II.

Der zulässigen Beschwerde bleibt der Erfolg versagt. Mit zutreffender Begründung hat das Nachlassgericht die Einziehung der zugunsten der Beteiligten zu 2) und 3) erteilten Teilerbscheine abgelehnt.

1. Die gemäß § 58 FamFG statthafte Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist zulässig und insbesondere fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses beim Nachlassgericht eingegangen, § 63 FamFG.

Zudem ist die Beteiligte zu 1) als Erbprätendentin beschwerdebefugt (vgl. Keidel/Meyer – Holz, FamFG, 2020, § 59 Rn 79).

2. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Der Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) sind aufgrund der jeweils form- und fristgerecht erklärten Ausschlagung der Erbschaft durch die Beteiligten zu 1) und 4) Erben aufgrund gesetzlicher Erbfolge nach dem Erblasser geworden. Die erteilten Teilerbscheine sind nicht durch die von der Beteiligten zu 1) erklärte Anfechtung der Ausschlagungserklärung unrichtig i.S.d. § 2361 BGB geworden.

Die Anfechtungserklärung der Beteiligten zu 1) greift nicht durch, da ein Anfechtungsgrund nicht vorliegt. Insoweit kann es dahinstehen, ob die Anfechtung auch wegen Ablaufs der Anfechtungsfrist nicht mehr möglich war.

Zwar kann, worauf die Beteiligte zu 1) zutreffend abstellt, ein Anfechtungsgrund auch dann vorliegen, wenn sich der Anfechtende über die Person, bei der die Erbschaft aufgrund der Anfechtung anfällt, in einem Irrtum befindet. Denn auch in diesem Fall handelt es sich um einen beachtlichen Rechtsfolgenirrtum, der als Inhaltsirrtum grundsätzlich zur Anfechtung der Ausschlagungserklärung berechtigt.

Die Sonderregeln der §§ 1954,1955 und 1957 BGB für Frist, Form und Wirkung der Anfechtung einer Ausschlagungserklärung ändern und erweitern die Anfechtungsgründe der § 119 BGB nicht. Im Rahmen des § 119 BGB wird ein zur Anfechtung berechtigender Inhaltsirrtum bei einem Rechtsfolgenirrtum grundsätzlich in Betracht gezogen. Dies dann, wenn der Erklärende über Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irrt, weil das Rechtsgeschäft nicht nur die von ihm erstrebten Rechtswirkungen erzeugt, sondern solche, die sich davon unterscheiden. Ein derartiger Rechtsirrtum berechtigt nach der Rechtsprechung des BGH aber nur dann zur Anfechtung, wenn das vorgenommene Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeugt. Dagegen ist der nicht erkannte Eintritt zusätzlicher oder mittelbarer Rechtswirkungen, die zu den gewollten und eingetretenen Rechtsfolgen hinzutreten, kein Irrtum über den Inhalt der Erklärung mehr, sondern ein unbeachtlicher Motivirrtum (BGH NJW 2016,2954 ff, BGHZ 168,210).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt nach Ansicht des Senats bei einer sog. "lenkenden Ausschlagung" auch der Irrtum über die Person des nächstberufenen Erben einen beachtlichen Rechtsfolgenirrtum als Inhaltsirrtum dar. Mit der Ausschlagung wird nicht nur der Wegfall des Ausschlagenden gemäß § 1953 Abs. 1 BGB bewirkt, sondern gemäß § 1953 Abs. 2 BGB fällt zugleich die Erbschaft dem Nächstberufenen an. Der Anfall der Erbschaft bei dem Nächstberufenen ist somit unmittelbare Rechtsfolge der Ausschlagung. Der Irrtum, bei wem die Erbschaft anfällt ist daher, jedenfalls soweit es dem Erklärenden gerade um den Eintritt des Anfalles an einen bestimmten Dritten ankam, beachtlich. Der Erklärende kann nach Auffassung des Senats die Ausschlagung wegen Inhaltsirrtums daher dann anfechten, wenn das Verfehlen des Lenkungsziels darauf beruht, dass die Erbschaft unmittelbar bei einer anderen Person als beabsichtigt eintritt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.3.2019 – 3 Wx 166-17, juris Rn 26, 28; aA KG Berlin, Beschl. v. 11.7.2019 – 19 W 50/19, juris Rn 26, 27). Diese Frage ist in der Literatur und Rechtsprechung zwar umstritten, wobei im Ausgangspunkt überwiegend von einem unbeachtlichen Motivirrtum ausgegangen wird; allerdings bei besonderen Fallkonstellationen – etwa bei Irrtum über die Anwachsung bei einem Miterben – mit der Modifikation, dass hier ein beachtlicher Rechtsfolgenirrtum angenommen wird (OLG Frankfurt, ErbR 2017,565; KG Berlin, a.a.O., juris Rn 29; vgl. zum Meinungsstand: MüKO-BGB/Leipold, 8. Aufl. 2020, § 1954 Rn 7 m.w.N.).

Vorliegend kann dieser Meinungsstreit jedoch dahinstehen, da die Beteiligte zu 1) sich bei ihrer Ausschlagungserklärung schon nicht über die Person des nächstberufenen Erben geirrt hat. Denn ihr war bewusst, dass durch ihre Ausschlagung die Beteiligten zu 3) und 4) Erben werden, wie dies auch in der Ausschlagungserklärung zutreffend angegeben wurde. Diese Rechtsfolge war von der Beteiligten zu 1) gewollt und beabsichtigt.

Die Beteiligte zu 1) hat sich allein darüber geirrt, dass mit der weiteren, von dem Beteiligten zu 4) anschließend erklärten Ausschlagung der zunächst bei dem Beteiligten zu 4) angefallene hälftige Erbteil dann nicht bei der Beteiligten zu 3), sondern als Abkömmling des ausschlagenden Beteiligten zu 4) bei dem Beteiligten zu 2) anfällt. Diesem Irrtum könnte nach dem Inhalt seiner Ausschlagungserklärung a...

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