Das Wichtigste in Kürze:

1. Das erweiterte Führungszeugnis hat praktische Bedeutung insbesondere für Personen, die im Bereich der öffentlichen Jugendhilfe (ehrenamtlich) tätig sind.
2. Das 2010 eingeführte erweiterte Führungszeugnis enthält nach § 32 Abs. 5 BZRG neben Verurteilungen, die in ein einfaches Führungszeugnis aufzunehmen sind, zum Kinder- und Jugendschutz auch bestimmte – auch geringfügige – Katalogstraftaten (Verstoß gegen die sexuelle Selbstbestimmung/persönliche Freiheit/Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht/Misshandlung von Schutzbefohlenen). Zugleich gelten für die Aufnahme der Eintragungen längere Fristen als bei einfachen Führungszeugnissen.
3. Für das erweiterte Führungszeugnis haben die Betroffenen nach § 30a BZRG noch einen schriftlichen Nachweis beizufügen, dass die Vorlage aus den Gründen des Kinder- und Jugendschutzes notwendig ist. So soll im Interesse der Betroffenen ein Missbrauch für andere Zwecke vermieden werden.
4. Auch das erweiterte Führungszeugnis wird nur auf Antrag und nur gegen Gebühr erteilt. Wird es für eine ehrenamtliche Tätigkeit benötigt, wird die Gebühr jedoch nicht erhoben.
 

Rdn 234

 

Literaturhinweise:

Frings, Erweitertes Führungszeugnis nach § 30a BZRG, SRa 2011, 213

Joussen, Das erweiterte Führungszeugnis im Arbeitsverhältnis NZA 2012, 776

Küppers, Die Bedeutung des Bundeszentralregisters in der anwaltlichen Beratungspraxis – Teil 1, StRR 2014, 128

ders., Die Bedeutung des Bundeszentralregisters in der anwaltlichen Beratungspraxis – Teil 2, StRR 2014, 164

Pfeiffer, Besserer Schutz von Kindern und Jugendlichen durch ein neues "erweitertes Führungszeugnis", NJW 2010, 1109

s. i.Ü. die Hinw. bei → Bundeszentralregister, Führungszeugnis, Allgemeines, Teil E Rdn 2.

 

Rdn 235

1.a) In der Praxis verlangen potenzielle Arbeitgeber vor der Einstellung oft ein Führungszeugnis der Bewerberin oder des Bewerbers, um anhand etwaiger Eintragungen die Eignung für Beschäftigungsverhältnisse unter dem Aspekt früherer Straffälligkeit überprüfen zu können. Das Führungszeugnis gibt im Interesse der Resozialisierung der Betroffenen aber immer nur einen Teil der Eintragungen im BZR wieder. Die Arten der Führungszeugnisse unterscheiden sich allein danach in welchem Umfang die Eintragungen gefiltert werden. Das erweiterte Führungszeugnisdient dabei vor allem dem Kinder- und Jugendschutz und gibt daher mehr Eintragungen wieder als das einfache Führungszeugnis. Es handelt sich um Eintragungen, die in besonderer Weise für die Eignungsprüfung für den Umgang mit Kindern von Bedeutung sind.

 

Rdn 236

b)aa) Soweit die Voraussetzungen des § 30a Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BRZG erfüllt sind, ergibt sich regelmäßig ein Recht des Arbeitgebers auf Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses durch den Arbeitnehmer (z. Vorlagepflicht i.Ü. → Bundeszentralregister, Führungszeugnis, Allgemeines, Teil E Rdn 188). Soweit die Voraussetzungen des § 30a BRZG dagegen nicht erfüllt sind, wird der Arbeitgeber i.d.R. die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses nicht verlangen können. Eine Vorlageverpflichtung auf der Grundlage des § 30a Abs. 1 Nr. 2c) BRZG erfordert einen Kontakt des Arbeitnehmers zu Minderjährigen, der zu einer besonderen Gefahrensituation werden kann. Bei der Einschätzung der Frage, ob eine besondere Gefahrensituation entstehen kann, steht dem Arbeitgeber ein Beurteilungsspielraum zu. Die bloße Möglichkeit, dass ein Arbeitnehmer zukünftig mit minderjährigen Klienten, Praktikanten oder Auszubildenden in Kontakt treten könnte (z.B. als Betriebsrat), rechtfertigt die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses regelmäßig nicht (LAG Hamm PflR 2014, 710).

 

Rdn 237

c) Besondere praktische Bedeutung hat das erweiterte Führungszeugnis für Personen, die im Bereich der öffentlichen Jugendhilfe (ehrenamtlich) tätig sind. § 72a SGB VIII fordert nämlich von ihnen eine regelmäßig zu wiederholende besondere Eignungsprüfung durch die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses. Dadurch sollen sich die Träger der freien Jugendhilfe über die Eignung aller in diesem Bereich tätigen Mitarbeitenden auf dem Laufenden halten.

 

☆ Dadurch erhalten die Träger der Jugendhilfe allerdings unter Umständen auch Kenntnis von Verurteilungen, die für die Eignungsprüfung nach § 72a SGB VIII nicht erforderlich ist. So dürfen bei der Eignungsprüfung , nur bereichsspezifische (Nach-)Verurteilungen zum Nachteil der Betroffenen berücksichtigt werden. So darf im Rahmen des § 72a SGB VIII eine Person grds. nur entlassen werden, wenn sie wegen einer Straftat mit Bezug zum Kinder- und Jugendschutz verurteilt wurde. Eine Verurteilung etwa wegen Beförderungserschleichung oder Steuerhinterziehung ist i.d.R. arbeitsrechtlich unerheblich.Eignungsprüfung, nur bereichsspezifische (Nach-)Verurteilungen zum Nachteil der Betroffenen berücksichtigt werden. So darf im Rahmen des § 72a SGB VIII eine Person grds. nur entlassen werden, wenn sie wegen einer Straftat mit Bezug zum Kinder- und Jugendschutz verurteilt wurde. Eine Verurteilung etwa wegen Beförderung...

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