Zusammenfassung

Die gerichtliche Festlegung der angemessenen Abfindung nach einem aktienrechtlichen Squeeze-Out erfolgt im Spruchverfahren. Grundlage der Bewertung ist die bereits im Squeeze-Out-Verfahren zwingende Prüfung durch einen unabhängigen Gutachter. Ein weiterer gerichtlich zu bestellender Sachverständiger ist nur dann hinzuzuziehen, wenn nach dem früheren Bewertungsgutachten noch Aufklärungsbedarf besteht und diese Aufklärung von einem weiteren Sachverständigen zu erwarten ist.

Hintergrund

Ein Aktionär, dem 95 % der Anteile an einer Aktiengesellschaft gehören, hat gem. § 327a AktG die Möglichkeit, die übrigen Aktionäre aus der Gesellschaft zu drängen, indem die Hauptversammlung auf sein Verlangen die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf ihn, den Hauptaktionär, beschließt. Dieses Verfahren wird auch als "Squeeze-Out" bezeichnet. Erfolgreiche Squeeze-Outs fanden beispielsweise bei der Brauerei Radeberger und dem Schreibwarenhersteller Pelikan statt. Der Gesetzgeber trägt damit der Tatsache Rechnung, dass kleine Minderheiten die Leitung einer Aktiengesellschaft unverhältnismäßig verteuern können, insbesondere im Hinblick auf die Vorbereitung und Durchführung der jährlichen Hauptversammlung sowie das Auskunfts- und das Anfechtungsrecht der Aktionäre.

Kleinaktionäre, die im Rahmen eines Squeeze-Out aus der Aktiengesellschaft herausgedrängt werden, haben Anspruch auf eine Abfindung in Höhe des tatsächlichen Werts ihrer Aktien. Die Höhe der Abfindung wird nach allgemeinen Bewertungsgrundsätzen bemessen, in der gesellschaftsrechtlichen Praxis nahezu ausschließlich unter Anwendung des Ertrags-wertverfahrens nach IDW-Standard. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften stellt der Börsenkurs die Untergrenze des Abfindungsanspruchs dar. Die Angemessenheit der Abfindung wird durch einen sachverständigen Prüfer, in der Regel eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, beurteilt, und zwar noch vor der Einberufung der Hauptversammlung, in der über den Squeeze-Out beschlossen werden soll (§ 327c Abs. 2 AktG). Zuständig für die Auswahl und Bestellung des Prüfers ist das Landgericht, in dessen Bezirk die Aktiengesellschaft ihren Sitz hat. Der Prüfungsbericht muss sich dazu äußern, ob die der Hauptversammlung vorgeschlagene Abfindung angemessen ist. Dabei ist insbesondere anzugeben, (a) nach welchen Methoden die Abfindung ermittelt wurde und (b) aus welchen Gründen diese Methode angemessen ist. Der Prüfungsbericht muss vor der Einberufung der Hauptversammlung an den Aktionären zur Einsicht vorliegen (§ 327c AktG).

Der Beschluss, mit dem die Hauptversammlung die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär, also den Squeeze-Out beschließt, kann nicht mit der Begründung angefochten werden, die festgelegte Abfindung sei nicht angemessen. Den Minderheitsaktionären steht lediglich das Spruchverfahren nach dem Spruchverfahrensgesetz zur Verfügung, in dem dann das Gericht die Höhe der Abfindung verbindlich festlegt. Zuständig ist das für den Gericht der Gesellschaft zuständige Landgericht. Antragsberechtigt ist jeder ausgeschiedene Aktionär; Antragsgegner ist der Hauptaktionär (§§ 3, 5 SpruchG). Erforderlich sind konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit der Abfindung oder die zugrunde liegende Unternehmensbewertung (§ 4 Abs. 2 SpruchG). Das Gericht prüft also nicht die Angemessenheit der Abfindung von Grund auf neu, sondern geht nur – im Rahmen einer Plausibilitäts- und Rechtskontrolle – schlüssigen und konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit der festgesetzten Barabfindung nach.

Das Spruchverfahren ist ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Deshalb ermittelt das Gericht den Sachverhalt – auf entsprechende konkrete Einwendungen hin – von Amts wegen. In diesem Rahmen kann das Gericht einen Sachverständigen bestellen.

Sachverhalt

Der vom OLG Düsseldorf entschiedene Fall betraf ein Spruchverfahren im Anschluss an einen Squeeze-Out. Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem LG Dortmund wurde die sachverständige Prüferin, die die Angemessenheit der Abfindung im Rahmen des Squeeze-Out-Verfahrens geprüft und bestätigt hatte, mündlich angehört. Zudem hatte die Prüferin zur Vorbereitung der Anhörung eine schriftliche Stellungnahme abgegeben, die sie im Anschluss an die Anhörung noch ergänzte. Die Minderheitsaktionäre waren der Ansicht, das Landgericht hätte sich darauf nicht beschränken dürfen, sondern ein Gutachten eines weiteren unabhängigen Sachverständigen einholen müssen, um die Höhe der angemessenen Barabfindung bestimmen zu können.

Entscheidung

Das OLG Düsseldorf bestätigte die Auffassung des Landgerichts; die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens war nicht erforderlich. Das von dem sachverständigen Prüfer im Rahmen des Squeeze-Out-Verfahrens vorgelegte Bewertungsgutachten bietet – so das OLG Düsseldorf – eine ausreichende Grundlage für die gerichtliche Bestimmung des Unternehmenswerts, wenn es auf sachgerechten sowie in der Wirtschaftswissenschaft anerkannte...

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