Das Wichtigste in Kürze:

1. In das EU-Führungszeugnis werden bei EU-Bürgern auf Antrag zusätzlich zu den Eintragungen eines einfachen oder erweiterten (Behörden-)Führungszeugnisses die im Strafregister des Herkunftsstaates gespeicherten Eintragungen aufgenommen.
2. In welchem Umfang Eintragungen mitgeteilt werden, richtet sich nach dem Recht des Herkunftsmitgliedstaates und wird von diesem entschieden.
3. Das EU-Führungszeugnisses ist bislang nicht sehr bekannt und verbreitet. Dadurch können erhebliche Sicherheitslücken entstehen.
4. Für die Erteilung des EU-Führungszeugnisses fällt eine Gebühr v. 17,00 EUR an.
 

Rdn 249

 

Literaturhinweise:

Küppers, Die Bedeutung des Bundeszentralregisters in der anwaltlichen Beratungspraxis – Teil 1, StRR 2014, 128

ders., Die Bedeutung des Bundeszentralregisters in der anwaltlichen Beratungspraxis – Teil 2, StRR 2014, 164

Rebmann, Die Eintragung ausländischer Urteile in das Bundeszentralregister, NStZ 1985, 529

Sollmann, Zu den neuen Regelungen zum Strafregisterinformationsaustausch innerhalb der Europäischen Union und zur Notwendigkeit ihrer Umsetzung in deutsches Recht, NStZ 2012, 253

s. i.Ü. die Hinw. bei → Bundeszentralregister, Führungszeugnis, Allgemeines, Teil E Rdn 2.

 

Rdn 250

1.a)aa) In das EU-Führungszeugnis werden bei EU-Bürgern gem. § 30b BZRG auf Antrag zusätzlich zu den Eintragungen eines einfachen oder erweiterten (Behörden-)Führungszeugnisses (→ Bundeszentralregister, Führungszeugnis, Behördenführungszeugnis, Teil E Rdn 195; → Bundeszentralregister, Führungszeugnis, einfaches, Teil E Rdn 214; → Bundeszentralregister, Führungszeugnis, erweitertes, Teil E Rdn 233) die im Strafregister des Herkunftsstaates gespeicherten Eintragungen aufgenommen. Die Einführung des EU-Führungszeugnisses zum 27.4.2012 beruhte auf europarechtlichen Vorgaben in Art. 6 Abs. 2 und 3 des Rb "ECRIS" ("ECRIS" steht für "European Criminal Records Information System"), durch den der Strafnachrichtenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten der EU verbessert werden sollte (vgl. zum internationalen Strafnachrichtenaustausch → Bundeszentralregister, Internationaler Strafnachrichtenaustausch, Teil E Rdn 261).

 

☆ Die Verbesserung des Strafnachrichtenaustauschs auf europäischer Ebene beruht auf den Erkenntnissen aus einigen spektakulären Kriminalfällen (z.B. der Fall Fourniret – ein Serienmörder, der seine Serientaten u.a. dadurch verschleiern konnte, indem er von Frankreich nach Belgien gezogen war), in denen sich die Täter allein durch den Wegzug ins Ausland ihrer strafrechtlichen Vergangenheit entledigt haben und auf diese Weise nicht als Serientäter identifiziert werden konnten.Erkenntnissen aus einigen spektakulären Kriminalfällen (z.B. der Fall Fourniret – ein Serienmörder, der seine Serientaten u.a. dadurch verschleiern konnte, indem er von Frankreich nach Belgien gezogen war), in denen sich die Täter allein durch den Wegzug ins Ausland ihrer strafrechtlichen Vergangenheit entledigt haben und auf diese Weise nicht als Serientäter identifiziert werden konnten.

Es handelt sich bei dem EU-Führungszeugnis um ein:

deutsches Führungszeugnis,
das vom BfJ ausgestellt wird,
das nur EU-Bürgern, die nicht zugleich die deutsche Staatsbürgerschaft haben, erteilt wird, und
in das zusätzlich zu den Eintragungen eines einfachen (§ 30 BZRG) oder erweiterten (§ 30a BZRG) (Behörden-)Führungszeugnisses,
die im Herkunftsstaat gespeicherten Eintragungen aufgenommen werden.
 

Rdn 251

bb) In ein EU-Führungszeugnis werden daher neben den Eintragungen nach den §§ 30 oder 30a BZRG (vgl. zu Führungszeugnissen im Allg. → Bundeszentralregister, Führungszeugnis, Allgemeines, Teil E Rdn 171) alle Angaben aufgenommen, welche von Herkunftsmitgliedstaat mitgeteilt werden. Diese Angaben werden nicht übersetzt und werden vollständig in dem Umfang aufgenommen, in dem sie tatsächlich mitgeteilt wurden. Die Mitteilung "Keine Eintragung" wird ebenfalls aufgenommen.

 

Rdn 252

cc) Es findet keine inhaltliche Überprüfung der Angaben durch das BfJ statt. Eine Aufnahme in das Führungszeugnis erfolgt zudem auch dann, wenn eine vergleichbare deutsche, im BZR eingetragene Verurteilung nicht in ein Führungszeugnis aufgenommen würde, weil z.B. die Frist zur Aufnahme in das Führungszeugnis abgelaufen ist oder die Voraussetzungen einer Aufnahme nach § 32 BZRG nicht vorliegen. Die (vorzeitige) Anordnung der Nichtaufnahme einer im Herkunftsmitgliedstaat eingetragenen Verurteilung in das EU-Führungszeugnis durch das BfJ nach § 39 BZRG ist ebenfalls nicht möglich (vgl. zu den Registervergünstigungen → Bundeszentralregister, Eintragungen, Registervergünstigungen, Teil E Rdn 104).

 

Rdn 253

b) Die Regelung über das EU-Führungszeugnis sieht aber zahlreiche Ausnahmen vor. So wird kein EU-Führungszeugnis erteilt in folgenden:

 

Rdn 254

 

Ausnahmefällen

an staatenlose Personen und Personen mit der Staatsangehörigkeit eines Nicht-EU-Mitgliedstaates. Für diese Personengruppe gibt es bislang kein Strafregister in einem Mitgliedstaat, in welchem zentral alle Verurteil...

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