Leitsatz (amtlich)

1. Ob durch Vereinbarung ein Anspruch auf Kindesunterhalt begründet werden kann, auch soweit die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, bedarf keiner Entscheidung, wenn eine entsprechende konkrete Vereinbarung nicht dargelegt wird.

2. Beim Kindesunterhalt kommt eine konkrete Bedarfsbemessung allenfalls dann in Betracht, wenn das Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils den Betrag von 5.100 EUR übersteigt, für den nach der Düsseldorfer Tabelle eine Unterhaltsbemessung nach den Umständen des Falles vorgesehen ist.

3. Auch bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines minderjährigen Kindes können fiktiv zuzurechnende Einkünfte zu berücksichtigen sein, wenn der Pflichtige über längere Zeit Einkünfte in entsprechender Höhe tatsächlich erzielt und damit den Lebensunterhalt der Familie bestritten hat. Hier ist es im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast zunächst Aufgabe des Antragstellers, seinen Bedarf darzulegen und dabei im Einzelnen darzustellen, von welchen tatsächlichen oder fiktiven Einkünften (bezogen auf die einzelnen Einkommensarten) er dabei ausgeht und gegebenenfalls vorzutragen, welcher Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit dem Antragsgegner im Einzelnen vorzuwerfen ist. Erst im Anschluss daran stellt sich die Frage der sekundären Darlegungslast des Antragsgegners.

 

Normenkette

BGB §§ 1601 ff.

 

Verfahrensgang

AG Bernau (Aktenzeichen 6 F 1088/13)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der am 14. Juli 2015 verkündete Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin abgeändert.

Der Antragsgegner wird in Abänderung des Anerkenntnisteilbeschlusses des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 22./29. Januar 2015 verpflichtet, den Antragstellern zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin monatlichen Unterhalt wie folgt, den zukünftigen jeweils monatlich im Voraus bis zum Ersten eines jeden Monats, zu zahlen:

an den Antragsteller zu 1.

2 EUR für Juni 2014 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2014,

27 EUR für die Monate Juli bis Dezember 2014 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 27 EUR seit dem 1. Juli, dem 1. August, dem 1. September, dem 1. Oktober, dem 1. November und 1. Dezember 2014,

9 EUR für Januar 2015 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2015,

18 EUR für die Monate Februar bis Juli 2015 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 18 EUR seit dem 1. Februar 2015, dem 1. März 2015, dem 1. April 2015, dem 1. Mai 2015 und dem 1. Juni 2015,

31 EUR für die Monate August bis Dezember 2015,

37 EUR für den Monat Januar 2016,

328 EUR für die Monate Februar bis September 2016,

110 % des Mindestunterhalts der 2. Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind für die Monate Oktober 2016 bis April 2017,

110 % des Mindestunterhalts der 3. Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind ab Mai 2017,

an den Antragsteller zu 2.

2 EUR für Juni 2014 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2014,

27 EUR für die Monate Juli bis Dezember 2014 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 27 EUR seit dem 1. Juli, dem 1. August, dem 1. September, dem 1. Oktober, dem 1. November und 1. Dezember 2014,

9 EUR für Januar 2015 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2015,

18 EUR für die Monate Februar bis Juli 2015 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 18 EUR seit dem 1. Februar 2015, dem 1. März 2015, dem 1. April 2015, dem 1. Mai 2015 und dem 1. Juni 2015,

31 EUR für die Monate August bis Dezember 2015,

37 EUR für den Monat Januar 2016,

328 EUR für die Monate Februar bis September 2016,

110 % des Mindestunterhalts der 2. Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind für die Monate Oktober 2016 bis März 2019,

110 % des Mindestunterhalts der 3. Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind ab April 2019.

Die weitergehenden Anträge werden zurückgewiesen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz haben die Antragsteller 87 % und der Antragsgegner 13 % zu tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Antragstellern zu 84 % und dem Antragsgegner zu 16 % auferlegt.

Dieser Beschluss ist sofort wirksam.

Der Beschwerdewert wird auf 9.425 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die minderjährigen Antragsteller, die bei ihrer Mutter leben, nehmen ihren Vater, den Antragsgegner, auf Kindesunterhalt ab Oktober 2013 in Anspruch.

Der Antragsgegner und die Mutter der Antragsteller schlossen am 20.2.2008 eine Scheidungsfolgenvereinbarung (Bl. 7), in der es unter Ziffer 4. heißt:

"Auch über den Unterhalt haben wir uns verständigt, Herr K... erfüllt seine Unterhaltspflicht seiner Frau und den Kinder gegenüber durch regelmäßige und pünktliche Zahlungen."

Jedenfalls seit Abschluss dieser Vereinbarung zahlte der Antragsgegner für jeden der beide...

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