1. Trunkenheitsfahrten und die Folgen (§§ 69, 69a, 222, 315c, 316, 323a StGB, § 111a StPO)

a) Die vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt hinsichtlich aller Tatumstände zumindest bedingten Vorsatz voraus. Es ist daher nicht nur Vorsatz hinsichtlich der Kenntnis der Fahrunsicherheit, sondern auch bezüglich der konkreten Gefahr erforderlich. Der Täter muss die Umstände kennen, die den Gefahrerfolg in Form eines Beinaheunfalls naheliegend erscheinen lassen und er muss diese Gefahrenlage zumindest billigend in Kauf nehmen (BGH NZV 2015, 44 = zfs 2014, 713 m. Anm. Krenberger; zum Vorsatz bei § 316 StGB s. KG NStZ-RR 2015, 91).

 

Hinweis:

Da § 315b StGB der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs dient und die in der Norm genannten Individualrechtsgüter lediglich faktisch mitschützt, ist der Strafmilderungsgrund des § 46a Nr. 1 StGB (Täter-Opfer-Ausgleich) auf diesen Straftatbestand nicht anwendbar (BGH NJW 2015, 500 = NZV 2015, 197 = StRR 2015, 146 = VRR 3/2015, 12 [jew. Burhoff]).

b) Kommt es bei der Trunkenheitsfahrt mit absoluter Fahruntüchtigkeit zu einer fahrlässigen Tötung, steht regelmäßig die Verhängung einer Freiheitsstrafe im Raum. Vielfach wird dann in der Praxis auch beim Ersttäter die Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung nach § 56 Abs. 3 StGB zur Verteidigung der Rechtsordnung abgelehnt (näher Freyschmidt StRR 2007, 46). Das hat das OLG Hamm (NZV 2015, 44 = DAR 2014, 710 = VRR 2014, 471 [Burhoff]) mit Blick auf die herausragend schweren Folgen für den getöteten und seine Angehörigen (hier: Ehefrau und drei Kinder) bei einer hohen Alkoholisierung von bis zu 2,69 ‰ und aggressiver Fahrweise bekräftigt.

 

Hinweis:

Zur Verwertbarkeit eines von der nunmehr von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machenden Ehefrau des Angeklagten abgesetzten polizeilichen Notrufs hinsichtlich einer Trunkenheitsfahrt LG Stuttgart BA 51, 357 = VRR 2014, 472/StRR 2015, 26 (jew. Deutscher).

c) Die Grenze für den "bedeutenden Schaden" als Voraussetzung für den Regelfall für die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 3 Nr. 3 StGB liegt bei 1.300 EUR (OLG Hamm StRR 2015, 112/VRR 1/2015, 13 [jew. Burhoff]; zu den Gründen für das Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis in Regelfällen nach § 69 Abs. 2 StGB LG Kaiserslautern VRR 2014, 348/StRR 2014, 397 [jew. Burhoff]). Bei einer BAK bis zu 1,8 ‰ kann die erfolgreiche Teilnahme an einem geeigneten Nachschulungskurs zu einer Verkürzung der Sperrfrist führen (AG Dresden VRR 2014, 433/StRR 2014, 398 [jew. Burhoff]).

d) Wird gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis Beschwerde eingelegt, ist angesichts des Beschleunigungsgrundsatzes entweder für das Beschwerdeverfahren ein Beschwerdeheft anzulegen oder kurzfristig ein Verhandlungstermin anzuberaumen (LG Berlin StraFo 2014, 382 = VRR 2014, 432/StRR 2014, 306 [jew. Burhoff]).

e) Bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem Mofa kann es sich um eine erhebliche Tat gem. § 64 StGB handeln, wobei eine Unterbringung auch bei einer Freiheitstrafe von fünf Monaten verhältnismäßig sein kann (OLG Celle NStZ-RR 2015, 24 = StRR 2015, 69 [Burhoff]).

f) Allein der Umstand, dass auf den Betroffenen Alkohol oder illegale Drogen einwirken, stellt seine Einwilligungsfähigkeit in eine Blutentnahme nicht grundsätzlich in Frage. Es genügt, dass der Betroffene den mit der Blutentnahme verbundenen körperlichen Eingriff und dessen Risiken überblicken konnte (KG NZV 2015, 97).

 

Hinweis:

Zu den Anforderungen an die Feststellung eines Vollrauschs (§ 323a StGB) OLG Braunschweig NZV 2014, 478 = VRR 2014, 431 [Burhoff]; OLG Hamm StRR 2014, 395 [Deutscher]).

2. Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB)

Ein berechtigtes Entfernen vom Unfallort i.S.v. § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB kann vorliegen, wenn der Unfallbeteiligte eine eigene Verletzung bemerkt (hier: stark blutende Hand) und ein Verlassen des Unfallortes zumindest auch zwecks ärztlicher Versorgung der Verletzung erfolgt (BGH NZV 2014, 543 = zfs 2014, 713 m. Anm. Krenberger = StRR 2015, 27 [Deutscher]).

3. Unbefugter Gebrauch eines Kfz bei Rückführung an den Berechtigten (§ 248b StGB)

Die Ingebrauchnahme eines Fahrzeugs durch einen an sich Unberechtigten allein zum Zwecke der Rückführung an den Berechtigten ist regelmäßig von dessen mutmaßlichen Willen gedeckt und daher nicht tatbestandsmäßig i.S.d. § 248b Abs. 1 StGB (BGH NJW 2014, 2887 = NZV 2015, 95 m. Anm. Floeth = DAR 2014, 707 = zfs 2014, 714 m. Anm. Krenberger = VRR 2014, 388/StRR 2014, 505 [jew. Deutscher]). Im konkreten Fall gab der Mieter eines Kfz dieses nach Ablauf der Mietzeit nicht zurück, sondern nutzte es ausschließlich zum Schlafen. Angeklagte Tat war die Fahrt zum Vermieter zwecks Rückführung des Fahrzeugs.

4. Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer (§ 316a StGB)

Bei einer in Raubabsicht durchgeführten vorgetäuschten Polizeikontrolle beginnt bereits damit die Tathandlung des § 316a StGB aufgrund der objektiv nötigungsgleichen Wirkung, wenn sich der Geschädigte dadurch zum Anhalten gezwungen sieht (BGH NStZ-RR 2014, 342 = VRR 2014, 389/StRR 2014, 506 [jew. Deutscher]).

 

Hinweis:

Dieses Verfahren hat beim BGH zu einem massiven Zuständigkeitsstreit zwischen dem 2. Senat und dem für Verkehrsstrafsachen zuständigen 4. Senat geführt (BGH NStZ-RR 2015, 21 = StRR 2015, 32 [Deutsche...

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