aa) Abhilfebefugnis/Keine Änderung von Amts wegen

 

Rz. 16

Soweit der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Erinnerung für begründet hält, muss er ihr abhelfen. Die Abhilfebefugnis ergibt sich aus Abs. 2 S. 1, § 33 Abs. 4 S. 1.[52]

Eine Änderung der Festsetzung von Amts wegen durch den Urkundsbeamten kommt nicht in Betracht (vgl. § 55 Rdn 126).[53] Eine Änderung entsprechend § 319 ZPO ist jedoch möglich.[54] Das Verbot einer Änderung der Entscheidung von Amts wegen mit Ausnahme einer Berichtigung (§ 319 ZPO) steht der Abhilfe nicht entgegen, weil sie im Rahmen eines zulässigen Rechtsbehelfs auf Antrag erfolgt.

[52] Vgl. OLG Naumburg FamRZ 2007, 1115; OLG Frankfurt JurBüro 1991, 1694; OLG Hamburg MDR 1979, 413.
[53] Vgl. OLG Hamm 15.2.2016 – II-6 WF 46/14, AGS 2016, 530 = RVGreport 2016, 342; OVG Hamburg AGS 2015, 90 = Rpfleger 2013, 544; BayLSG 12.9.2012 – L 15 SF 327/10 B E; OLG Bremen AGS 2007, 207 = RVGreport 2007, 183 = OLGR Bremen, 2006, 580; Hansens in: Hansens/Braun/Schneider, Teil 7 Rn 161; noch zur BRAGO: OLG Frankfurt FamRZ 1991, 1462; OLG Hamm JurBüro 1982, 255; OLG München Rpfleger 1981, 412; a.A., noch zur BRAGO OLG Stuttgart AnwBl. 1978, 462; KG Rpfleger 1976, 110; offengelassen OLG Naumburg RVGreport 2012, 102 = Rpfleger 2012, 155.
[54] Vgl. OLG Bremen AGS 2007, 207 = RVGreport 2007, 183 = OLGR Bremen, 2006, 580; BayLSG 12.9.2012 – L 15 SF 327/10 B E; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, § 56 Rn 4.

bb) Rechtliches Gehör/Abhilfe

 

Rz. 17

Vor einer Abhilfe zugunsten des Erinnerungsführers wird der Urkundsbeamte nach dem rechtsstaatlichen Grundsatz eines fairen Verfahrens die Gegenseite anhören.[55] Bei Erinnerungen der Staatskasse ist dem Rechtsanwalt, bei einer Erinnerung des Rechtsanwalts ist der Staatskasse zuvor rechtliches Gehör zu gewähren.[56] Will der Urkundsbeamte dem Rechtsschutzbegehren des Anwalts nachkommen und den Festsetzungsbetrag erhöhen, kann und wird er in Zweifelsfällen vorab eine Stellungnahme des zuständigen Vertreters der Staatskasse einholen.

 

Rz. 18

Gegen eine Abänderung zu Ungunsten der Staatskasse kann diese ihrerseits Erinnerung einlegen. Gleiches gilt für den Anwalt, wenn der Urkundsbeamte auf eine Erinnerung der Staatskasse die Vergütung reduziert.[57] Die Abhilfeentscheidung ist eine geänderte Festsetzung i.S.v. § 55, gegen die wieder die Erinnerung gegeben ist und deshalb gem. § 12c mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen ist (vgl. Rdn 27 f.). Hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bereits einmal einer Erinnerung der Staatskasse oder des Anwalts abgeholfen, kann er der gegen seine Abhilfeentscheidung gerichteten erneuten Erinnerung nicht mehr abhelfen, sondern muss die Sache dann dem Gericht zur Entscheidung vorlegen.[58] Liegt eine Entscheidung des Gerichts über die Erinnerung vor, kann diese gerichtliche Entscheidung nur noch mit der Beschwerde gem. Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 ff. und nicht mehr mit der Erinnerung angefochten werden.[59] Eine "Anschlusserinnerung" kann nur im Anschluss an eine Erinnerung des Gegners und vor der gerichtlichen Entscheidung über diese Erinnerung eingelegt werden.[60]

[55] Siehe dazu BVerfG NJW 2000, 1709.
[57] OLG Hamm 25.4.2014 – II-6 WF 111/14; OLG Köln FamRZ 2010, 232; OLG Düsseldorf StRR 2010, 276.
[58] OLG Hamm 25.4.2014 – II-6 WF 111/14; OLG Düsseldorf 24.2.2010 – III-1 Ws 700/09, StRR 2010, 276; LG Düsseldorf 15.8.2016 – 14 KLs 1/14, AGS 2017, 28 = RVGreport 2016, 414.
[59] OLG Hamm 25.4.2014 – II-6 WF 111/14; OLG Düsseldorf 24.2.2010 – III-1 Ws 700/09, StRR 2010, 276.

cc) Abhilfeentscheidung

 

Rz. 19

Sowohl die Abhilfe als auch eine Teilabhilfe als auch die Nichtabhilfe des Urkundsbeamten bedürfen der Begründung. Diese kann sich allerdings in einer Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung erschöpfen, falls die Beschlussbegründung aus sich heraus verständlich ist und mit der Erinnerung keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen werden. Neues Vorbringen ist durch eine ergänzende Begründung zu erfassen. Ein abändernder Beschluss muss den Beteiligten förmlich zugestellt, die Nichtabhilfe jedenfalls dem Erinnerungsführer bekannt gegeben werden. Ein Kostenausspruch ist nicht veranlasst, da Gebühren nicht anfallen und außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind (Abs. 2 S. 2 und 3). Die Nichtabhilfeentscheidung des Urkundsbeamten ist nicht anfechtbar.

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