a) Ausbildung

Gemäß § 1619 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt eines Kindes die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Geschuldet wird eine abschließende Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält.

  • Der Anspruch des Kindes steht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Der Verpflichtung der Eltern steht die Pflicht des Kindes gegenüber, die Ausbildung mit Fleiß und gebotener Zielstrebigkeit in angemessener Zeit zu beenden. Ob Verzögerungen in der Ausbildung, ein Leistungsabfall, Unterbrechungen oder ein Wechsel des Studiengangs zum Verlust des Anspruchs führen, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden. Wie das OLG Koblenz (FamRB 2017, 411 m. Hinw. Liceni-Kierstein) darlegt, kann ein Ausbildungsanspruch des Kindes auch dann noch gegeben sein, wenn sich seine allgemeine Schulausbildung aufgrund nicht ausreichender Leistungen erheblich verzögert und nach Beginn des Studiums bis zum Abschluss des zweiten Semesters ein Studienwechsel vorgenommen wird. Für eine Übergangzeit kann eine nicht offensichtliche Fehleinschätzung nicht vorgeworfen werden.
  • Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung hat das OLG Brandenburg (FamRB 2017, 448 m. Hinw. Frank) in einem Fall bejaht, in dem ein Volljähriger nach mehreren gescheiterten Ausbildungsversuchen nunmehr in einer weiteren Ausbildung gute Leistungen erbringt, die abgebrochenen Ausbildungen zum Teil während seiner Minderjährigkeit begonnen und er wegen schwieriger häuslicher Verhältnisse Nachteile in seiner Entwicklung erlitten hat.
  • Nach ständiger BGH-Rechtsprechung (ZAP EN-Nr. 476/2017; FamRZ 2017, 1132 m. Anm. Seiler = MDR 2017, 885 = FuR 2017, 440 m. Hinw. Soyka = FamRB 2017, 245 m. Hinw. Liceni-Kierstein = NJW 2017, 2278; vgl. BGH, FamRZ 1989, 853; 2006, 1100; 2017, 799) kann es sich im Hinblick auf das zunehmend geänderte Ausbildungsverhalten auch dann um einen beachtlichen einheitlichen Ausbildungsgang handeln, wenn ein Kind vor dem Studium eine praktische Ausbildung absolviert hat (sog. Abitur-Lehre-Studium-Fälle; hier anästhesietechnische Assistentin – Medizinstudium). Erforderlich ist ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang.
 

Hinweis:

Hierzu hat der BGH (ZAP EN-Nr. 476/2017; FamRZ 2017, 1132) klargestellt, dass die Leistung von Ausbildungsunterhalt für ein Studium des Kindes einem Elternteil unzumutbar sein kann, wenn das Kind bei Studienbeginn bereits das 25. Lebensjahr vollendet und den Elternteil nach dem Abitur nicht über seinen Ausbildungsplan informiert hat, so dass der Elternteil nicht mehr mit einem derart späten Studienbeginn und damit rechnen musste, noch auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen zu werden.

  • Übereinstimmend mit der Rechtsprechung des BGH hat das OLG Koblenz (FamRZ 2017, 2018) den erforderlichen fachlichen Zusammenhang zwischen der Ausbildung zur Sozialassistentin und einem Studium der sozialen Arbeit (Bildungsgang: Realschule – höhere Berufsfachschule – Fachhochschulstudium) für gegeben erachtet. Erforderlich ist hierbei, dass bei Beginn einer praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung mit Einschluss eines Studiums angestrebt wurde. Eine einheitliche Berufsausbildung entfällt nicht dadurch, dass wegen der fehlenden Zuweisung eines Studienplatzes eine zeitliche Unterbrechung eintritt.

b) Gestufter Schulbesuch

Das KG (FuR 2017, 508 m. Hinw. Viefhues = FamRB 2017, 368 m. Hinw. Liceni-Kierstein) stellt klar, dass ein gestufter Schulbesuch als allgemeine Schulausbildung i.S.v. § 1603 Abs. 2 BGB und als eine von den Eltern zu finanzierende angemessene Erstausbildung anzusehen ist (hier Gymnasium – Abschluss der Berufsfachschule für Sozialassistenz – berufliches Gymnasium mit Fachabitur). Er ist nicht mit den Fällen „Abitur-Lehre-Studium“ zu vergleichen. Eine Unterbrechung der Schulausbildung kann nicht als Verletzung der Ausbildungsobliegenheit gewertet werden, wenn sie krankheitsbedingt war. Auch kann dem Kind ein Ausbildungsversagen während der Minderjährigkeit nicht entgegengehalten werden (vgl. BGH FamRZ 2013, 1375 zu § 1611 Abs. 2 BGB).

c) Bedarf und Leistungsfähigkeit

aa) Bedarfsbemessung nach fiktivem Einkommen/konkrete Unterhaltsberechnung

Der Unterhaltsberechtigte hat seinen Bedarf darzulegen und darzustellen, von welchen tatsächlichen oder fiktiven Einkünften des Verpflichteten er hierbei ausgeht. Nach Auffassung des OLG Brandenburg (FuR 2017, 682 m. Hinw. Viefhues) können fiktive Einkünfte bei der Bedarfsberechnung entsprechend den über einen längeren Zeitraum für den Lebensunterhalt aufgebrachten Leistungen berücksichtigt werden. Eine konkludente Vereinbarung über die Höhe des zu zahlenden Unterhalts kann jedoch in der Zahlung eines gleichbleibenden Betrags und seiner Entgegennahme nicht gesehen werden. Eine konkrete Bedarfsbemessung komme beim Kindesunterhalt erst ab einem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils von 5.100 EUR in Betracht.

bb) Obliegenheitsverpflichtung

Einem seinem minderjährigen Kind gesteigert Unterhaltspflichtiger kann sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit nur berufen, wenn er darlegt...

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