1. Auftraggeber und Mandanten

a) Mehrere Personen als Auftraggeber

 

Rz. 6

Für eine Erhöhung der Verfahrens- oder Geschäftsgebühr reicht es nicht, dass der Anwalt mehrere Personen als Auftraggeber (Vertragspartner) hat (zur Begrifflichkeit siehe § 7 Rdn 7). Aus den Anmerkungen zu VV 1008 folgt, dass eine Erhöhung (bei Wertgebühren) nur in Betracht kommt, wenn mehrere Personen an der anwaltlichen Tätigkeit gemeinschaftlich beteiligt sind. Der Anwalt muss also (auch) mehrere Mandanten vertreten.[10] Denn die Erhöhung berechnet sich nach dem Betrag (Gegenstandswert), "an dem die Personen gemeinschaftlich beteiligt sind" (Anm. Abs. 2), so dass ohne eine solche Beteiligung keine Erhöhung eintreten kann.

Im Regelfall sind Auftraggeber und Mandanten identisch, also die Mandanten eines Anwalts zugleich auch seine Auftraggeber (eigennützige Beauftragung; vgl. § 7 Rdn 6, 13 ff.).

 

Rz. 7

VV 1008 findet aber auch dann Anwendung, wenn der Anwalt die Vertretung des neuen Mandanten erst übernommen hat, nachdem der alte Mandant aus dem Verfahren ausgeschieden ist (Parteiwechsel, vgl. auch § 7 Rdn 30).[11]

[10] BGH 22.10.2013 – II ZB 4/13, AGS 2014, 249 = NJW-RR 2014, 186; OLG Köln AGS 2014, 451 = RVGreport 2014, 362 = JurBüro 2014, 528; a.A. OLG Köln RVGreport 2008, 300 (Erhöhung selbst bei nur einem Mandanten, wenn dieser in verschiedenen Funktionen betroffen ist).
[11] BGH 19.10.2006 – V ZB 91/06, AGS 2006, 583 = RVGreport 2007, 25 = NJW 2007, 769; OLG Nürnberg AGS 2010, 167 = MDR 2010, 532, auch wenn die verklagte Partei bei Klageerhebung nicht mehr existiert; AG Hannover 10.10.2017 – 502 C 8229/16, AGS 2018, 8.

b) Staatskasse als Auftraggeber

 

Rz. 8

Wird der Rechtsanwalt gerichtlich beigeordnet oder bestellt (vgl. aber auch § 59a), ist "Auftraggeber" die Staatskasse. Dann liegt zwar nur ein Auftraggeber im weiteren Sinne vor, der jedoch im Interesse verschiedener Personen handelt. Die Beiordnung oder Bestellung durch das Gericht für Mehrere kann gebührenrechtlich aber nicht anders zu behandeln sein als eine unmittelbare Beauftragung durch diese selbst. Nach dem Sinn und Zweck von § 7 ist deshalb darauf abzustellen, wem die Beauftragung nützt. Es ist also bei einer gerichtlichen Beiordnung oder Bestellung für Mehrere von einer Beauftragung durch mehrere Auftraggeber i.S.v. VV 1008 auszugehen.[12] Die Staatskasse ist aber kein für die Berechnung der Gebührenerhöhung nach VV 1008 mit zu berücksichtigender Auftraggeber.

[12] BGH 22.10.2013 – II ZB 4/13, AGS 2014, 249 = NJW-RR 2014, 186. So zur Beiordnung für mehrere Zeugen OLG Düsseldorf AGS 2010, 71 = JurBüro 2010, 33; Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Teil A: Mehrere Auftraggeber Rn 1457.

c) Begriff der Personen

 

Rz. 9

VV 1008 verwendet neben dem Begriff des Auftraggebers auch den der Person. Die Gesetzesbegründung erklärt das Nebeneinander dieser Begriffe wie folgt:

Zitat

"Sind Auftraggeber mehrere Personen, soll es nicht darauf ankommen, ob gegenüber dem Anwalt eine oder mehrere dieser Personen auftreten. Selbst wenn eine Personenmehrheit eine Person bevollmächtigt, gegenüber dem Anwalt aufzutreten, kann dies für den Anwalt zu einem erhöhten Haftungsrisiko führen. Die Neuregelung soll den bestehenden Streit über die Anwendung der Vorschrift beseitigen."

Danach sieht der Gesetzgeber den Sonderfall als regelungsbedürftig an, dass sich die Auftraggeber durch Einzelne von ihnen oder durch eine dritte Person vertreten lassen. Dann soll es für die Erhöhung der Regelgebühren nicht auf die Vertreter-Person(en), sondern auf die Vertretenen ankommen. Das erscheint bei einer Stellvertretung selbstverständlich,[13] lässt hingegen den nach der Interessenlage einschlägigen Sonderfall der Prozessstandschaft ungeregelt.

[13] Vgl. OLG Schleswig AGS 2008, 382 = MDR 2008, 713 m.w.N.

2. "Personen" als Sammelbegriff

 

Rz. 10

S. 1 des Gebührentatbestandes setzt Auftraggeber mit Personen gleich. Hier bezeichnen die Personen die Vertragspartner des Anwalts. In S. 2 der Vorschrift und in der Anm. Abs. 2 ist nur noch von Person(en) die Rede. Zwar spricht der unmittelbare Regelungszusammenhang dafür, dass auch hier jeweils Auftraggeber gemeint sind. Das ist jedoch nicht zwingend und widerspräche der Zielvorstellung des Gesetzgebers, die Erhöhung der Regelgebühren nach der Mehrarbeit des Anwalts zu bemessen. Insoweit kommt es nicht auf die Anzahl der Vertragspartner (Auftraggeber), sondern auf die Anzahl der von ihm vertretenen Personen (Mandanten) an. Diese müssen nicht zugleich auch seine Auftraggeber sein.[14]

 

Rz. 11

Der unterschiedliche Bedeutungsgehalt des Begriffs der Person in ein und derselben Vergütungsregelung ist zwar verwirrend, aber sachlich zu begrüßen. Die Erhöhung der Regelgebühren greift auch bei fremdnützigen Beauftragungen (vgl. § 7 Rdn 6, 13 ff.) ein, etwa wenn die Eltern den Anwalt damit beauftragen, die Interessen ihrer Kinder wahrzunehmen: Die Eltern haften nach § 7 für Gebühren, die der Anwalt nach der Anzahl der Kinder gem. VV 1008 verdient.[15]

 

Rz. 12

Unerheblich ist daher, ob gegenüber dem Rechtsanwalt mehrere Personen als zahlungspflichtige Auftraggeber i.S.v. § 7 Abs. 2 (Vertragspartner) aufgetreten sind. Mehrere Auftraggeber i....

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