Gesetzestext

 

(1) Im Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe oder die Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Absatz 1 Nummer 1 der Zivilprozessordnung bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert; im Übrigen ist er nach dem Kosteninteresse nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Der Wert nach Absatz 1 und der Wert für das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, werden nicht zusammengerechnet.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 23a bestimmt den Gegenstandswert im Verfahren über die Prozesskostenhilfe. Die Regelung war früher in der Anm. zu VV 3335 enthalten. Die Regelung ist entsprechend der allgemeinen Systematik des RVG im Gesetzesteil des RVG in den Abschnitt 4 "Gegenstandswert" eingestellt. Damit wird erreicht, dass diese Wertvorschrift auch für die Terminsgebühr anzuwenden ist.[1]

Die Wertvorschrift gilt nur für Gebühren, die sich nach einem Wert richten. Sie gilt also nicht für Fest(betrags)gebühren und Rahmenbetragsgebühren wie regelmäßig bei Strafsachen oder Sozialsachen. Das Verfahren über die Wertfestsetzung ergibt sich aus § 33.

Über § 12 gilt die Regelung auch für die Verfahrenskostenhilfe.

[1] BT-Drucks 17/11471 (neu), S. 268.

B. Regelungsgehalt

I. Allgemeiner Gegenstandswert

 

Rz. 2

§ 23a differenziert für den Gegenstandswert nach einzelnen Verfahren über die Prozesskostenhilfe. Der Gegenstandswert bestimmt sich:

im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, als auch für das Verfahren auf Aufhebung einer bewilligten Prozesskostenhilfe im Sinne von § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nach dem für Hauptsache maßgebenden Wert (einschließlich § 124 Abs. 2 ZPO) und
in allen anderen Verfahren über die Prozesskostenhilfe nach dem Kosteninteresse nach billigem Ermessen. Hiervon erfasst sind das Abänderungsverfahren nach § 120a ZPO und Aufhebungsverfahren nach § 124 Abs. 1 Nr. 2–5 ZPO.

II. Gegenstandswert der einzelnen Verfahren

1. Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren

 

Rz. 3

Im Verfahren über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bzw. über den Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts[2] richtet sich der Gegenstandswert nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert. Demgegenüber kommt es nicht auf das Kosteninteresse, also nicht auf das Interesse an der Befreiung von Kosten der Verfahrensführung an. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Bewilligung unter Anordnung einer Ratenzahlung oder eines Einsatzes von Vermögen erfolgt.

 

Rz. 4

Wird nur für einen Teil der Hauptsache Prozesskostenhilfe beantragt, so ist auch nur dieser Teil maßgebend.

 

Rz. 5

Bei einer Stufenklage nach § 254 ZPO ist für die anwaltliche Verfahrensgebühr wie für die Gerichtsgebühren immer der höchste der verbundenen Ansprüche, regelmäßig der Wert des Leistungsanspruchs, maßgebend, § 44 GKG, § 38 FamGKG. Dies gilt auch dann, wenn es nicht zur Verhandlung über den Leistungsanspruch kommt oder wenn nach Auskunft oder aus sonstigen Gründen der Leistungsantrag nicht mehr beziffert wird.[3] Denn der Leistungsanspruch wird mit der Klageerhebung bereits rechtshängig und stellt damit – unabhängig von seiner Bezifferung – wegen des nur vorbereitenden Charakters des Auskunfts- und Versicherungsverlangens immer den höchsten Einzelwert dar. Damit fällt aber auch die anwaltliche Verfahrensgebühr sogleich für das Leistungsbegehren an. Dies gilt entsprechend für ein Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren und die Verfahrensgebühr (VV 3335), die Terminsgebühr bzw. die Einigungsgebühr.

[3] Streitig; OLG Karlsruhe AGS 2008, 497; KG FamRZ 2007, 69; OLG Köln FamRZ 2005, 1847; OLG Nürnberg FamRZ 2004, 962; OLG Hamm FamRZ 2004, 1664; Zöller/Herget, § 3 Rn 16 Stichwort "Stufenklage"; Herget in Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 14. Aufl., Rn 5055 ff.; a.A. OLG Stuttgart FamRZ 2005, 1765.

2. Aufhebungsverfahren nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO

 

Rz. 6

Im Verfahren über die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert.[4] Gemeint ist auch hier die Hauptsache, soweit sich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe darauf bezieht.

 

Rz. 7

Bei einer Beschwerde bzw. Rechtsbeschwerde gegen die Prozesskostenhilfe versagende Entscheidung bestimmt sich der Wert des Beschwerdeverfahrens bzw. Rechtsbeschwerdeverfahrens ebenso nach dem Wert der Hauptsache.[5] Entsprechendes gilt, wenn sich das Rechtsmittel gegen die Versagung der Beiordnung bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Übrigen richtet.[6] § 23a enthält keine Einschränkung auf das erstinstanzliche Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren und ist aufgrund der systematischen Stellung auch für die Rechtsanwaltsgebühren im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren anwendbar.

[4] OLG Koblenz JurBüro 1992, 325; LAG Hamm FA 2005, 324.
[5] BGH 15.9.2010 – XII ZB 82/10, AGS 2010, 549; VGH München NJW 2007, 861; OLG Stuttgart AGS 2010, 454; a.A. VGH Baden-Württemberg NJW 2009, 1692; VGH München RVGreport 2009, 397.

3. Abänderungsverfahren (§ 120a ZPO) und Aufhebungsverfahren (§ 124 Abs. 1 Nr. 2–5 ZPO)

 

Rz. 8

Im Übrigen ist das Kosteninteresse nach billigem Ermessen zu bestimmen. Gemeint sind hiermit die Fälle des § 120a ZPO und § 124 Abs. 1 Nr. 2–5 ZPO. Legt der Anwalt also beis...

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