Rz. 209

Ist dem Mandanten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, so erhält der Anwalt auch die Einigungsgebühr aus der Staatskasse (§ 44), allerdings aus den Beträgen des § 49. Soweit die Parteien sich nur über Gegenstände einigen, hinsichtlich deren der Anwalt beigeordnet worden ist, ergeben sich keine Probleme.

 

Rz. 210

Schließen die Parteien dagegen eine Einigung auch über weiter gehende Ansprüche, also solche, für die Prozesskostenhilfe abgelehnt worden oder erst gar nicht beantragt worden ist, kann eine Einigungsgebühr nur gegen die Staatskasse geltend gemacht werden, wenn die Prozesskostenhilfebewilligung auch auf den Abschluss der Einigung erstreckt wird.

 

Rz. 211

Eine Ausnahme bilden nur die Fälle des § 48 Abs. 3. Danach erstreckt sich die Prozesskostenhilfe in einer Ehesache auch auf den Abschluss einer Einigung über:

Ehegattenunterhalt,
Kindesunterhalt,
Sorgerecht für gemeinsame Kinder,
Umgangsrecht für gemeinsame Kinder,
Rechte an Ehewohnung und Hausrat sowie
Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht.

Einer besonderen Bewilligung bedarf es für die Einigung nicht.

 

Rz. 212

Diese Regelung ist nicht analog auf andere Familiensachen anwendbar. So erstreckt sich die Prozesskostenhilfe-Bewilligung im Verfahren über die elterliche Sorge nicht auch auf eine über ein nicht anhängiges Umgangsrecht geschlossene Einigung.[180] Ebenso gilt diese Regelung nicht für eine Einigung über die Auseinandersetzung des gemeinsamen Vermögens oder gemeinsamer Schulden.[181]

 

Rz. 213

Umstritten ist, ob der Anwalt die Einigungsgebühr aus der Staatskasse auch dann erhält, wenn in einem gerichtlichen Verfahren eine außergerichtliche Einigung geschlossen wird. Nach einem Teil der Rechtsprechung[182] ist der Abschluss einer Prozesseinigung erforderlich; eine außergerichtlich geschlossene Einigung genügt danach auch dann nicht, wenn über die darin enthaltenen Regelungsgegenstände ein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Die Beiordnung des Rechtsanwalts im Wege der Prozesskostenhilfe umfasst danach nur dann die Vergütung für eine außergerichtliche Einigung, wenn hierfür eine ausdrückliche Beiordnung erfolgt ist.[183] Nach zutreffender Ansicht ist dem im Rahmen der Prozesskostenhilfe uneingeschränkt beigeordneten Anwalt auch bei Abschluss einer außergerichtlichen Einigung eine Einigungsgebühr aus der Staatskasse zuzubilligen.[184] Aus der Formulierung in § 45 Abs. 1 folgt nur, dass die Tätigkeit des Anwalts "in Verfahren vor Gerichten" stattfinden muss. Diese Voraussetzung ist aber auch dann erfüllt, wenn in einem gerichtlichen Verfahren eine Einigung geschlossen, aber nicht vor Gericht protokolliert wird.

 

Rz. 214

Das gilt auch dann, wenn außergerichtlich eine Einigung über Gegenstände getroffen wird, die unter § 48 Abs. 3 fallen.[185]

 

Rz. 215

Soweit der Anwalt die Einigungsgebühr aus der Staatskasse erhält, sind die Beträge des § 49 maßgebend.

 

Rz. 216

Der Gebührensatz richtet sich nach VV 1003, wenn der Gegenstand der Einigung anhängig oder wenn er Gegenstand eines Verfahrens auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist (Anm. zu VV 1003). Erstreckt sich die Prozesskostenhilfebewilligung dagegen nur kraft Beschlusses oder nach § 48 Abs. 3 auch auf Gegenstände, für deren Geltendmachung oder Abwehr bisher keine Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, gilt der Gebührensatz der VV 1000 (vgl. VV 1003, 1004 Anh. Rdn 114 ff.).

 

Rz. 217

Strittig ist ferner, ob dem beigeordneten Verkehrsanwalt wegen der Einigungsgebühr ein Anspruch gegen die Staatskasse zusteht. Dies wird zum Teil verneint;[186] es sei denn, in dem Beiordnungsbeschluss wurde er ausdrücklich auch für den Abschluss der Einigung beigeordnet. Das gilt auch bei einer Einigung in einer Scheidungssache.

 

Rz. 218

Diese Auffassung ist u.E. unzutreffend[187] und lässt sich nur mit fiskalischen Interessen erklären. Nach § 121 Abs. 4 ZPO kann der Partei "zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten" ein weiterer Rechtsanwalt beigeordnet werden. Folglich hat der beigeordnete Rechtsanwalt gemäß § 48 Abs. 3 Anspruch auf Übernahme seiner Kosten durch die Staatskasse im Rahmen des Bewilligungsbeschlusses. Sofern der Bewilligungsbeschluss keine Einschränkung enthält, gilt auch für den Verkehrsanwalt folglich § 48 Abs. 3, wonach sich die Beiordnung in einer Ehesache auch auf den Abschluss einer Einigung über dort näher genannte Folgesachen erstreckt.

 

Rz. 219

Dass auch der Verkehrsanwalt die Einigungsgebühr verdienen kann, wenn er am Zustandekommen der Einigung mitwirkt, ist einhellige Auffassung (siehe VV 3400 Rdn 61 m.w.N.). Dass diese Regelung nicht für den im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt gelten soll, findet im Gesetz keine Stütze.

 

Rz. 220

Zur Vermeidung späterer Gebührenverluste sollte der Verkehrsanwalt rechtzeitig bei Gericht beantragen, dass die Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe auch zum Abschluss einer Folgenvereinbarung erfolgt. Soweit der Bewilligungsbeschluss den Abschluss der Einigung mit beinhaltet, kann der Anwalt die Einigungsgebühr ...

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