185 ff.
[21] Vgl. OLG Schleswig NJW-RR 2013, 205 f, juris Rn 46.

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