Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwertfestsetzung für eine Stufenklage nach § 254 ZPO

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einer Stufenklage nach § 254 ZPO ist für die gerichtliche Verfahrensgebühr und für die anwaltliche Prozessgebühr immer der höchste Streitwert der verbundenen Ansprüche, regelmäßig der Wert des Leistungsanspruchs, maßgebend.

Der Wert für Verhandlungs- und Beweisgebühr richtet sich hingegen nach dem Wert derjenigen Verfahrensstufe, in der diese Gebühren anfallen. Maßgebend ist das jeweilige Prozessgeschehen. Wird nach Verhandlung und Beweisaufnahme nur zum Auskunftsanspruch bereits die gesamte Klage als unbegründet abgewiesen, so sind Verhandlungs- und Beweisgebühr nach dem Wert des Auskunftsanspruchs zu bemessen.

 

Normenkette

ZPO § 254; BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1; RVG § 61; GKG §§ 18, 44

 

Verfahrensgang

AG Bergisch Gladbach (Beschluss vom 17.12.2004; Aktenzeichen 26 F 128/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Streitwertfestsetzungsbeschluss des AG - FamG - Bergisch Gladbach vom 17.12.2004 - 26 F 128/03 - unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde teilweise abgeändert.

Der Streitwert für die anwaltlichen Verhandlungs- und Beweisgebühren wird auf 5.000 EUR festgesetzt, derjenige für die anwaltlichen Prozessgebühren auf 20.000 EUR.

 

Gründe

I. Das klagende Land hat die Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Zahlung von Unterhalt aus übergegangenem Recht wegen an den Vater der Beklagten gewährter Sozialleistungen in Anspruch genommen. Das AG hat - ohne vorherige mündliche Verhandlung - Beweis zur Frage des Wegfalls der Unterhaltsverpflichtung wegen grober Unbilligkeit erhoben. Nach Durchführung der Beweisaufnahme hat der Kläger laut Sitzungsprotokoll den Antrag auf Auskunftserteilung gestellt, die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Durch das angefochtene Urteil, in welchem entgegen dem Sitzungsprotokoll die Stellung sämtlicher Anträge der Stufenklage wiedergegeben ist, hat das AG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dem Kläger stehe ein übergegangener Unterhaltsanspruch gegen die Beklagten wegen grober Unbilligkeit nach § 1611 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zu.

Den Streitwert hat das AG zunächst auf 1.000 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten Beschwerde erhoben und zur Begründung ausgeführt, im vorliegenden Fall müsse der Wert der Auskunftsstufe wegen völliger Unkenntnis des Klägers über die finanziellen Verhältnisse der Beklagten ausnahmsweise in der gleichen Höhe angesetzt werden, wie er für die Leistungsstufe gerechtfertigt gewesen wäre. Außerdem sei es in der Auskunftsstufe schon um die grundsätzliche Frage gegangen, ob überhaupt Unterhalt geschuldet werde. Da von Klägerseite Unterhaltsansprüche von rund 20.000 EUR geltend gemacht worden seien, müsse der Streitwert auf diesen Betrag festgesetzt werden. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist diesen Ausführungen beigetreten. Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG seine Wertfestsetzung geändert und den Streitwert auf 20.000 EUR festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss hat der Kläger im eigenen Namen Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, der Streitwert sei nur nach seinem - des Klägers - Auskunftsinteresse zu bemessen, wobei ein Auskunftsanspruch von der Rechtsprechung mit einem Bruchteil von 10 % bis 25 % des Leistungsanspruchs, zu dessen Vorbereitung er diene, bewertet werde.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Der zuständige Einzelrichter hat die Entscheidung dem Senat als Kollegialgericht übertragen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die Beschwerde ist nach § 68 Abs. 1 GKG n.F. statthaft und auch im Übrigen formell unbedenklich. Für die Beschwerde als solche gilt nach § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG das Gerichtskostengesetz in seiner neuen Fassung.

Entgegen der Auffassung des Beklagtenvertreters ist der Kläger auch nicht deswegen gehindert, eine Herabsetzung des Streitwerts zu verlangen, weil sein eigener Prozessbevollmächtigter sich der Argumentation der vorangegangenen Streitbeschwerde des Beklagtenvertreters angeschlossen hatte. Der Beklagtenvertreter verkennt, dass die vorliegende Beschwerde nicht vom Klägervertreter sondern vom Kläger selbst im eigenen Namen eingelegt worden ist. Auch zu der vorangegangenen Streitwertbeschwerde des Beklagtenvertreters hat der Kläger sich schon mit eigenem Schriftsatz vom 16.12.2004 geäußert und die Zurückweisung der Beschwerde beantragt. In Fällen wie diesen vertreten die Parteien und ihre Bevollmächtigten gegenläufige Interessen und haben deshalb auch ein eigenständiges Antrags- und Beschwerderecht, vgl. §§ 68 GKG, 32 RVG.

In der Sache führt die Beschwerde in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zum Erfolg. Die Wertfestsetzung hat, wie geschehen, getrennt nach den einzelnen Anwaltsgebühren zu erfolgen, wobei für die Gebühren noch die bis zum 30.6.2004 gültige Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung...

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