Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO. Zu Recht hat der Beklagte die Grunderwerbsteuer nach einer Bemessungsgrundlage von 6.820.000 EUR festgesetzt.

Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist nach § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung; als Gegenleistung gilt bei einem Kauf der Kaufpreis, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.

Nach § 3 des Vertrags vom 10.12.2009 entfällt von dem Gesamtkaufpreis für den nach § 2 des Vertrags verkauften Kaufgegenstand in Höhe von 20.500.000 EUR auf den "Kaufgegenstand Grundstück" ein Einzelkaufpreis von 6.820.000 EUR.

Dieser Betrag ist nicht um den Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs in Höhe von 4.906.442,82 EUR zu mindern. Denn nach Inhalt und Durchführung des Vertrags vom 10.12.2009, wie er dem Gesamtplan der Vertragsbeteiligten entsprach, kam dem Erbbauzinsanspruch ein Wert von Null EUR zu.

Nach der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 GrEStG gehört das Recht des Grundstückseigentümers auf den Erbbauzins nicht zu den Grundstücken (vgl. bereits BFH vom 30. Januar 1991 II R 89/87 BFHE 163, 251, BStBl II 1991, 271; ebenso BFH vom 12. April 2000 II B 133/99 BFHE 191, 423, BStBl II 2000, 433; Boruttau/Sack GrEStG 16. Aufl., § 9 Tz 560; Pahlke/Franz GrEStG 4. Aufl., § 9 Tz 177 f). Bei Erwerb des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks zählt daher der (ausdrücklich oder stillschweigend) auf den Erbbauzinsanspruch entfallende Kaufpreisanteil nicht zur Gegenleistung (Boruttau/Sack aaO). Der Erbbauzinsanspruch stellt eine reine Geldforderung dar, die nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt.

Die auf ein Grundstück mit Erbbauzinsanspruch entfallende Gesamtgegenleistung ist grundsätzlich nach der Boruttau´schen Formel verhältnismäßig auf den kapitalisierten Erbbauzinsanspruch und auf das Grundstück aufzuteilen; aus Vereinfachungsgründen kann eine Kürzung des Werts der Gesamtgegenleistung um den Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs erfolgen (Boruttau/Sack aaO; Pahlke/Franz aaO § 8 Tz 40). Dies gilt auch dann, wenn der Erbbauberechtigte selbst das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück erwirbt (Boruttau/Sack aaO).

Im Streitfall hat die Klägerin durch die Vereinbarung in § 2 Abs. 1 des Vertrags das mit einem Erbbaurecht zugunsten der Grundstücksverwaltungs GmbH belastete Grundstück von der Stadt "F-Stadt" erworben. Mit derselben Urkunde hat sie in § 2 Abs. 2 von der Grundstücksverwaltungs GmbH das Erbbaurecht erworben. Diese Vereinigung von Erbbauverpflichtung und -berechtigung in einer Hand führt zwar nicht zum Erlöschen des Erbbaurechts. Denn das Erbbaurecht als selbstständiges Recht bleibt auch dann bestehen, wenn es dem Eigentümer des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks zusteht (Pahlke/Franz aaO § 2 Tz 71). Dies gilt jedoch nur so lange, wie keine Aufhebung des Erbbaurechts nach § 26 ErbbRVO erfolgt ist. In § 11 des Vertrags hat die Klägerin dementsprechend – aufschiebend bedingt durch eine Eintragung als Eigentümerin des Kaufgegenstands in das Grundstücksgrundbuch und eine Eintragung als Berechtigte in das Erbbaugrundbuch – die Aufgabe des Erbbaurechts und die Zustimmung zur Aufhebung des Erbbaurechts erklärt sowie zugleich die Löschung des Erbbaurechts aus dem Erbbaugrundbuch beantragt und bewilligt. Die Löschung führt zur Beseitigung des Erbbaurechts und zum Übergang der Vollherrschaft am Grundstück, der seinerseits mangels Rechtsträgerwechsels nicht grunderwerbsteuerbar ist (vgl. Pahlke/Franz aaO § 2 Tz 71 und 83).

Bei dem so verwirklichten Geschehensablauf kommt dem Erbbauzinsanspruch kein eigenständiger Wert zu, der zu einer niedrigeren Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer führen würde. Denn der Klägerin ging es bei Abschluss des Vertrags nicht darum, das Grundstück mit der darauf lastenden Erbbauverpflichtung zu erwerben, um laufend Erbbauzinsen zu erhalten. Sinn und Zweck des Vertrags, wie er gestaltet und durchgeführt wurde, war vielmehr, die Vollherrschaft an dem unbelasteten Grundstück zu erlangen. Hierfür war zum einen der Grundstückserwerb, zum anderen der Erwerb des Erbbaurechts erforderlich; beide Erwerbsvorgänge wurden in einer Urkunde unmittelbar aufeinanderfolgend beurkundet und entsprechend § 11 des Vertrags vollzogen. Dass bei einer anderen Gestaltung des Sachverhalts der Erbbauzinsanspruch als Geldforderung bestehen bliebe und aus dem Gesamtkaufpreis herauszurechnen wäre, spielt insoweit keine Rolle, denn maßgeblich für die Grunderwerbsteuer ist der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen.

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