Das Wichtigste in Kürze:

1. Da nur eine wirksame Ladung den Ladungsgehorsam auslöst, muss der Verteidiger stets prüfen, ob die Ladung mangelfrei erfolgt ist.
2. Die Ladung stellt die gerichtliche Aufforderung dar, zur HV vor Gericht zu erscheinen. Sie wird vom Vorsitzenden durch Verfügung angeordnet (§ 214 Abs. 1).
3. Die Ladungspflicht besteht gegenüber dem Angeklagten und dem Verteidiger und sonstigen Verfahrensbeteiligten.
4. Die Ladung hat schriftlich zu erfolgen.
5. Die Ladung muss dem Angeklagten zugestellt werden.
6. Nach Nr. 181 Abs. 2 RiStBV sind Ladungen dem Ausländer, der die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht, mit einer Übersetzung in eine ihm verständliche Sprache bekannt zu geben.
7. Auch andere Verfahrensbeteiligte können Zeugen und/oder Sachverständige unmittelbar zur HV laden (sog. "Selbstladung").
 

Rdn 1589

 

Literaturhinweise:

Kropp, Zur Überprüfung von Terminsbestimmungen des Vorsitzenden in Strafsachen, NStZ 2004, 668

Krumm, Terminierung, Verhinderung und Terminsverlegung, StV 2012, 177

Meyer, Terminshoheit des Strafrichters? Zum Anspruch des Verteidigers auf Terminsverlegung (unter besonderer Beachtung des Straßenverkehrsrechts), DAR 2010, 421

E. Müller, Terminsanberaumung, Terminsverlegung und Strafverteidigung Auf der Suche nach Maßstäben anhand der Kasuistik der veröffentlichten Rechtsprechung über 15 Jahre hinweg, in: Festschrift für Gunter Widmaier, 2008, S. 457

Neuhaus, Terminsbestimmung, Terminsverlegung und das Recht auf Beistand durch den Verteidiger des Vertrauens, StraFo 1998, 84

Sieg, Anm. zu BGH StV 1985, 149 und BayObLG StV 1985, 140, StV 1986, 3

s. auch die Hinw. bei Burhoff, EV, Rn 3615, und bei Burhoff, HV, Rn 2647.

 

Rdn 1590

1. Rechtsmittel und Rechtsbehelfe bei Ladung? Natürlich ist die Ladung nicht anfechtbar. Da aber nur eine wirksame Ladung den Ladungsgehorsam auslöst, muss der Verteidiger stets prüfen, ob die Ladung mangelfrei erfolgt ist. Lässt sich bei der Prüfung ein – nicht geheilter/heilbarer – Ladungsmangel auffinden, muss der Verteidiger seine Verteidigungsstrategie darauf aufbauen (zur Ladung s. auch Burhoff, HV, Rn 1817 ff.).

 

Rdn 1591

2.a) Die Ladung stellt die gerichtliche Aufforderung dar, zur HV vor Gericht zu erscheinen. Sie wird vom Vorsitzenden durch Verfügung angeordnet (§ 214 Abs. 1) und von der Geschäftsstelle entsprechend der Anordnung ausgeführt (§ 214 Abs. 2), nachdem der Vorsitzende den Termin zur HV in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens anberaumt hat (§ 213).

 

☆ Gegen die Ladung zur HV ist kein Rechtsbehelf gegeben (§ 305 Abs. 1; Meyer-Goßner/Schmitt , § 215 Rn 15).kein Rechtsbehelf gegeben (§ 305 Abs. 1; Meyer-Goßner/Schmitt, § 215 Rn 15).

 

Rdn 1592

Da ohne den ausgebliebenen Angeklagten grds. keine HV stattfindet (§ 230 Abs. 1), hängt deren Durchführbarkeit vom Erscheinen des Angeklagten ab. Die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hierzu kann wiederum nur aufgrund einer wirksamen Ladung entstehen (OLG Hamburg StraFo 2012, 60; OLG Hamm VRS 109, 40), die den sog. "Ladungsgehorsam" auslöst, da das Gericht nur in Fällen des Ladungsungehorsams Zwangsmaßnahmen ergreifen (§ 230 Abs. 2; vgl. Burhoff, HV, Rn 3661 ff.), die Berufung des Angeklagten (§ 329 Abs. 1; → Berufung, Ausbleiben des Angeklagten, Allgemeines, Teil A Rdn 66 ff.) oder seinen gegen den Strafbefehl eingelegten Einspruch (§ 412 S. 1; → Strafbefehl, Beschlussverfahren/Hauptverhandlung, Teil B Rdn 721) verwerfen kann.

 

Rdn 1593

Zu den Anforderungen an die Ladung nach Unionsrecht wird verwiesen auf den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26.2.2009 zur Änderung der Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI, 2005/214/JI, 2006/783/JI, 2008/909/JI und 2008/947/JI, zur Stärkung der Verfahrensrechte von Personen und zur Förderung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht erschienen ist (ABl L 81 vom 27.3.2009, S. 24).

 

☆ Die Herbeiführung des Ladungsgehorsams durch einen Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 verstößt gegen Art. 2 Abs. 2, 20 Abs. 3 GG (BVerfG NJW 2001, 1341).Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 verstößt gegen Art. 2 Abs. 2, 20 Abs. 3 GG (BVerfG NJW 2001, 1341).

 

Rdn 1594

b) Können die Verfahrensbeteiligten auch gegen die Ladung selbst nicht vorgehen, stellt die Einhaltung der in §§ 214 – 218 enthaltenen Gebote stets eine notwendige Vorfrage im Zusammenhang mit der Anfechtung auf die Ladung hin ergangener gerichtlicher Entscheidungen dar.

 

☆ Deshalb muss im Einzelfall immer geprüft werden, obgeprüft werden, ob

die Ladungsfrist eingehalten (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Ladung, Frist, Teil A Rdn 1613 ff.) worden,
die Ladung inhaltlich vollständig (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Ladung, Mängel, Teil A Rdn 1643 ff.) war,
den Formerfordernissen genügt hat (Rdn 1596) und
sie ordnungsgemäß bekannt gemacht (Rdn 1597) wurde.

Für den Angeklagten und seinen Verteidiger gilt dies speziell im Hinblick auf die Einhaltung der Ladungsfrist, weil deren Nichteinhaltung als Reaktion den Antrag auf ...

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