BGH Revision Oberbürgermeister Hannover Untreue

Wenn rechtswidrige Zulagen an Beschäftigte gezahlt werden, kann dies zu einer Verurteilung der Vorgesetzten wegen Untreue führen. Der ehemalige Oberbürgermeister von Hannover wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er von der Zahlung einer rechtswidrigen Zulage an seinen Büroleiter wusste und nichts dagegen unternahm.

Hannovers Ex-Oberbürgermeister Stefan Schostok ist wegen unzulässiger Gehaltszahlungen zu 12.000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Das sagte der Vorsitzende Richter am Landgericht Hannover, Thorsten Garbe, am 9. Januar 2024. In dem Verfahren vor dem Landgericht ging nur um das Strafmaß. Die bereits erfolgte Verurteilung wegen Untreue blieb nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2023, 6 StR 299/22) bestehen.

Zahlung unzulässiger Zulagen an Büroleiter

Hintergrund der Affäre sind Zulagen von rund 49.500 Euro, die der Büroleiter von Schostok zwischen April 2015 und Mai 2018 rechtswidrig erhalten hatte. Seit Oktober 2017 wusste Schostok nach Überzeugung des Gerichts von der Rechtswidrigkeit der Zulage, stoppte sie aber nicht.

Der SPD-Politiker war im März 2022 wegen Untreue zu einer Geldstrafe von 9.000 Euro verurteilt worden. Sein früherer Büroleiter und Chefjurist wurde freigesprochen. In einem ersten Prozess im April 2020 war Schostok vom Vorwurf der schweren Untreue freigesprochen worden, sein Ex-Büroleiter hatte eine Geldstrafe wegen Betrugs durch Unterlassen erhalten. Allerdings hat der Bundesgerichtshof die Urteile aufgehoben.

Früherer Oberbürgermeister wurde durch das Landgericht wegen Untreue verurteilt

Das Landgericht Hannover hat im zweiten Rechtsgang den früheren Oberbürgermeister der Stadt Hannover wegen Untreue zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu jeweils 100 Euro verurteilt und seinen Büroleiter vom Anklagevorwurf der Anstiftung zur Untreue freigesprochen.

Gegenstand des Urteils sind mit dem Besoldungsrecht unvereinbare Zulagenzahlungen an den Büroleiter als Leiter des Geschäftsbereichs "Büro Oberbürgermeister", die von dem bereits rechtskräftig wegen Untreue verurteilten früheren Personaldezernenten im April 2015 bewilligt wurden. Durch die Anstiftung des Personaldezernenten zu dieser Tat soll der angeklagte Büroleiter insgesamt fast 50.000 Euro erlangt haben. Ab der Kenntnisnahme eines Vermerks im Oktober 2017, aus dem sich die besoldungsrechtliche Unzulässigkeit der Zulagenzahlungen ergab, war der Oberbürgermeister über die Rechtswidrigkeit dieser Leistungen informiert, hat sie aber dennoch nicht sofort unterbunden. Hingegen hat der angeklagte Büroleiter zum Zeitpunkt seiner Anfrage an den Personaldezernenten die Rechtswidrigkeit der von ihm begehrten Zulage nicht erkannt, sondern insoweit auf dessen Fachkenntnisse als Personaldezernent vertraut.

Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Strafausspruches erfolgreich

Bereits mit Beschluss vom 21. Februar 2023 hat der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die auf die Sachrüge gestützte Revision des früheren Oberbürgermeisters verworfen. Aufgrund der auf die Strafzumessung beschränkten Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat nun das Urteil im Strafausspruch aufgehoben. Da das Landgericht keine konkreten Feststellungen zu den ihm durch die öffentliche Berichterstattung entstandenen Belastungen sowie ihm möglicherweise drohenden disziplinarrechtlichen Konsequenzen getroffen hat, durfte es diese Umstände nicht zu seinen Gunsten werten.

BGH bestätigt Freispruch des Büroleiters

Die gegen den Freispruch des Büroleiters gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat verworfen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts zum fehlenden Tatvorsatz weist keine Rechtsfehler auf. Aufgrund einer kritischen Würdigung der Beweismittel, insbesondere der E-Mails des Angeklagten sowie von Gesprächen mit dem stellvertretenden Leiter des Personalbereichs, durfte das Landgericht den Schluss ziehen, der Büroleiter habe sich zum Zeitpunkt seiner Anfrage an den Personaldezernenten keine Gedanken über die Zulässigkeit der Zulage gemacht (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2023, 6 StR 299/22).

Pressestelle des Bundesgerichtshofs / dpa