Sind Anzahl und Höhe der Tagessätze festgelegt, hat das Gericht anschließend in einem dritten Zumessungsschritt zu prüfen, ob dem Angeklagten Zahlungserleichterungen zu gewähren sind. Ist es ihm nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, die Geldstrafe sofort zu zahlen, so bewilligt ihm das Gericht eine Zahlungsfrist oder, was in der Praxis häufiger der Fall ist, gestattet dem Angeklagten, die Geldstrafe in Raten zu zahlen, § 42 S. 1 StGB. Dabei kann es gem. § 42 S. 2 StGB eine Verfallklausel aussprechen und anordnen, dass die Vergünstigung entfällt, wenn der Angeklagte in Zahlungsrückstand gerät. Es wird dann die gesamte noch offene Restsumme sofort fällig.

Liegen die Voraussetzungen des § 42 S. 1 StGB vor, so ist das Gericht aufgrund der zwingenden Natur der Vorschrift nicht nur befugt, sondern auch verpflichtet, Zahlungserleichterungen zu gewähren (Fischer, a.a.O., § 42 StGB Rn 5a). Ein Ermessen besteht nicht. Die weit verbreitete Praxis, die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gar nicht erst zu thematisieren, da der Angeklagte sich insoweit ja auch noch nach Rechtskraft an die Vollstreckungsbehörde wenden könne (§ 459a StPO), ist mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar. Dementsprechend darf eine Zahlungserleichterung auch nicht mit der Begründung verweigert werden, der Angeklagte könne die Geldstrafe durch die Ableistung von Arbeitsstunden ersetzen (KG StV 2006, 191).

Nicht vertretbar erscheint zudem die Ansicht, Zahlungserleichterungen könnten mit der Begründung verweigert werden, der Angeklagte habe angesichts der von ihm begangenen Tat die Geldstrafe vorhersehen können. Auch ein "gerichtserfahrener" Täter wird kaum in der Lage sein, das Ausmaß der Geldstrafe abzusehen, und eine allgemeine "Sparsamkeitspflicht" für Straftäter sieht das Gesetz nicht vor. Eine Ausnahme hiervon erscheint allenfalls denkbar, wenn ein Angeklagter im Hinblick auf eine zu erwartende Geldstrafe Vermögen verschleudert (Fischer, a.a.O., § 42 Rn 5a).

Aufgrund des fehlenden Ermessens muss sich der Tatrichter in den Urteilsgründen mit der Frage möglicher Zahlungserleichterungen auseinandersetzen, wenn dies nach den Feststellungen über die wirtschaftliche Lage des Angeklagten naheliegt (BGHSt 33, 40).

 

Hinweis:

Im Rechtsmittelverfahren ist die fehlerhafte oder unterbliebene Bewilligung von Zahlungserleichterungen isoliert anfechtbar (Burhoff/Kotz/Kotz, Handbuch für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe, 2. Aufl. 2016, Teil B Rn 761).

Auch der Einspruch gegen einen Strafbefehl kann auf die Gewährung einer Zahlungserleichterung beschränkt werden. Zwar sieht § 411 Abs. 1 S. 3 StPO das Beschlussverfahren seinem Wortlaut nach nur vor, wenn der Einspruch auf die Tagessatzhöhe beschränkt ist. Jedoch muss eine Entscheidung ohne Hauptverhandlung erst recht möglich sein, wenn der Angeklagte nicht einmal die Höhe des einzelnen Tagessatzes angreifen, sondern diese akzeptieren will und lediglich eine Zahlungserleichterung anstrebt (AG Kehl NJW-Spezial 2015, 442).

Wird der Einspruch nicht derart weitgehend beschränkt, sondern "nur" auf die Tagessatzhöhe, ist das Gericht gleichwohl nicht daran gehindert, ohne Hauptverhandlung im Beschlusswege auch Zahlungserleichterungen zu gewähren (LG Kleve, Beschl. v. 19.10.2015 – 120 Qs 75/15).

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