Das Wichtigste in Kürze:

1. Der gesetzlich vorgesehene Rechtsschutz im Rahmen von Anordnung und Vollzug der U-Haft ist vielfältig.
2. Die Rechtsbehelfe haben – mit Ausnahme der weiteren Beschwerde – keinen Devolutiveffekt.
3. Trotz der Fülle an Rechtsschutzmöglichkeiten handelt es sich aber in der Praxis regelmäßig um nur "stumpfe Waffen".
4. Für eine sachgerechte und angemessene Bearbeitung bedarf es immer der umfassenden Akteneinsicht in sämtliche Aktenteile.
5. Die Verteidigung kann vor der Ergreifung eines Rechtsbehelfes entweder das Ergebnis bereits eingeleiteter weiter gehender Ermittlungen (Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten etc.) abwarten oder diese selbst initiieren.
6. Eine Haftentscheidung hat, gleichgültig ob sie nun positiv oder negativ ausfällt, regelmäßig präjudizierende Wirkung auf das gesamte Strafverfahren.
7. Der Verteidiger darf nicht übersehen, dass eine negative Gerichtsentscheidung auch zu einer Verzögerung des Strafverfahrens insgesamt führen kann und möglicherweise eine Verlängerung der Inhaftierung bedeutet.
8. Welcher ordentliche oder außerordentliche Rechtsbehelf sinnvoll und Erfolg versprechend erscheint, hängt vom Einzelfall ab.
9. Die Einreichung von Antrag oder Beschwerde kann sowohl beim zuständigen Gericht als auch bei der StA erfolgen.
10. Die Verteidigung sollte eigenständig die Einhaltung von Fristen sowie eine zügige Bearbeitung innerhalb der Justiz selbstständig überwachen.
 

Rdn 807

 

Literaturhinweise:

Broß, Verfahrensdauer und Verfassungsrecht, StraFo 2009, 10

Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 8. Aufl. 2015

Deckers, Verteidigung in Haftsachen, NJW 1994, 2261

Gebauer, Die Rechtswirklichkeit der Untersuchungshaft in der Bundesrepublik Deutschland, eine empirische Untersuchung zur Praxis der Haftanordnung und des Haftverfahrens, 1987

Herrmann, Untersuchungshaft, 2008, Rn 985

Hohmann, Rechtsbehelf bei "Überhaft": Antrag auf Haftprüfung oder Haftbeschwerde?, NJW 1990, 1649 ff.

Jahn, "Parität des Wissens"? – Die konventionskonforme Auslegung der Neuregelung des Akteneinsichtsrechts (§ 147 StPO), in: Festschrift für Imme Roxin, 2012, S. 585

König in: MAH, § 4

Kruse, Rechtsschutz im Haftverfahren aus anwaltlicher Sicht, JA 2008, 219

Mayer/Hunsmann, Leitlinien für die verfassungsrechtlich gebotene Begründungstiefe in Untersuchungshaftsachen, NStZ 2015, 325

Münchhalffen/Gatzweiler, Das Recht der Untersuchungshaft, 3. Aufl. 2009

Park/Schlothauer, Rechtswidrige Untersuchungshaft: Nachträglicher Rechtsschutz und Wiedergutmachung, in: Festschrift für Gunter Widmaier, 2008, S. 387

Schlicht/Leipold, Zur praktischen Anwendung des § 307 Abs. 2 StPO, StraFo 2005, 90

Schlothauer, Der Beweiserhebungsanspruch des Beschuldigten gegenüber dem Ermittlungsrichter (§ 166 Abs. 1 StPO), StV 1995, 158

Schlothauer/Weider, Untersuchungshaft, 4. Aufl. 2010

Schröder, Die jederzeitige Haftprüfung von Amts wegen, NStZ 1998, 68

Wankel, Zuständigkeitsfragen im Haftrecht, 2002

Welp, Haft und Haftprüfung in: Festschrift für Christian Richter II, 2006, S. 572

 

Rdn 808

1. Der gesetzlich vorgesehene Rechtsschutz im Rahmen von Anordnung und Vollzug der U-Haft ist vielfältig (ausführlich hierzu: Burhoff, EV, Rn 3751; Herrmann, Rn 985; SSW-StPO/Herrmann, § 117, Rn 1; MAH-König, § 4 Rn 194; Schlothauer/Weider, Rn 724; Welp S. 572, 573, 581).

 

Rdn 809

a)aa) Neben der grundsätzlichen Pflicht der Justiz zur Überprüfung der Anordnung und Fortführung der U-Haft selbst (vgl. § 120) besteht für die Verteidigung die Möglichkeit "informelle Gespräche" zu führen. In Gesprächen mit den Ermittlungsbehörden und dem Gericht kann eine "einvernehmliche Haftverschonung unter Auflagen" oder auch die "einvernehmliche Aufhebung des Haftbefehls" erreicht werden.

 

☆ Solche Gespräche machen häufig Sinn , um sich zunächst einmal zu orientieren . Sie sollten sich praktischerweise an den Vorgaben von § 120 orientieren.Sinn, um sich zunächst einmal zu orientieren. Sie sollten sich praktischerweise an den Vorgaben von § 120 orientieren.

 

Rdn 810

bb) Fruchtet dies nicht, können förmliche Rechtsbehelfe ergriffen werden. Die Verteidigung hat in diesem Zusammenhang verschiedene

 

Rdn 811

 

Rechtsschutzmöglichkeiten:

Antrag auf Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls gem. § 116 stellen (→ Untersuchungshaft Antrag auf Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, Teil B Rdn 843).
Antrag auf Haftprüfung stellen. Diese kann schriftlich (vgl. § 117 Abs. 1; s. Rdn 933) oder darüber hinaus auch mündlich (vgl. § 117 Abs. 1 i.V.m. § 118 Abs. 1; → Untersuchungshaft, Haftprüfung, mündliche §§ 117 Abs. 1, 118 Abs. 1 StPO, Teil B Rdn 907) stattfinden.
Haftbeschwerde; diese kann sich gegen den Haftbefehl selbst (vgl. § 304; s. Rdn 880) oder gegen die zuletzt ergangene (negative) Haftentscheidung (vgl. § 117 Abs. 2 i.V.m. § 304; → Untersuchungshaft, Haftbeschwerde, § 304 StPO, Teil B Rdn 882) richten.
weitere Beschwerde (vgl. § 310; → Untersuchungshaft, weitere Beschwerde, § 310 StPO, Teil B Rdn 1014; s. auch → Beschwerde, weitere Beschwerde, Teil A Rdn ...

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