Rz. 66

Auch die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 204 Abs. 1 StPO) führt zu einer Zusätzlichen Gebühr. Strittig ist, ob diese rechtskräftig werden muss (siehe Rdn 66 f.).

 

Rz. 67

Eine teilweise Nichteröffnung reicht nicht aus, und zwar auch dann nicht, wenn nach teilweiser Nichteröffnung wegen der verbliebenen Anklagepunkte vor dem Gericht eines niedrigeren Rechtszugs eröffnet wird.[80]

 

Rz. 68

Voraussetzung ist auch hier nach Anm. Abs. 2 eine Mitwirkung des Verteidigers. Hohe Anforderungen sind jedoch nicht zu stellen. Es reicht aus, dass der Verteidiger eine Einlassung abgegeben hat. Insoweit genügt auch die Einlassung im vorbereitenden Verfahren. Diese muss gegenüber dem Gericht nicht nochmals wiederholt worden sein (siehe Rdn 55).[81]

 

Rz. 69

Genügend ist ein Beitrag des Verteidigers, der objektiv geeignet ist, das Verfahren in formeller und/oder materieller Hinsicht im Hinblick auf eine Verfahrensbeendigung außerhalb der Hauptverhandlung zu beenden. Hierbei ist unerheblich, ob die Mitwirkungshandlung des Verteidigers für dieses Ergebnis ursächlich oder mitursächlich war.[82] Ausreichend ist auf jeden Fall ein irgendwie mitursächlicher Beitrag, auch wenn die Vermeidung der Hauptverhandlung letztlich hauptsächlich auf Betreiben des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft erfolgt ist.[83]

 

Rz. 70

Eine Mitwirkung kann nicht schon deshalb ausgeschlossen werden, weil das Gericht die Eröffnung aus anderen Gründen ablehnt, als vom Verteidiger vorgetragen.

 

Beispiel: Der Verteidiger weist in seiner Einlassung darauf hin, dass der Vorwurf aus rechtlichen Gründen nicht haltbar sei. Das Gericht stellt wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung ein.

Der Verteidiger hat eine Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 verdient. Dass sich das Gericht letztlich auf andere Gründe für die Nichteröffnung gestützt hat, ist unerheblich. Anderenfalls müsste man vom Verteidiger verlangen, dass er auf alle möglichen Gesichtspunkte eingeht, obwohl bereits ein Gesichtspunkt ausreichen würde, die Anklage zu Fall zu bringen.

 

Rz. 71

Für das Entstehen der Zusätzlichen Gebühr genügt die bloße Förderungsabsicht, selbst wenn die Tätigkeit keinen Erfolg hatte. Wenn der Verteidiger mit dem Angeschuldigten zusammentrifft, eine Beratung durchführt und dann eine Schutzschrift diktiert, diese aber wegen Kanzleiüberlastung erst nach der Ablehnung der Hauptverfahrenseröffnung bei Gericht eingeht, so handelt es sich um eine ausreichende Tätigkeit i.S.d. VV 4141.[84]

 

Rz. 72

Die Gebühr der Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 kann gemäß § 17 Nr. 1 auch dann entstehen, wenn im vorbereitenden Verfahren bereits eine Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 entstanden war (zu weiteren Einzelheiten siehe Rdn 147 ff.).

Strittig ist, ob der Beschluss über die Nichteröffnung des Hauptverfahrens rechtskräftig werden muss. Dies wird vom LG Potsdam[85] bejaht. Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend.[86]

 

Rz. 73

Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich nicht, ob es sich um einen bestandskräftigen Nichteröffnungsbeschluss handeln muss, oder ob auch der anfechtbare und später wieder aufgehobene Nichteröffnungsbeschluss ausreicht. Für den vergleichbaren Fall der Einstellung ist dies allerdings gesetzlich geregelt. Im Falle einer Einstellung stellt das Gesetz nämlich ausdrücklich nicht darauf ab, dass diese endgültig ist bzw. bestandskräftig wird. Dort reicht eine "nicht nur vorläufige" Einstellung. Im Falle der Einstellung ist auch in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine einmal verdiente Gebühr für eine nicht nur vorläufige Einstellung dem Anwalt erhalten bleibt, selbst dann, wenn das Verfahren nachträglich fortgeführt wird (siehe Rdn 144 ff.). Dies wiederum spricht dafür, dass auch ein Nichteröffnungsbeschluss die Zusätzliche Gebühr auslöst, selbst wenn die Nichteröffnung – wie hier – angefochten und aufgehoben wird.

 

Rz. 74

Ein weiteres Argument spricht gegen die Entscheidung des LG Potsdam. Das Gericht weist darauf hin, dass die Zusätzliche Gebühr entstehen soll, wenn die Hauptverhandlung vermieden wird und es also infolge der Nichteröffnung oder Einstellung nicht zur Hauptverhandlung kommt. Dies ist aber auch nicht richtig. So hat bereits der BGH[87] entschieden, dass auch nach einem Hauptverhandlungstermin die Zusätzliche Gebühr noch anfallen kann. Die Zusätzliche Gebühr setzt also nicht voraus, dass es zu überhaupt keinem Hauptverhandlungstermin gekommen ist.

 

Rz. 75

Auch Sinn und Zweck sprechen gegen die Auslegung des LG Potsdam. Die Vorschrift der VV 4141 soll für den Anwalt einen Anreiz schaffen, sich rechtzeitig um die Erledigung des Verfahrens zu bemühen. Haben seine Bemühungen in der Instanz Erfolg, dann soll ihm die Zusätzliche Gebühr zustehen. Wenn der Anwalt die Zusätzliche Gebühr nur verdienen könnte, wenn die Nichteröffnung bestandskräftig wird, würde der Zweck verfehlt, weil dann der Anreiz für den Anwalt, sich um eine Anstellung zu bemühen, geringer ist. Er muss nämlich damit rechnen, dass seine gesamte Arbeit in der Instanz sinnlos war, wenn das AG – wi...

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