Das Wichtigste in Kürze:

1. Über den Antrag entscheidet das Gericht, bei dem die Frist hätte eingehalten werden müssen.
2. Im Verfahren ist dem Angeklagten/Betroffenen rechtliches Gehör zu gewähren.
3. Über den Wiedereinsetzungsantrag wird durch Beschluss entschieden.
4. Durchbricht die positive Wiedereinsetzungsentscheidung die Rechtskraft einer Entscheidung gilt § 47 Abs. 3.
5. Wird der Wiedereinsetzungsantrag verworfen, ist nach § 46 Abs. 3 sofortige Beschwerde zulässig.
 

Rdn 1501

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Allgemeines, Teil B Rdn 1479.

 

Rdn 1502

1. Zum (Wiedereinsetzungs-)Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:

 

Rdn 1503

a) Über den Antrag entscheidet im Strafverfahren nach § 46 Abs. 1 das Gericht, bei dem die Frist hätte eingehalten werden müssen. Selbst wenn der Antrag zulässiger Weise beim Rechtsmittelgericht eingelegt wurde, hat zunächst der Instanzgericht zu entscheiden (LR-Graalmann-Scheerer, § 46 Rn 5 ff.).

 

☆ Hat ein unzuständiges Gericht entschieden, also z.B. das Tatgericht anstelle des Revisionsgerichts, ist das aber für das weitere Verfahren bindend ( Meyer-Goßner/Schmitt , § 46 Rn 7 m.w.N.).unzuständiges Gericht entschieden, also z.B. das Tatgericht anstelle des Revisionsgerichts, ist das aber für das weitere Verfahren bindend (Meyer-Goßner/Schmitt, § 46 Rn 7 m.w.N.).

 

Rdn 1504

b) Im Bußgeldverfahren richtet sich die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag nach § 52 Abs. 1 und 2 OWiG. Insoweit gilt:

Grds. entscheidet über den Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Einspruchsfrist die Verwaltungsbehörde (§ 52 Abs. 2 S. 1 OWiG).
Das AG entscheidet über den Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Einspruchsfrist nach § 52 Abs. 2 S. 2 OWiG, wenn es mit dem Rechtsbehelf selbst schon befasst ist. Das ist dann der Fall, wenn ihm die Akten nach Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zur Entscheidung bereits vorgelegt worden sind und die Verwaltungsbehörde eine Fristversäumung übersehen hat (Göhler/Seitz, § 52 Rn 38). Das OLG hat insoweit keine Zuständigkeit (vgl. dazu Göhler/Seitz, § 52 Rn 4).
Über die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde entscheidet nach § 46 Abs. 1, § 52 Abs. 1 OWiG das OLG.
Über den Wiedereinsetzungsantrag nach § 74 Abs. 4 OWiG entscheidet das AG.
 

Rdn 1505

2. Im Verfahren ist dem Angeklagten/Betroffenen rechtliches Gehör zu gewähren. Insbesondere ist er ggf. aufzufordern, ergänzende Mittel der Glaubhaftmachung beizubringen, falls das vorliegende Material aus Sicht des Gerichts nicht ausreichend erscheint (vgl. → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Antrag,Teil B Rdn 1485).

 

☆ Nach § 45 Abs. 2 S. 1 kann die Glaubhaftmachung im Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag nachgeholt werden.Glaubhaftmachung im Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag nachgeholt werden.

 

Rdn 1506

3. Über den Wiedereinsetzungsantrag wird durch Beschluss entschieden, der entweder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt oder den Wiedereinsetzungsantrag verwirft.

 

Rdn 1507

4.a) Durchbricht die positive Wiedereinsetzungsentscheidung die Rechtskraft einer Entscheidung, also z.B. eines Berufungsurteils, gilt § 47 Abs. 3 (vgl. zum früheren Rechtszustand BVerfG NJW 2005, 3131 m.w.N. m. Anm. Mosbacher NJW 2005, 3110 m.w.N.). Danach werden ggf. Haftbefehle und Unterbringungsbefehle bzw. "sonstige Anordnungen", die zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft bestanden haben und gegenstandslos geworden sind, wieder wirksam werden. Die damit zusammenhängenden Fragen spielen vor allem eine Rolle, wenn die Frist zur Einlegung der Berufung oder Revision gegen ein Urteil versäumt und dagegen Wiedereinsetzung gewährt worden ist. Sie können aber auch Bedeutung erlangen, wenn die Einspruchsfrist gegen den Strafbefehl nicht eingehalten wurde (→ Berufung, Allgemeines, Teil A Rdn 1, m.w.N.; → Revision, Einlegung, Frist, Teil A Rdn 2123; → Strafbefehl, Einspruch, Teil B Rdn 743; allgemein zu Fristen → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Fristen, Allgemeines, Teil A Rdn 1545, m.w.N.).

 

Rdn 1508

b) § 47 Abs. 3 unterscheidet zwischen Maßnahmen mit und Maßnahmen ohne freiheitsentziehendem Charakter (s. eingehend Burhoff StRR 2007, 18). Dazu folgender

 

Rdn 1509

 

Überblick:

Bei Maßnahmen mit freiheitsentziehendem Charakter, also beim Haftbefehl und beim Unterbringungsbefehl, richtet sich das Verfahren nach § 47 Abs. 3 S. 2 und 3. Nach S. 2 hat bereits das Wiedereinsetzungsgericht den Haft- oder Unterbringungsbefehl aufzuheben, wenn sich "ohne weiteres" ergibt, dass dessen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Anderenfalls hat das Tatgericht nach S. 3 eine unverzügliche Haftprüfung durchzuführen (vgl. die verschiedenen Fallkonstellationen bei Burhoff StRR 2007, 15, 16 ff.). Eine verbüßte Strafhaft wandelt sich nachträglich aber nicht rückwirkend in U-Haft um (BGHSt 18, 34; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.5.2009 – III-3 Ws 179/09).

 

☆ Die Formulierung ohne weiteres in § 47 Abs. 3 S. 2 entspricht der Formulierung in § 126 Abs....

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