Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Haftprüfung kann schriftlich oder mündlich erfolgen.
2. Der Beschuldigte und/oder der Verteidiger können gegenüber dem Gericht einen Antrag auf schriftliche Haftprüfung stellen (§ 117 Abs. 1).
3. Die schriftliche Haftprüfung ist auch für Haftbefehle nach § 230 Abs. 2, nach § 236 und nach § 329 Abs. 4 S. 1 statthaft.
4. Eine Überprüfung im Rahmen der Haftprüfung ist während der gesamten Dauer des Verfahrens möglich. Der Haftbefehl muss sich aber in Vollzug befinden.
5. Für den Haftprüfungsantrag gelten die allgemeinen Regeln.
6. Das Gericht entscheidet nach Gewährung rechtlichen Gehörs.
7. Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
8. Die Frage der Besetzung der Strafkammer bzw. des Schöffengerichts bei der Entscheidung ist str.
9. Gegen eine ablehnende Entscheidung im Rahmen der schriftlichen Haftprüfung kann Haftbeschwerde eingelegt werden.
 

Rdn 934

 

Literaturhinweise:

Beulke/Witzigmann, Das Akteneinsichtsrecht des Strafverteidigers in Fällen der Untersuchungshaft, NStZ 2011, 254

Börner, Grenzfragen der Akteneinsicht nach Zwangsmaßnahmen, NStZ 2010, 417

Borggräfe/Schütt, Grundrechte und dinglicher Arrest – zugleich Anmerkung zum Beschluss des BVerfG vom 19.1.2006, StraFo 2006, 133

Esser/Gaede/Tsambikakis, Übersicht zur Rechtsprechung des EGMR in den Jahren 2008 bis Mitte 2010 – Teil I, NStZ 2011, 78

Hohmann, Rechtsbehelf bei "Überhaft": Antrag auf Haftprüfung oder Haftbeschwerde?, NJW 1990, 1649

Kempf, Zur Gewährung von Akteneinsicht bei Untersuchungshaft (Anm. zu EGMR), StV 2001, 207

Park, Der Anspruch auf rechtliches Gehör im Rechtsschutzverfahren gegen strafprozessuale Zwangsmaßnahmen, StV 2009, 276

Scharf/Kropp, Zeitliche Schranken beim Haftbefehl nach § 230 StPO, NStZ 2000, 297

Strafner, Akteneinsicht im Haftbeschwerde-Verfahren, NStZ 2009, 164

Weider, Das Gesetz zur Änderung des Untersuchungshaftrechts, StV 2010, 102, 105

s.a. die Hinw. bei → Untersuchungshaft, Allgemeines, Teil B Rdn 888, und bei → Untersuchungshaft, Haftprüfung, mündliche, §§ 117 Abs. 1, 118 Abs. 1 StPO, Teil B Rdn 838.

 

Rdn 935

1. Die Haftprüfung kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Ergänzend zu den Ausführungen hier finden sich deshalb weitergehende Informationen auch unter → Untersuchungshaft. Haftprüfung, mündliche §§ 117 Abs. 1, 118 Abs. 1 StPO, Teil B Rdn 907. Die dortigen Ausführungen ergänzen die Überlegungen zur schriftlichen Haftprüfung, ohne dass sie hier wiederholt werden.

 

Rdn 936

2. Der Beschuldigte (zum Begriff vgl. § 118b) kann gegenüber dem Gericht einen Antrag auf schriftliche Haftprüfung stellen (§ 117 Abs. 1). Das Recht steht auch seinem Verteidiger, diesem allerdings nicht gegen den Willen seines Mandanten (vgl. § 118b i.V.m. § 297) zu. Gleiches gilt für einen Jugendlichen, dessen gesetzlichen Vertreter und den Erziehungsberechtigten, diesen aber jeweils auch gegen den Willen des Beschuldigten (vgl. § 118b i.V.m. § 298 bzw. § 67 Abs. 1 JGG).

 

☆ Der Beschuldigte ist über sein Antragsrecht zu belehren (§ 115 Abs. 4).Beschuldigte ist über sein Antragsrecht zu belehren (§ 115 Abs. 4).

 

Rdn 937

StA und Nebenkläger sind nicht antragsberechtigt (KK-Graf, § 117 Rn 2; SSW-StPO/Herrmann, § 117 Rn 11; LR-Hilger, § 117 Rn 12).

 

Rdn 938

3. Die schriftliche Haftprüfung ist auch für Haftbefehle nach § 230 Abs. 2, nach § 236 und nach § 329 Abs. 4 S. 1 statthaft (OLG Stuttgart MDR 1990, 75; s. auch KK-Graf, § 117 Rn 2; Meyer-Goßner/Schmitt, § 117 Rn 2; Scharf/Kropp NStZ 2000, 297), nicht aber für den Sicherungshaftbefehl (§ 453c Abs. 2 S. 2; vgl. LG Freiburg NStZ 1989, 387 [mit Anm. Fuchs NStZ 1989, 388 und Anm. Fischer NStZ 1990, 52]).

 

Rdn 939

4.a) Eine Überprüfung im Rahmen der Haftprüfung ist während der gesamten Dauer des Verfahrens möglich.

 

Rdn 940

b) Der Haftbefehl muss sich aber in Vollzug befinden (OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 1996, 302; Burhoff, EV, Rn 3760; KK-Graf, § 117 Rn 2; LR-Hilger, § 117 Rn 6; Hohmann NJW 1990, 1649; Meyer-Goßner/Schmitt, § 117 Rn 4; SK-StPO/Paeffgen, § 117 Rn 5 a.E.; Schlothauer/Weider, Rn 736; s.u. zu einer Ausnahme). Ausnahmsweise kann aber auch die Aufhebung eines außer Vollzug befindlichen Haftbefehls begehrt werden (s. OLG Karlsruhe Justiz 1986, 144; KK-Graf, a.a.O.).

 

☆ Eine Ausnahme ist zudem anzunehmen, wenn der Vollzug des Haftbefehls unmittelbar bevorsteht , weil z.B. Überhaft notiert ist und eine zu vollstreckende Strafhaft endet. Dann muss dem Beschuldigten bereits präventiv die Möglichkeit zu effektivem Rechtsschutz zur Verfügung stehen (OLG Hamburg MDR 1974, 861; LG Saarbrücken NJW 1990, 1679; LG Stuttgart NJW 1990, 1679; s. auch KK- Graf , § 117 Rn 2; SSW- Herrmann , StPO, § 117 Rn 14; LR- Hilger , § 117 Rn 8; Meyer-Goßner/Schmitt , § 117 Rn 4). Er muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass der Haftbefehl zunächst in Vollzug zu setzen ist um ihn dann angreifen zu können.Ausnahme ist zudem anzunehmen, wenn der Vollzug des Haftbefehls unmittelbar bevorsteht, weil z.B. Überhaft notiert ist und eine zu vollstreckende Strafhaft endet. Dann muss dem Beschuldigten bereits p...

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