Rz. 74

Bei Festgebühren, wie sie etwa in der Beratungshilfe oder i.d.R. in Strafsachen für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt anfallen (VV 2500 ff., VV 4100 ff.), besteht keinerlei Möglichkeit, den Gegenstandswert gebührenbestimmend zu berücksichtigen. Die Zusammenrechnung der Werte verschiedener Gegenstände (§ 22 Abs. 1) lässt die Festgebühr unverändert. Die im Verhältnis zur Einzelvertretung vermutete Mehrbelastung des Anwalts bei einer Mehrfachvertretung lässt sich allein über die Anhebung der Festgebühr zusätzlich erfassen. Dabei kann nur auf die Anzahl der Mandanten, nicht hingegen auf deren wertmäßige Beteiligung abgestellt werden.

 

Rz. 75

Mangels Bedeutung des Gegenstandes sowohl für die Betragsrahmen- als auch für die Festgebühr ist es in diesen Fällen unerheblich, ob insoweit verschiedene oder identische Gegenstände vorliegen. Die Erhöhung nach VV 1008 greift in beiden Fällen ein.[197] Einerseits verlangt Anm. Abs. 1 nur für Wertgebühren, dass derselbe Gegenstand vorliegen muss. Zum anderen wäre es systemwidrig, wenn der Anwalt, der für mehrere Mandanten in derselben Angelegenheit (§§ 16 ff.) verschiedene Gegenstände wahrnimmt, mangels Anwendbarkeit des § 22 keinerlei zusätzliche Vergütung erhielte, obwohl diese Konstellation nach der gesetzlichen Vermutung eine größere Mehrbelastung darstellt als die gemeinschaftliche Vertretung bei identischem Gegenstand.

 

Rz. 76

Das bedeutet für die Beratungshilfe, dass der mehrere Unterhaltsgläubiger vertretende Rechtsanwalt eine nach VV 1008 erhöhte Geschäftsgebühr VV 2503 verdient. Zwar betreffen die Unterhaltsansprüche mehrerer Unterhaltsgläubiger verschiedene Gegenstände.[198] Die bei Wertgebühren gem. § 22 Abs. 1 vorzunehmende Addition der Gegenstandswerte der einzelnen Unterhaltsansprüche wirkt sich bei Festgebühren aber nicht aus, so dass nur die Gebührenerhöhung nach VV 1008 in Betracht kommen kann.[199] Mehrere Auftraggeber liegen dabei auch vor, soweit ein Elternteil Unterhalt für sich und die Kinder in Verfahrensstandschaft geltend macht, vgl. aber VV 2503 Rdn 24.[200]

[197] Noch zur BRAGO siehe H. Schmidt, AnwBl 1985, 388; Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, § 6 Rn 36. A.A. Mümmler, JurBüro 1986, 360.
[198] BGH 26.9.1990 – XII ZR 38/89, NJW-RR 1991, 119.
[199] AG Heidenheim AGS 2009, 338; AG Traunstein FamRZ 2009, 717; N. Schneider, ZAP Fach 24, 1239; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 1008 Rn 263.
[200] Vgl. auch AG Heidenheim AGS 2009, 338 m.w.N.: Die Geltendmachung von Kindesunterhalt kann im von der Beratungshilfe erfassten außergerichtlichen Bereich nicht im Wege der Verfahrensstandschaft erfolgen.

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