1. Angelegenheiten und Gegenstände

 

Rz. 3

Das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren und das nachfolgende Hauptsacheverfahren bilden dieselbe Angelegenheit (§ 16 Nr. 2).[2] Gem. § 23a Abs. 2 werden der gem. § 23a Abs. 1 zu ermittelnde Wert des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens sowie des Verfahrens, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, nicht zusammengerechnet (Additionsverbot, Ausnahme zu § 22 Abs. 1; vgl. § 23a Rdn 12).

[2] BayVGH AGS 2007, 48; Vgl. aber die Formulierung bei BGH 21.2.2008 – I ZR 142/06, AGS 2008, 435: "Daher entfällt die Gebühr nach Nr. 3335 VV im Nachhinein, wenn dem Prozesskostenhilfegesuch stattgegeben wird."

2. Mögliche Aufträge

 

Rz. 4

Hinsichtlich der Vergütung sind drei Fälle auseinanderzuhalten:

1. Auftrag für den Rechtsanwalt, nebeneinander im Hauptsacheverfahren und im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren tätig zu werden: Der Rechtsanwalt verdient von vornherein nur die Gebühren der Hauptsache (z.B. nach VV 3100 ff.). Er erhält keine gesonderten Gebühren für den Prozesskostenhilfeantrag, weil diese Tätigkeit zu derselben Angelegenheit gehört (§ 16 Nr. 2).
2. Auftrag für den Rechtsanwalt, zunächst im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren tätig zu werden und nur für den Fall, dass Prozesskostenhilfe bewilligt wird, auch in der Hauptsache tätig zu werden: Es liegen zwei Aufträge vor, nämlich ein unbedingter Auftrag für das Prozesskostenhilfeverfahren und ein bedingter Auftrag zur Hauptsache. Der Rechtsanwalt verdient zunächst die Gebühren für das Prozesskostenhilfeverfahren und für den Fall des Bedingungseintritts, also der Prozesskostenhilfebewilligung, die Gebühren der Hauptsache. Die Gebühren für das Prozesskostenhilfeverfahren gehen aber in den entsprechenden Gebühren des Hauptsacheverfahrens auf (§ 16 Nr. 2; zur Ausnahme nach § 15 Abs. 3 siehe Rdn 16).
3. Auftrag für den Rechtsanwalt, nur im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren tätig zu werden: Der Rechtsanwalt erhält lediglich die Gebühren für das Prozesskostenhilfeverfahren.
 

Rz. 5

 

Beispiel: Der Anwalt reicht auftragsgemäß für den Mandanten Klage ein und beantragt zugleich unter seiner Beiordnung Prozesskostenhilfe. Nach Prüfung der Voraussetzungen lehnt das Gericht mangels Erfolgsaussicht die Prozesskostenhilfe ab. Der Rechtsanwalt führt das Mandat aufgrund dessen nicht weiter fort.

Dem Anwalt steht eine 1,3-Verfahrensgebühr nach VV 3100 zu. Das Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gehört zu derselben gebührenrechtlichen Angelegenheit und ist nicht gesondert zu vergüten (vgl. § 16 Nr. 2).

3. Verfahrensgebühr

a) Entstehung und Höhe

 

Rz. 6

Die Verfahrensgebühr VV 3335 entsteht in Höhe der Verfahrensgebühr für das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt wird, höchstens 1,0. Der Gegenstandswert richtet sich nach § 23a Abs. 1.

Die Gebühr entsteht bereits mit der Entgegennahme der Information (VV Vorb. 3 Abs. 2). Die volle Verfahrensgebühr wird in der Regel ausgelöst durch das Einreichen des Prozesskostenhilfeantrags bzw. der Stellungnahme für den Antragsgegner auf den Antrag. Im Fall der VV 3337 reduziert sich die Gebühr auf höchstens 0,5 (vgl. Rdn 9). Die Gebühr VV 3335 berechnet sich nach der Wahlanwaltsgebühr des § 13, während sich die Gebühr für die Vertretung in der Hauptsache (VV 3100 ff.) nach der Prozesskostenhilfegebührentabelle des § 49 richtet. Die Gebührentabellen unterscheiden in den Gebührenbeträgen ab einem Gegenstandswert von mehr als 4.000 EUR.

 

Beispiel: Prozesskostenhilfeantrag für Klageverfahren

Der Anwalt wird beauftragt, wegen einer Forderung von 5.000 EUR Prozesskostenhilfe zu beantragen. Der Prozesskostenhilfeantrag wird zurückgewiesen.

Es entsteht eine 1,0-Verfahrensgebühr nach VV 3335.

 
1. 1,0-Verfahrensgebühr, VV 3335 (§ 13)   434,20 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 454,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   86,30 EUR
Gesamt   540,50 EUR

b) Verfahrensgebühr geringer als 1,0

 

Rz. 7

Da sich die Gebührenhöhe der Verfahrensgebühr VV 3335 nach der Verfahrensgebühr für das Verfahren, für das Prozesskostenhilfe beantragt ist, richtet, erreicht sie insbesondere in folgenden Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren nicht den Höchstsatz von 1,0:

Zwangsvollstreckung (vgl. VV 3309),
Zwangsversteigerung (vgl. VV 3311),
Gehörsrüge (vgl. VV 3330),
Beschwerdeverfahren i.S.v. VV 3500.

Hierdurch soll das Kostenrisiko insbesondere von sozial schwachen Mandanten begrenzt werden.[3]

 

Beispiel: Prozesskostenhilfeantrag für Vollstreckungsverfahren

Der Anwalt wird beauftragt, für eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme Prozesskostenhilfe zu beantragen (Wert: 4.000 EUR). Der Prozesskostenhilfeantrag wird zurückgewiesen.

Die Verfahrensgebühr VV 3335 entsteht nicht mit einem Gebührensatz von 1,0, sondern nur von 0,3, da nach VV 3309 in Zwangsvollstreckungsverfahren nur eine 0,3-Gebühr vorgesehen ist.

 
1.

0,3-Verfahrensgebühr, VV 3335 i.V.m. VV 3309

(Wert: 4.000 EUR)
  83,40 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   16,68 EUR
  Zwischensumme 100,08 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   19,02 EUR
Gesamt   119,10 EUR
[3] BT-Drucks 15/1971, S. 217.

c) Mehrere Auftraggeber (VV 1008)

 

Rz. 8

Im Falle einer Vertretung mehrerer Auftraggeber wegen desselben Ge...

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