Das Wichtigste in Kürze:

1. Vornehmlich kommt die Anordnung der TÜ gegen den Beschuldigten in Betracht.
2. Bei einem Nichtverdächtigen ist eine TÜ zulässig, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser sog. Nachrichtenmittler ist oder der Beschuldigte dessen Anschluss benutzt. Nach h.M. schränken die §§ 52, 53 die Möglichkeit, eine TÜ anzuordnen, nicht ein.
3. Der Telefonanschluss eines Verteidigers darf grds. nicht überwacht werden, es sei denn, er ist selbst Beschuldigter einer Katalogtat des § 100a S. 1.
 

Rdn 4304

 

Literaturhinweise:

Beulke, Überwachung des Fernsprechanschlusses eines Verteidigers – Besprechung der Entscheidung BGHSt 33, 347 ff., Jura 1986, 642

Beulke/Ruhmannseder, Strafprozessuale Zwangsmaßnahmen in der Verteidigungssphäre (Teil 1), StV 2011, 180

Döpfer, Stimmungsbild: Telefonüberwachung von Anwälten, AnwBl 2008, 339

Fahr, Die Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung – Steuerberater fahren beim Zeugnisverweigerungsrecht künftig nur noch "zweiter Klasse", DStR 2008, 375

Groß, Verteidiger, Abgeordnete und Journalisten als verbotene unfreiwillige Medien zur strafprozessualen Aufklärung, StV 1996, 559

Hoeren, Auskunftspflichten der Internetprovider an Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden – eine Einführung, wistra 2005, 1

Kühne, Telefonüberwachung von Rechtsanwälten – Fall Kopp (Schweiz) – EGMR-Urt. v. 25.3.1998 (13/1997/797/1000), StV 1998, 683

Mahnkopf/Döring, Telefonüberwachung bei Opfern von Schutzgelderpressungen ohne deren Einwilligung, NStZ 1995, 112

Meyer-Abich, Die Unzulässigkeit der Telefonüberwachung bei Vergehen gegen §§ 373, 374 AO vor dem Hintergrund der neueren BGH-Rechtsprechung zur Geldwäsche, NStZ 2001, 465

Mörlein, Der Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Verteidiger und Beschuldigten im Rahmen des § 100a StPO, 1993

Nelles, Telefonüberwachung bei Kidnapping, in: Festschrift für Stree und Wessels, 1993, S. 719

Rüping, Gefahren für das Zeugnisverweigerungsrecht des Steuerberaters, DStR 2007, 1182

Sankol, Strafprozessuale Zwangsmaßnahmen gegen Nachrichtenmittler, MMR 2008, 154

Welp, Die Geheimsphäre des Verteidigers in ihren strafprozessualen Funktionen, in: Festschrift für Gallas, 1973, S. 391

ders., Die Überwachung des Verteidigers, GA 1977, 129

ders., Abhörverbote zum Schutz des Verteidigers – zugleich Besprechung des BGH-Urteils vom 5.11.1985 – 2 StR 279/85 (BGHSt 33, 347), NStZ 1986, 295

Wollf/Neumann, Anordnung der Auskunft über Telekommunikationsverbindungsdaten gegen unbekannt? – Zur Bezeichnung des Betroffenen nach § 100h I 1 StPO, NStZ 2003, 404

Wulf, Telefonüberwachung und Geldwäsche im Steuerstrafrecht, wistra 2008, 321

Zuck, Abhörgesetz und Anwaltschaft, NJW 1969, 912

s.a. die Hinw. bei → Steuerstrafverfahren, Besonderheiten, Teil S Rdn 4156, bei → Telefonüberwachung, Allgemeines, Teil T Rdn 4251, und bei → Telefonüberwachung, Beweisverwertungsverbote, Teil T Rdn 4312.

 

Rdn 4305

1. Vornehmlich kommt die Anordnung der TÜ gegen den Beschuldigten in Betracht (§ 100a Abs. 3); das gilt auch für die Quellen-TKÜ (dazu → Telefonüberwachung, Quellen-TKÜ, Teil T Rdn 4339). Das ist der Tatverdächtige, gegen den bereits ein EV eingeleitet ist oder gegen den es mit der Anordnung nach § 100a Abs. 1 S. 1 eingeleitet wird (→ Beschuldigter, Begriff, Teil B Rdn 1156). Die Maßnahme kann auch gegen Angeschuldigte und Angeklagte (s. § 157) zur Ermittlung des Aufenthalts angeordnet werden (dazu Pfeiffer GA 2005, 73). Die Identität des Beschuldigten muss noch nicht feststehen. Nach § 100e Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ist die Angabe des Namens des Beschuldigten in der Anordnung der TÜ nur erforderlich, "soweit möglich" (→ Telefonüberwachung, Anordnung, Teil T Rdn 4264 f.). Nach § 457 Abs. 3 i.V.m. § 161 kann eine TÜ auch im Vollstreckungsverfahren gegen rechtskräftig Verurteilte angeordnet werden (KG StV 2008, 345; OLG Celle StV 2011, 635; Meyer-Goßner/Schmitt, § 100a Rn 17 m.w.N.), allerdings ist dann ggf. auf die Dauer der noch zu vollstreckenden Strafe besonders zu achten (auch KG, a.a.O. [keine Maßnahme nach § 100g a.F. bei nur noch zu vollstreckender Reststrafe von 145 Tagen]).

 

Rdn 4306

2.a) Bei Nichtverdächtigen richtet sich die Anordnung, auch die einer Quellen-TKÜ (dazu → Telefonüberwachung, Quellen-TKÜ, Teil T Rdn 4339), ebenfalls nach § 100a Abs. 3. Danach ist zwar, was verfassungsrechtlich unbedenklich ist (BVerfG NJW 1971, 275; BGHSt 31, 296, 298), die Überwachung des Fernmeldeverkehrs grds. zulässig. Voraussetzung ist aber, dass aufgrund bestimmter Tatsachen (→ Telefonüberwachung, Voraussetzungen, Teil T Rdn 4378) anzunehmen ist, dass diese Person sog. Nachrichtenmittler ist oder, dass der Beschuldigte ihren Anschluss benutzt. Bloße Vermutungen reichen nicht (LG Hamburg StV 2009, 236; LG Magdeburg StV 2006, 125; LG Kiel StraFo 2015, 512). Bei tatunverdächtigen Personen setzt die Anordnung einer TÜ hinreichend begründete Erfolgsaussichten voraus; sie wird in diesen Fällen so gering wie möglich gehalten werden müssen (BVerfG NJW 2005, 2603, 2610; Meyer-­Goßner/Schmitt, § 100a...

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