Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Rechtsfolgen des Jugendstrafverfahrens sind vielfältiger und flexibler als die des allgemeinen Strafrechts.
2. Voraussetzung für die Einleitung der Vollstreckung ist – wie im allgemeinen Vollstreckungsrecht – grundsätzlich die Rechtskraft des Urteils.
3. Bei der Vollstreckung nach Jugendstrafrecht sind bestimmte Grundsätze zu beachten.
4. Im jugendrichterlichen Verfahren können dieselben Anträge wie im allgemeinen Vollstreckungsverfahren gestellt werden.
5. Die Vollstreckung richterlicher Entscheidungen ist grds. keine Spruchrichtertätigkeit, sondern der Justizverwaltung zuzurechnen.
6. Auch im Vollstreckungsverfahren des JGG-Verfahrens kann ggf. die Bestellung eines Pflichtverteidigers in Betracht kommen.
7. § 74 JGG, der die Möglichkeit eröffnet, von der Auferlegung der Kosten abzusehen, ist auch im Vollstreckungsverfahren anwendbar.
8. Der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter vollstreckt jedoch im OWi-Verfahren.
9. In einigen Bundesländern ist der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter auch zuständige Gnadenbehörde.
10. Dem Jugendrichter obliegt auch die Führungsaufsicht.
 

Rdn 725

 

Literaturhinweise:

Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. (DVJJ), "Kölner Richtlinien" zur notwendigen Verteidigung in Jugendstrafverfahren – Erläuterungen des geltenden Rechts, NJW 1989, 1024

Eisenberg/Wolski, Anm. zu OLG Stuttgart, NStZ 1986, 220

Frenzel, Gutachten über die Vollstreckung der Jugendstrafen durch die Vollstreckungsbehörde des Amtsgerichts Tiergarten, 1998

Hartmann-Hilter, Notwendige Verteidigung im jugendgerichtlichen Vollstreckungsverfahren § 83 Abs. 3 S 2 JGG – eine vergessene Vorschrift, StV 1988, 312

Höynck/Klausmann, Ordnungsrechtliche Durchsetzung der Schulpflicht durch Jugendarrest, ZJJ 2012, 403

Katholnigg, Anmerkung zu OLG Hamm, JR 1988, 260

Linnartz/Sütterlin-Müsse, Jung, weiblich, schwanger, inhaftiert – und nun? Über die (Un-)Möglichkeiten des Jugendstrafvollzugs von Schwangeren, ZJJ 2013, 407

Lissner, Die Jugendstrafvollstreckung – das Mysterium, StraFo 2013, 485

Ostendorf, Neue Rechtsprobleme bei der Entlassung auf Bewährung aus dem Jugendstrafvollzug, NJW 2000, 1090

Radbruch, Zur Reform der Verteidigung in Jugendstrafsachen, StV 1993, 553

Wagner, Aufgaben und Stellung des Vollstreckungsleiters nach dem Jugendgerichtsgesetz, ZfJ 1991, 334

Walter, Einführung in die "Kölner Richtlinien" zur notwendigen Verteidigung in Jugendstrafverfahren, NJW 1989, 1022.

 

Rdn 726

1.a) Die Rechtsfolgen des Jugendstrafverfahren sind vielfältiger und flexibler als die des allgemeinen Strafrechts (Burhoff, HV, Rn 1748 ff.). Insofern gestaltet sich die Vollstreckung auch anders als bei Erwachsenen. Gemeinsam ist beiden Vollstreckungsverfahren, dass sie das richterliche Wort vollstrecken. Während jedoch die Erwachsenenstrafvollstreckung den Schutz der Allgemeinheit und den Sanktionscharakter favorisiert, steht bei Jugendlichen der Erziehungsgedanke im Vordergrund (Lissner StraFo 2013, 486). Dieser ist bei Auslegung und Anwendung (auch) der Vollstreckungsvorschriften zu beachten.

 

Rdn 727

b) Durch die unterschiedliche Zielrichtung unterscheiden sich auch die anzuwendenden Vorschriften. Abweichend vom allgemeinen Strafverfahrensrecht, nach dem die Strafvollstreckung gem. § 451 durch die StA als Vollstreckungsbehörde bzw. gem. § 462a durch die Strafvollstreckungskammer erfolgt, ist der Jugendrichter nach § 82 Abs. 1 JGG einheitlich Vollstreckungsleiter. Ein besonderes Strafvollstreckungsgericht – vergleichbar den Strafvollstreckungskammern im allgemeinen Vollstreckungsrecht – existiert nicht. S. auch → Jugendliche, Vollstreckung, Zuständigkeit, Teil B Rdn 941.

 

Rdn 728

c) Die Vorschriften über die Vollstreckung gelten auch für

nach Jugendstrafrecht verurteilte Heranwachsende (§ 110 Abs. 1 JGG)
von allgemeinen Gerichten verurteilte Jugendliche (vgl. § 84 Abs. 2 JGG).
 

Rdn 729

d) Regelungen zur Vollstreckung jugendstrafrechtlicher Verurteilungen finden sich in den §§ 82 ff. JGG und den RLJGG zu §§ 8285 JGG, die durch die §§ 449463d StPO ergänzt werden, soweit diese nicht durch das JGG ausgeschlossen sind. Die StVollstrO gilt ebenfalls nur subsidiär (§ 1 Abs. 3 StVollstrO).

 

Rdn 730

2. Voraussetzung für die Einleitung der Vollstreckung ist – wie im allgemeinen Vollstreckungsrecht – grds. die Rechtskraft des Urteils. Diese Voraussetzung kann bei der Vollstreckung von Jugendstrafe durch die Möglichkeit der Teilvollstreckung nach § 56 JGG durchbrochen werden (→ Jugendliche, Vollstreckung, Jugendstrafe, Teil B Rdn 864 ff.). Wenn sich der Tatrichter ausdrücklich vorbehält, vor der Einleitung der Strafvollstreckung erneut die Voraussetzungen einer Strafaussetzung zu prüfen, so ist diese Sachprüfung neben der Rechtskraft des Schuld- und Strafausspruchs Voraussetzung für die Einleitung der Strafvollstreckung (KG NStZ 1988, 182; a.A. OLG Stuttgart NStZ 1986, 219 mit abl. Anm. Eisenberg/Wolski NStZ 1986, 220).

 

Rdn 731

3. Grundsätze der Vollstreckung nach Jugendstrafrecht:

Vollstre...

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