Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Haftprüfung kann schriftlich oder mündlich erfolgen.
2. Die mündliche Haftprüfung ist der Praxis der häufigste Rechtsbehelf gegen die Anordnung und den Vollzug der U-Haft.
3. I.d.R. hat der Verteidiger keinen Erfolg, wenn er einen Antrag auf mündliche Haftprüfung unmittelbar nach der Eröffnung des Haftbefehls stellt.
4. Den Antrag auf eine mündliche Haftprüfung können der Beschuldigte oder sein Verteidiger schriftlich oder ggf. mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle stellen.
5. Der Antrag auf mündliche Haftprüfung muss erkennen lassen, dass eine mündliche Verhandlung angestrebt wird.
6. Schon im Rahmen der Antragsstellung, also noch vor der eigentlichen Haftprüfung, können Beweisanträge gestellt werden.
7. Die mündliche Verhandlung ist "unverzüglich", d.h. ohne vermeidbare Verzögerungen, durchzuführen. Der Termin hat "spätestens innerhalb von zwei Wochen" stattzufinden.
8. Der Ablauf der mündlichen Verhandlung ist in § 118a geregelt.
9. Auf eine zunächst beantragte mündliche Verhandlung kann nachträglich verzichtet werden. Der Antrag kann bis zum Schluss der Verhandlung jederzeit zurück genommen werden.
10. Die StPO regelt drei verschiedene Sachverhalte, in denen die grds. mögliche mündliche Verhandlung nicht stattfindet.
11. Gegen eine ablehnende Entscheidung im Rahmen der mündlichen Haftprüfung kann Haftbeschwerde eingelegt werden.
 

Rdn 908

 

Literaturhinweise:

Broß, Verfahrensdauer und Verfassungsrecht, StraFo 2009, 10

Kruse, Rechtsschutz im Haftverfahren aus anwaltlicher Sicht, JA 2008, 219

Schlothauer, Zum Rechtsschutz des Beschuldigten nach dem StVÄG 1999 bei Verweigerung der Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft, StV 2001, 192

Schröder, Die jederzeitige Haftprüfung von Amts wegen, NStZ 1998, 62

s.a. die Hinw. bei → Untersuchungshaft, Allgemeines, Teil B Rdn 806.

 

Rdn 909

1. Die Haftprüfung kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Ergänzend zu den Ausführungen hier finden sich deshalb weiter gehende Informationen auch unter → Untersuchungshaft, Haftprüfung, schriftliche § 117 Abs. 1 StPO, Teil B Rdn 935). Die dortigen Ausführungen ergänzen die Überlegungen zur Haftprüfung, ohne dass sie hier wiederholt werden.

 

Rdn 910

2. Der in der Praxis am häufigsten genutzte Rechtsbehelf ist der Antrag auf mündliche Haftprüfung gem. § 117 Abs. 1 i.V.m. § 118 Abs. 1 (ausführlich hierzu Burhoff, EV, Rn 2633 ff.; Herrmann, Rn 1043 ff.; SSW-StPO/Herrmann, § 117 Rn 26 ff. und § 118 Rn 2, 4 ff.; Schlothauer/Weider, Rn 735 ff.).

 

Rdn 911

3. I.d.R. hat der Verteidiger mit einem Antrag auf mündliche Haftprüfung keinen Erfolg, wenn er ihn unmittelbar nach der Eröffnung des Haftbefehls stellt. Denn der Haftrichter hat sich entschieden und den Haftbefehl eben erst verkündet und in Vollzug gesetzt. Eine Ausnahme hiervon gilt für den "kombinierten Antrag" auf Haftprüfung i.V.m. Akteneinsicht (s. hierzu → Untersuchungshaft, Allgemeines, Teil B Rdn 823; Schlothauer/Weider, Rn 242 f.; Herrmann, Rn 419 f. sowie AG Halberstadt StV 2004, 549). Dabei geht es aber vornehmlich darum, schnellstmöglich Akteneinsicht zu erhalten (s. dazu u.a. SSW-StPO/Herrmann, vor § 112 Rn 58).

 

Rdn 912

Sinnvollerweise sollte unmittelbar nach Eröffnung des Haftbefehls zunächst um eine umfassende Akteneinsicht gekämpft werden, wenn diese nicht schon – den gesetzlichen Vorgaben des § 147 Abs. 2 entsprechend – gewährt wurde (ausführlich → Untersuchungshaft, Rechtsbehelfe, Allgemeines, Teil B Rdn 822; vgl. a. SSW-StPO/Herrmann, vor § 112 Rn 58 m.w.N.). Hinsichtlich der dem Beschuldigten und der Verteidigung nicht bekannten Aktenteile besteht ein verfassungsrechtliches Verwertungsverbot (BVerfG NJW 1994, 3219, 3220; OLG Hamm StV 2002, 318; ähnlich OLG Brandenburg OLGSt § 114 StPO Nr. 1; LG Magdeburg StV 2004, 327; AG Halberstadt StV 2004, 549; AG Magdeburg, Beschl. v. 2.2.2016 – 5 Gs 254 Js 39963/15; s.a. Burhoff, EV, Rn 2637 und 3703 f.; Herrmann, Rn 360; SSW-StPO/Herrmann, vor § 112 Rn 62; Weider StV 2010, 102, 105 f.).

 

Rdn 913

4.a) Der Antrag auf mündliche Verhandlung wird in der Praxis grds. schriftlich oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt. Dies ist zu Dokumentationszwecken sinnvoll.

 

Rdn 914

b) Den Antrag können der Beschuldigte (vgl. § 118b) und sein Verteidiger, dieser allerdings nicht gegen den Willen seines Mandanten (vgl. §§ 118b i.V.m. 297), sowie der gesetzliche Vertreter (vgl. §§ 118b i.V.m. 298) und der Erziehungsberechtigte (vgl. § 67 Abs. 1 JGG) stellen.

 

☆ Der Beschuldigte ist über sein Antragsrecht zu belehren (§ 115 Abs. 4).zu belehren (§ 115 Abs. 4).

 

Rdn 915

Die StA hat kein eigenes Antragsrecht, sie kann eine mündliche Verhandlung allenfalls anregen. Auf ihren entsprechenden Antrag hin ist der Haftbefehl aber ggf. aufzuheben (vgl. § 120 Abs. 3 S. 1).

 

Rdn 916

5. Der Antrag auf mündliche Haftprüfung muss erkennen lassen, dass eine mündliche Verhandlung angestrebt wird (vgl. § 118 Abs. 1; s. auch Burhoff, EV, Rn 2641; Herrmann, Rn 1060; LR-Hilger, § 117 Rn 15; Schlothauer/Weider, Rn 748).

 

☆ Der zunäch...

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