Nicht selten nehmen Tatrichter bei einer Trunkenheitsfahrt mit hoher Alkoholisierung Vorsatz an. Die obergerichtliche Rechtsprechung ist dem von je her entgegengetreten: Aus der Höhe der Blutalkoholkonzentration (BAK) allein kann nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände auf vorsätzliches Handeln geschlossen werden (aktuell KG NZV 2015, 255; Nw. bei Fischer, StGB, 62. Aufl. 2015, § 316 Rn. 46). Der BGH (NJW 2015, 1834 = NZV 2015, 400 m. Anm. Sandherr = DAR 2015, 390 = StRR 2015, 232/VRR 6/2015, 13 jew. [Burhoff]) hat sich zum bedingten Vorsatz bzgl. der Fahruntüchtigkeit geäußert: Eine Bestrafung wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr setzt voraus, dass der Fahrzeugführer seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sich damit abfindet. Maßgeblich ist, ob der Fahrzeugführer eine so gravierende Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit zumindest für möglich hält und sich mit ihr abfindet oder billigend in Kauf nimmt, dass er den im Verkehr zu stellenden Anforderungen nicht mehr genügt. Absolute Grenzwerte müssen vom Vorsatz nicht umfasst sein, da es sich bei ihnen nicht um Tatbestandsmerkmale, sondern um Beweisregeln handelt. Vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes muss sich der Tatrichter auf der Grundlage einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände überzeugen. Dabei hat er in seine Erwägungen auch diejenigen Umstände einzubeziehen, die seine Überzeugung vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes in Frage stellen könnten. Andererseits ist er in diesem Zusammenhang auch durch den Zweifelssatz nicht gehalten, zu Gunsten des Täters Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind. Unter welchen Voraussetzungen er zu welcher Schlussfolgerung und Überzeugung kommen muss, kann ihm nicht vorgeschrieben werden; an Beweisregeln ist er insofern nicht gebunden. Der Tatrichter hat aber den Grad der Alkoholisierung mit dem ihm zukommenden Gewicht für sich genommen oder zusammen mit anderen Indizien in seine Überzeugungsbildung vom Vorliegen bedingt vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns einzubeziehen. – Ob diese Entscheidung eine Verurteilung wegen Vorsatzes erleichtert (so Sandherr a.a.O.) erscheint fraglich, da der BGH zu dem Thema nichts wesentlich Neues sagt (treffend Burhoff a.a.O.). Ein für Vorsatz sprechendes Indiz in dem genannten Sinne kann eine vier Jahre zurückliegende einschlägige Vorbelastung sein (KG NZV 2015, 403; BAK: mindestens 1,8 ‰).

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