[37] Im Plural steht der Begriff "die DBA Österreich/Deutschland" sowohl für das DBA Österreich/Deutschland auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen als auch für das DBA Österreich/Deutschland auf dem Gebiet der Erbschaftsteuern.

I. DBA Österreich/Deutschland

Gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 DBA Österreich/Deutschland[38] ist eine natürliche Person grundsätzlich in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie nach dem Recht dieses Staats aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts oder eines ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist. Falls eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig ist, entscheiden nach Art. 4 Abs. 2 DBA Österreich/Deutschland die Kriterien ständige Wohnstätte, Mittelpunkt der Lebensinteressen, gewöhnlicher Aufenthalt oder die Staatsangehörigkeit (in dieser Reihenfolge) über die Ansässigkeit.

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen wird aus österr. Sicht als jener Ort angesehen, zu dem der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Es hat eine gesamthafte Betrachtung zu erfolgen, wobei das Überwiegen den Ausschlag gibt.[39] Den wirtschaftlichen Beziehungen (im Wesentlichen der Beruf) kommt im Regelfall eine geringere Bedeutung zu als den persönlichen Beziehungen, welche im Zweifel den Ausschlag geben.[40] Unter persönlichen Beziehungen sind jene zu verstehen, "die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit jenem Ort verbinden, an dem er seinen Wohnsitz innehat" (hierbei ist vor allem der Ort maßgeblich, an dem der Steuerpflichtige mit seiner Familie lebt).[41] Der Mittelpunkt der Lebensinteressen setzt auch eine gewisse Dauerhaftigkeit voraus. So wird bei Auslandsaufenthalten von weniger als zwei Jahren in der Regel keine Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen anzunehmen sein, bei einem Aufenthalt von über fünf Jahren hingegen schon.[42]

[38] Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 24.8.2000, BStBl I 2002, 584.
[39] Tumpel/Luketina, in: Aigner/Kofler/Tumpel, DBA-Kommentar, Art. 4 Rn 40.
[40] Marschner, in: Jakom, EStG 2022, § 1 Rn 20.
[41] Tumpel/Luketina, in: Aigner/Kofler/Tumpel, DBA-Kommentar, Art. 4 Rn 41 f.
[42] Marschner, in: Jakom, EStG 2022, § 1 Rn 20; EAS 1068; EAS 2124.

II. DBA Österreich/Deutschland (E) a.F.

Nachdem der österr. Verfassungsgerichtshof, wie dargestellt, die Erbschaftsteuer und die Schenkungssteuer für verfassungswidrig erklärt hatte und absehbar war, dass der Gesetzgeber keine betreffenden verfassungsgemäßen Gesetze schafft, sah sich die Bundesrepublik Deutschland gezwungen, das DBA Österreich/Deutschland (E) zum 31.12.2007 zu kündigen. Mittels eines zusätzlichen Abkommens wurde die Anwendung noch auf Erbfälle erweitert, in denen der Erblasser nach dem 31.12.2007 und vor dem 1.8.2008 verstorben ist. Für spätere Erbfälle besteht kein Abkommensschutz mehr. Vor diesem Hintergrund ist zur Vermeidung deutscher Erbschaft- und Schenkungssteuer für Zuzügler wesentlich, keinen Wohnsitz in Deutschland beizubehalten (d.h. die reine Verlegung des Mittelpunkts der Lebensinteressen ist dafür nicht ausreichend). Dies ist etwa auch bei der Errichtung von österr. Privatstiftungen zu beachten.

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