Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Eintritt der Genehmigungsfiktion im vereinfachten Verfahren bei Vorlage unvollständiger Bauvorlagen. Keine Hinweispflicht der Baubehörde auf die Unvollständigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Legt ein Bauherr im vereinfachen Baugenehmigungsverfahren nach § 64 LBO keine vollständigen Bauvorlagen vor, so kann die Genehmigungsfiktion nach § 64 Abs. 3 Satz 5 LBO nicht eintreten. Dies gilt auch dann, wenn die Baugenehmigungsbehörde nicht innerhalb der Frist des § 64 Abs. 3 Satz 1 LBO die Unvollständigkeit der Bauvorlagen rügt. Ob die Bauvorlagen vollständig sind, bestimmt sich nach der Bauvorlagenverordnung, wobei nach § 69 Abs. 2 Satz 1 LBO auch solche Unterlagen dem Bauantrag beizufügen sind, die Anforderungen betreffen, die im vereinfachten Verfahren nicht geprüft werden.

 

Normenkette

VwGO § 75; SVwVfG § 48; LBO §§ 64, 67, 69 Abs. 2 S. 1, § 70 Abs. 1, § 74 Abs. 1; BauVorlVO § 8

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 25.000,– Euro festgesetzt.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Genehmigung einer Fischzuchthalle mit Quarantänestation.

Mit dem Bauantrag vom 14.12.2004 beantragte der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Fischzuchthalle mit Quarantänestation auf dem Grundstück A-Straße in A-Stadt, Flur …, Parzellen-Nrn. … und …. Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 20.12.2004 mit, dass für sein Vorhaben das vereinfachte Genehmigungsverfahren gemäß § 64 LBO durchgeführt werde und der Antrag bearbeitungsfähig sei. Nach fortgeschrittener Prüfung werde die Nachforderung weiterer Unterlagen vorbehalten. Mit Schreiben vom selben Tag forderte der Beklagte Stellungnahmen gemäß § 70 LBO sowie bei der Beigeladenen die Erteilung des Einvernehmens gemäß § 36 BauGB an.

Die Untere Naturschutzbehörde wies daraufhin, dass aus den eingereichten Antragsunterlagen nicht ersichtlich sei, ob das Vorhaben privilegiert sei oder nicht. Ohne Nachweis der Privilegierung könne das Einvernehmen gemäß § 12 Saarländisches Naturschutzgesetz – SNG – nicht hergestellt werden. Die Untere Wasserbehörde teilte mit, der Steinbach sei durch eine Vielzahl von Weiheranlagen hydraulisch überlastet und den eingereichten Unterlagen könne nicht entnommen werden, inwiefern die geplante Anlage das Gewässer zusätzlich belaste. In der Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt ist ausgeführt, es bestünden aus raumordnerischer Sicht Bedenken. Es sei ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplanes und des Landschaftsplanes des Stadtverbandes Saarbrücken, eine Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Bodenschutzes und der natürlichen Eigenart und des Erholungswertes zu befürchten. Das Vorhaben sei potentiell geeignet, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen und die nachhaltige Wasserwirtschaft zu gefährden. Zudem lasse das Vorhaben die Verfestigung einer Splittersiedlung im Außenbereich befürchten. Die Beigeladene teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 17.02.2005 mit, dass sie das Einvernehmen nicht herstelle, weil das Vorhaben den Bestimmungen des § 35 Abs. 1 BauGB widerspreche, da die landwirtschaftliche Privilegierung nicht gegeben sei. Es würden öffentliche Belange tangiert, u.a. widerspreche das Vorhaben den Festsetzungen des rechtsgültigen Flächennutzungs- und des Landschaftsplanes. Außerdem sei die Erschließung nicht gesichert, da zu dem Grundstück nur ein Feldwirtschaftsweg führe und keine Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Kanalisation und die entsprechende Trinkwasserversorgung bestehe.

Auf das Anhörungsschreiben des Beklagten vom 14.03.2005, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung abzulehnen, beantragte der Kläger die Stellungnahmefrist zu verlängern, da er bei der Beigeladenen einen Antrag stellen wolle, den Flächennutzungsplan anzupassen und ein Sondernutzungsgebiet für sein Grundstück auszuweisen. Der Beklagte gewährte mit Schreiben vom 27.04.2005 eine Fristverlängerung bis zum 01.07.2005.

Mit Bescheid vom 08.09.2005 lehnte der Beklagte die Erteilung einer Baugenehmigung ab. Zur Begründung führte er aus, das Vorhaben, das im Außenbereich errichtet werden solle, sei nicht gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert. Seiner Verwirklichung stünden öffentliche Belange i.S. des § 35 Abs. 3 BauGB entgegen. Es widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplanes des Stadtverbandes Saarbrücken, der für den betroffenen Bereich eine „Grünfläche” darstelle. Das Vorhaben widerspreche auch den Darstellungen des im Dezember 2004 genehmigten L...

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