Das Wichtigste in Kürze:

1. Die §§ 97 bis 101 JGG regeln die Beseitigung des Strafmakels. Im Erwachsenenstrafrecht findet sich dazu keine Parallele. Die Beseitigung des Strafmakels ist eine Besonderheit des Jugendstrafrechts.
2. Die Beseitigung des Strafmakels führt nicht zur Tilgung der Eintragung im Bundeszentralregister. Sie hat jedoch Auswirkungen auf das Führungszeugnis und die Tilgungsfristen.
3. Der Jugendrichter erklärt nach § 97 JGG den Strafmakel u.a. für beseitigt, wenn die Strafe verbüßt oder gem. § 88 Abs. 6 i.V.m. § 26a JGG erlassen wurde.
4. Antragsberechtigt ist u.a. der Verurteilte. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss, gegen den sofortige Beschwerde eingelegt werden kann.
5. Bei Jugendstrafen von unter zwei Jahren, bei denen zumindest ein Teil der Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, wird mit dem Erlass der Jugendstrafe gem. § 100 JGG auch gleichzeitig der Strafmakel als beseitigt erklärt.
6. Die Beseitigung des Strafmakels kann widerrufen werden.
 

Rdn 898

 

Literaturhinweise:

Desseker, Kriminalitätsbekämpfung durch Jugendstrafrecht?, StV 1999, 683

s.a. die Hinweise bei → Jugendliche, Vollstreckung, Allgemeines, Teil B Rdn 725 m.w.N.

 

Rdn 899

1.a) Die §§ 97 bis 101 JGG regeln die Beseitigung des Strafmakels. Im Erwachsenenstrafrecht findet sich dazu keine Parallele. Statistische Erhebungen oder sozialwissenschaftliche Arbeiten zur Praxis der Beseitigung des Strafmakels sind – soweit ersichtlich – nicht vorhanden.

 

Rdn 900

Es handelt sich um eine durch richterliche Entscheidung bewirkte registerrechtlichen Besserstellung von zu Jugendstrafe verurteilten Tätern (HK-JGG/Verrel § 97 Rn 1). Die Vorschrift gilt für Jugendliche, aber auch für Heranwachsende, die zu einer Jugendstrafe verurteilt wurden (§ 111 JGG); s. dazu ausführlich bei Burhoff/Kotz/Schimmel, RM, Teil A, Rn 1020 ff. 

 

Rdn 901

Die Beseitigung des Strafmakels kommt in zwei Varianten vor:

automatische, aber besonders auszusprechende Folge in bestimmten Fällen des Straferlasses (§ 100 JGG) oder
durch Richterspruch (von Amts wegen oder auf Antrag) nach Prüfung der "Rechtschaffenheit" (§ 97 JGG)
 

☆ Die Voraussetzungen sind unterschiedlich, die registerrechtlichen Folgen jedoch dieselben.registerrechtlichen Folgen jedoch dieselben.

Ausgenommen von der Beseitigung des Strafmakels sind Verurteilungen wegen eines Sexualdelikts gem. §§ 174180 oder 182 StGB.

 

Rdn 902

b) In den §§ 97101 JGG sind die Voraussetzungen und das Verfahren geregelt. Die Rechtsfolgen ergeben sich aus dem BZRG. Die jeweilige Variante richtet sich nach der Höhe der Jugendstrafe sowie der (Rest)Strafenaussetzung zur Bewährung.

 
Jugendstrafe < 2 Jahren; Bewährung o. Teilverbüßung → § 100 JGG
Jugendstrafe < 2 Jahren; Vollverbüßung → § 97 JGG
Jugendstrafe > 2 Jahren; Teil- oder Vollverbüßung → § 97 JGG
 

Rdn 903

2. Beseitigung des Strafmakels führt zu folgenden registerrechtlichen Wirkungen:

die Beseitigung wird im Register vermerkt (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 BZRG),
die Verurteilung bleibt weiterhin im Zentralregister wird jedoch nicht mehr in ein Führungszeugnis eingetragen (§ 32 Abs. 2 Nr. 4 BZRG; → Bundeszentralregister, Führungszeugnis, einfaches, Teil E Rdn 214 ff.),
allerdings bleibt die Verurteilung von bestimmten Delikten in einem erweiterten Führungszeugnis § 30a BZRG (vgl. § 32 Abs. 5 BZRG; → Bundeszentralregister, Führungszeugnis, erweitertes, Teil E Rdn 233 ff.),
die Eintragung in ein Führungszeugnis erfolgt auch dann nicht, wenn von mehreren Verurteilungen nur eine eintragungspflichtig ist (§ 38 Abs. 2 Nr. 2 BZRG),
die Verurteilung darf nur noch den Strafgerichten und Staatsanwälten für eine Strafverfolgung des Verurteilten mitgeteilt werden (§ 41 Abs. 3 BZRG). Die Mitteilung erfolgt nur auf ein ausdrückliches Ersuchen, wobei der Zweck des Auskunftsverlangen anzugeben ist. Die Auskunft darf auch nur für diesen Zweck verwendet werden (§ 41 Abs. 4 BZRG),
der Betroffene muss weder die Verurteilung selbst noch den zugrunde liegenden Sachverhalt offenbaren (§ 53 Abs. 1 Nr. 1 BZRG), außer gegenüber der Staatsanwaltschaft und Strafgerichten, sofern er darüber belehrt wurde (§ 53 Abs. 2 i.V.m. § 41 Abs. 3 BZRG).
Die Tilgungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 46 Abs. 1 Nr. 1f BZRG)
 

☆ Die Beseitigung des Strafmakels darf nicht mit der Tilgung verwechselt werden. Sie führt nicht zu einem Verwertungsverbot !nicht zu einem Verwertungsverbot!

Insofern kann die Jugendstrafe bei einer Einbürgerungsentscheidung berücksichtigt werden, wenn die Einbürgerungsbehörde Kenntnis von der Verurteilung aus den Ausländerakten hat (BVerwG ZJJ 2014, 293). Die Beseitigung des Strafmakels beschränkt auch nicht das Tilgungsverbot des § 47 Abs. 3 S. 1 BZRG (BGH StraFo 2009, 243).

 

Rdn 904

3.a) Der Jugendrichter erklärt nach § 97 JGG den Strafmakel für beseitigt, wenn

die Strafe verbüßt oder gem. § 88 Abs. 6 i.V.m. § 26a JGG erlassen wurde, wozu auch der Erlass durch eine Amnestie zählt (Ostendorf/Goerdeler, § 97 Rn 4; → Bewährung, Jugendliche, Straferlass, Teil A Rdn 113 ff.), und
er die...

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