Leitsatz (amtlich)

1. Die von dem Tatgericht gezogene Schlussfolgerung, eine vier Jahre zurückliegende Vorverurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr habe den Angeklagten so nachdrücklich gewarnt, dass er bei der neuerlichen Tat seine alkoholbedingte Fahrunsicherheit zumindest billigend in Kauf genommen hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Einer detaillierten Darstellung der Feststellungen des vorangegangenen Urteils bedarf es, wenn dies nicht außergewöhnliche Umstände erfordern, nicht.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 30.06.2014; Aktenzeichen (575) 272 AR 29/14 Ns (42/14))

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. Juni 2014 wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20,- Euro verurteilt. Zugleich hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist von acht Monaten festgesetzt. Die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil verworfen. Es hat festgestellt, dass der Angeklagte, der bereits im Jahr 2009 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden war, am Tattag mit einer Blutalkoholkonzentration von zumindest 1,8 Promille am Steuer eines PKW öffentliches Straßenland befuhr und sodann an einer innerstädtischen Ampel bei rotem Licht einschlief und erst nach einigen Schaltphasen durch andere Verkehrsteilnehmer geweckt werden konnte. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit dem Rechtsmittel der Revision. Die Revision hat keinen Erfolg.

1. Soweit sich die Revision gegen das im Urteil festgestellte objektive Tatgeschehen und namentlich die Fahrereigenschaft des Angeklagten wendet, ist sie aus den dem Rechtsmittelführer bekannten Gründen der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Berlin vom 25. September 2014 im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

2. Das Rechtsmittel bleibt auch im Übrigen ohne Erfolg.

a) Die Urteilsfeststellungen tragen die Würdigung, dass der Angeklagte das Vergehen der Trunkenheit im Verkehr vorsätzlich begangen hat. Denn das Urteil teilt mit, der Angeklagte habe das Kraftfahrzeug in Kenntnis "der berauschenden Wirkung alkoholischer Getränke und deren negativen Auswirkungen auf seine Fahrtüchtigkeit" geführt (UA S. 3).

b) Das Landgericht hat die zu diesen Feststellungen führenden Beweise auch rechtsfehlerfrei gewürdigt.

aa) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, der sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden hat (§ 261 StPO). Die Überzeugungsbildung des Tatgerichts prüft das Revisionsgericht nur darauf, ob sie auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht. Dies ist namentlich der Fall, wenn sie mit gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen oder unbezweifelbarem Erfahrungswissen unvereinbar ist, Widersprüche oder sonstige Verstöße gegen die Gesetze der Logik enthält oder Lücken aufweist, sich insbesondere nicht mit nahe liegenden alternativen Geschehensabläufen befasst, obwohl sich dies nach dem Beweisergebnis aufdrängt (vgl. BGH NJW 2007, 384). Die tatsächlichen Schlussfolgerungen des Tatgerichts müssen nicht zwingend sein; es genügt, dass sie möglich und nachvollziehbar sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (vgl. BGH NStZ 2014, 451).

Für die Würdigung der inneren Tatseite bei den §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, 316 StGB ist darüber hinaus anerkannt, dass bei einer die Grenze der absoluten Fahrunsicherheit weit übersteigenden Alkoholisierung zwar die Annahme nahe liegt, der Täter habe die Auswirkungen seines Trinkens zumindest billigend in Kauf genommen. Allerdings ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass bei steigender Alkoholisierung die Kritik- und Erkenntnisfähigkeit in aller Regel abnimmt. Daher gibt es auch keinen Erfahrungssatz, dass derjenige, der in erheblichen Mengen Alkohol getrunken hat, seine Fahrunsicherheit erkennt, so dass allein von der Höhe der Blutalkoholkonzentration nicht ohne Weiteres auf eine vorsätzliche Tatbestandsverwirklichung geschlossen werden kann (vgl. Senat VRS 126, 95; Beschluss vom 26. November 1997 - [3] 1 Ss 272/97 [93/97] - [juris]; Brandenburgisches OLG VRS 117, 195). Deswegen kann die tatrichterliche Überzeugung von einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt nur auf eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles gestützt werden (vgl. Senat VRS 80, 448; 126, 95). Einschlägige Vorverurteilungen können - gegebenenfalls neben weiteren Umständen - Anlass zur Annahme vorsätzlicher Tatbegehung geben (vgl. OLG Celle NZV 1996, 204; StraFo 1998, 278; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 85).

bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Schlussfolgerung, der Angeklagte habe vorsätzlich gehandelt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das Urteil teilt mit, dass der Angeklagte sich nicht eingelassen hat, so dass die Kammer keine Feststellungen zu den Umständen, namentlich dem Zeitpu...

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