Das Wichtigste in Kürze:

1. Anders als im allgemeinen Strafrecht ist nicht die StA (§ 451 StPO) bzw. die Strafvollstreckungskammer (§ 462a StPO) sachlich zuständig, sondern gem. § 82 Abs. 1 JGG ist der Jugendrichter einheitlicher Vollstreckungsleiter.
2. Die Einleitung der Vollstreckung obliegt nach § 84 Abs. 1 JGG dem erkennenden Jugendrichter Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach der zu vollstreckenden Sanktion. Bei stationären Maßnahmen geht die örtliche Zuständigkeit auf den Jugendrichter über, in dessen Bezirk die Anstalt liegt.
3. Der Rechtspfleger ist nur unterstützend tätig. Die Entscheidungen sind alle dem Jugendrichter vorbehalten.
 

Rdn 940

 

Literaturhinweise:

Reiß, Der Rechtspfleger in der Jugendstrafvollstreckung. Ist der Erlaß einer Rechtsverordnung nach § 31 Abs 5 S 3 RPflG erforderlich?, Rpfleger 1987, 54

Franze, Probleme des Vollzugs der Jugendstrafe nach Erwachsenenrecht, Jura 1997, 72

Kühn, Vollstreckung nach Herausnahme aus dem Jugendvollzug, NStZ 1992, 526

s.a. die Hinweise bei → Jugendliche, Vollstreckung, Allgemeines, Teil B Rdn 725 m.w.N.

 

Rdn 941

1. Anders als im allgemeinen Strafrecht ist nicht die StA (§ 451 StPO) bzw. die Strafvollstreckungskammer (§ 462a StPO) sachlich zuständig, sondern gem. § 82 Abs. 1 JGG ist der Jugendrichter einheitlicher Vollstreckungsleiter. Er nimmt also auch Aufgaben war, die die StPO der Strafvollstreckungskammer zugewiesen hat (→ Jugendliche, Vollstreckung, Allgemeines, Teil B Rdn 731 ff.; → Erwachsene, Freiheitsstrafe ohne Bewährung, Aussetzung der Reststrafe, Allgemeines, Teil B Rdn 260 ff.).

Im Übrigen gelten folgende

 

Rdn 942

 

Zuständigkeitszuweisungen

Der Jugendrichter vollstreckt seine eigenen Entscheidungen, aber auch Entscheidungen, die von der Jugendkammer im ersten Rechtszug oder von einem für allgemeine Strafsachen zuständigen Gericht getroffen wurden. Dies gilt auch, wenn erstinstanzlich ein OLG entschieden hat; § 462a Abs. 5 findet keine Anwendung. Das OLG ist dann für Beschwerden gegen Entscheidungen des Jugendrichters als Vollstreckungsleiter zuständig (OLG Düsseldorf NStZ 2001, 616).
In den Fällen, in denen der Vollstreckungsleiter über seine eigene Anordnung zu entscheiden hätte, tritt die Jugendkammer an die Stelle des Vollstreckungsleiters (§ 83 Abs. 2 JGG). Z.B. ist gegen die Entscheidung des Jugendrichters als Vollstreckungsleiter über die Ablehnung einer Unterbrechung der Vollstreckung die sofortige Beschwerde zulässig, über die die Jugendkammer zu entscheiden hat (OLG Karlsruhe NStZ 1993, 104; → Jugendliche, Vollstreckung, Rechtsschutz, Teil B Rdn 869 ff.).
Die StA und die StVK sind nur nach bindender Abgabe der Vollstreckung nach § 85 Abs. 6 JGG zuständig (→ Jugendliche, Vollstreckung, Jugendstrafe, Teil B Rdn 845).
Sind Jugendstrafe und Freiheitsstrafe gegen denselben Verurteilten zu vollstrecken, so sind für die Vollstreckung der Jugendstrafe der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter und für die Vollstreckung der Freiheitsstrafe die StA und die StVK zuständig (BGHSt 28, 351). Der in § 462a Abs. 4 enthaltene Konzentrationsgrundsatz erstreckt sich nicht auf die Vollstreckung von Jugendstrafen (BGH StraFo 2007, 258; vgl. dazu → Jugendliche, Vollstreckung, Jugendstrafe, Teil B Rdn 836).
Zur Entscheidung über Maßnahmen zur Festnahme eines Verurteilten nach § 457 Abs. 3 S. 3 StPO (hier: Überwachung der Telekommunikation zur Ergreifung des Verurteilten) ist auch bei der Vollstreckung von Jugendstrafe das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig (OLG Celle StraFo 2014, 172).
 

Rdn 943

2.a) Für die örtliche Zuständigkeit gilt: Die Einleitung der Vollstreckung obliegt nach § 84 Abs. 1 JGG dem erkennenden Jugendrichter. Der erkennende Jugendrichter ist demnach primärer Vollstreckungsleiter. Der Jugendrichter leitet die Vollstreckung in allen Verfahren ein, in denen er selbst oder unter seinem Vorsitz das Jugendschöffengericht im ersten Rechtszuge erkannt hat (§ 84 Abs. 1 JGG). Er bleibt auch dann zuständig, wenn ein Rechtsmittelgericht die Sanktion bestimmt hat. Im Falle einer nachträglichen Entscheidung gem. § 66 JGG (→ JGG-Besonderheiten, Entscheidungsergänzungen, nachträgliche, Teil A Rdn 518 ff.) ist der Richter zuständig, der die Entscheidung getroffen hat (Ostendorf/Rose § 84 Rn 2).

 

Rdn 944

Soweit die Entscheidung eines der Jugendkammer oder eines Erwachsenengerichts zu vollstrecken ist, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach den familienrechtlichen Zuständigkeitsvorschriften des FamFG (§ 84 Abs. 2 JGG i.V.m. § 151 Nr. 8 FamFG), insbesondere nach § 152 FamFG. Insofern ist der Jugendrichter örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Jugendliche bzw. Heranwachsende seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hierbei ist der tatsächliche Aufenthalt entscheidend. Es kommt nicht darauf an, ob dieser Ort frei gewählt wurde (BGH StraFo 2005, 480). Hat der Jugendliche keinen inländischen gewöhnlichen Aufenthalt, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge bekannt wird (§ 152 Abs. 3 FamFG; BGH StraFo 2014, 523).

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