Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Ladungsfrist ist in § 217 geregelt.
2. Einzuhalten ist die Frist des § 217 Abs. 1 nur bezüglich der Ladung zum ersten HV-Tag.
3. Die Frist beginnt mit der – wirksamen – Zustellung der Ladung.
4. Die Ladungsfrist beträgt mindestens eine Woche.
5. Ist die Ladungsfrist nicht eingehalten, kann gem. § 217 Abs. 2 als "Anfechtung" ein Aussetzungsantrag gestellt werden.
6. Angeklagter und Verteidiger können auf Einhaltung der – jeweils sie betreffenden Ladungsfrist – verzichten.
 

Rdn 1614

 

Literaturhinweise:

Rieß, Die Stellung des Verteidigers beim Verzicht auf die Verwendung präsenter Beweismittel, NJW 1977, 881

s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Ladung, Allgemeines, Teil A Rdn 1589.

 

Rdn 1615

1.a) Die Ladungsfrist ist in § 217 geregelt. Anspruch auf Einhaltung der Frist haben der Angeklagte (§ 217 Abs. 1) und sein Verteidiger (§§ 218 S. 2, 217 Abs. 1), in dem Umfang, in dem ihnen gegenüber eine Ladungspflicht besteht (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Ladung, Allgemeines, Teil A Rdn 1595 f.). Dadurch soll jeweils ausreichend Zeit für die Vorbereitung eingeräumt werden (vgl. Burhoff, HV, Rn 1817 ff., Rn 1829 ff.; KMR-Eschelbach, § 217 Rn 1, jew. m.w.N.). Bei mehreren Verteidigern – ausgenommen bei Sozietäten und Bürogemeinschaften – kann die Nichteinhaltung der Frist bei einem Verteidiger durch die fristgerechte Ladung des anderen Verteidigers nicht kompensiert werden (BGH StV 1995, 57).

 

☆ Auf die Einhaltung der Ladungsfrist kann verzichtet werden (vgl. Rdn  1639 ).kann verzichtet werden (vgl. Rdn 1639).

 

Rdn 1616

b) Für die weiteren Verfahrensbeteiligten besteht ein Anspruch auf Einhaltung einer Ladungsfrist nicht (Meyer-Goßner/Schmitt, § 217 Rn 1; zum Anspruch auf Einhaltung der Ladungsfrist in Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende → JGG-Besonderheiten, Ladung, Teil A Rdn 809 ff.).

 

Rdn 1617

2.a) Einzuhalten ist die Frist des § 217 Abs. 1 nur bezüglich der Ladung zum ersten HV-Tag in erster Instanz sowie im Berufungsrechtszug (§ 323 Abs. 1 S. 1) und wenn das Urteil durch das Revisionsgericht aufgehoben und die Sache an das Tatgericht zurückverwiesen wurde (Burhoff, HV, Rn 1824; Meyer-Goßner/Schmitt, § 217 Rn 3).

 

Rdn 1618

b) Auch auf die neue HV nach Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. §§ 235, 329 Abs. 3, 412 S. 1; § 74 Abs. 4 OWiG) ist § 217 Abs. 1 anzuwenden (KMR-Eschelbach, § 217 Rn 11; LR-Jäger, § 217 Rn 5; SK-StPO/Deiters, § 217 Rn 4). Ebenso bedarf es der Einhaltung der Ladungsfrist, wenn die HV wiederholt werden muss, weil die in § 229 vorgeschriebenen Höchstfristen für eine Unterbrechung überschritten wurden (Meyer-Goßner/Schmitt, § 217 § 229 Rn 14). Wird die erste HV, zu der unter Einhaltung der Ladungsfrist geladen wurde, nicht durchgeführt, muss § 217 Abs. 1 auch bei der Ladung zur neuerlichen HV beachtet werden (BayObLGSt 1978, 98 = VRS 55, 435).

 

Rdn 1619

Für den Neubeginn der HV nach Aussetzung ist die Frage umstr. Die Befürworter der Anwendung des § 217 Abs. 1 stützen sich jedoch zutreffend auf den engen Zusammenhang der Vorschrift mit dem darin in Bezug genommenen § 216 und auf den Schutzzweck der Norm, der auch im Fall des Neubeginns der HV eine ausreichende Vorbereitungszeit – z.B. wegen Änderung der Verteidigungsstrategie – gewährleisten soll (BayObLG VRS 55, 435; AK/StPO-Kirchhof, § 217 Rn 2; HK-Julius, § 217 Rn 3; KK-Gmel, § 217 Rn 3; KMR-Eschelbach, § 217 Rn 8 ff m.w.N.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 217 Rn 4; Pfeiffer, § 217 Rn 1; SK-StPO/Deiters, § 217 Rn 4). Die Gegenauffassung verweist auf ein obiter dictum in BGHSt 24, 143, 145, das allerdings zu Recht als nicht entscheidungstragend angesehen wird. Die in diesem Zusammenhang zitierten weiteren Entscheidungen des BGH (vgl. StV 1982, 1; NStZ-RR 2003, 98 [Be]) behandeln die Ladung zu Fortsetzungsterminen nach Unterbrechung der HV (vgl. Rdn 1620).

 

Rdn 1620

c) Dagegen ist bei Anberaumung von Fortsetzungsterminen i.S.d. § 229 keine Ladungsfrist einzuhalten (BGHSt 24, 143; BGHR StPO § 218 Ladung 4; NStZ-RR 2003, 98 [Be]; Burhoff, HV, Rn 1824; Meyer-Goßner/Schmitt, § 217 Rn 6; § 229 Rn 12). Zur Ladung auf einen mündlich bestimmten Fortsetzungstermin bei mehreren Verteidigern, von denen einer bei der Terminsbestimmung nicht anwesend ist (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Ladung, Allgemeines, Teil A Rdn 1595).

 

Rdn 1621

Gleiches gilt auch für die Verlegung der HV auf einen späteren Zeitpunkt, da sich in diesem Fall die Vorbereitungszeit vergrößert (OLG Jena VRS 118, 296). Einzuhalten ist die Ladungsfrist dagegen, wenn durch eine Vorverlegung des Termins die Frist des § 217 Abs. 1 unterschritten werden würde (KMR-Eschelbach; § 217 Rn 18 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 217 Rn 5), wobei dies nicht schon dann anzunehmen ist, wenn die HV auf eine frühere Stunde desselben HV-Tags vorverlegt wird (OLG Zweibrücken NStZ 1996, 239; KMR-Eschelbach, § 217 Rn 20 m.w.N.).

 

Rdn 1622

3. Die Frist beginnt mit der – wirksamen – Zustellung der Ladung (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Ladung, Frist, Teil A Rdn 1613 ff.).

 

☆ De...

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