Rz. 17

Satz 2 lässt die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die ungerechtfertigte Bereicherung unberührt. Diese Vorschrift ist überflüssig; sie hat lediglich deklaratorischen Charakter. Mit der Einfügung des S. 2 wollte der Gesetzgeber lediglich verdeutlichen, dass seit dem 1.7.2008 die §§ 812 ff. BGB an Stelle der bisherigen vergütungsrechtlichen Kondiktionsregel des § 4 Abs. 1 S. 3 a.F. Anwendung finden[27] (siehe dazu auch § 3a Rdn 127 ff.). Dass nach der neueren Rechtsprechung des BGH die Vereinbarung nicht unwirksam ist, sondern unverbindlich, ist insoweit unerheblich. Der BGH[28] behandelt die Unverbindlichkeit wie einen fehlenden Rechtsgrund.

 

Rz. 18

Der Rückzahlungsanspruch des Auftraggebers ergibt sich regelmäßig aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB). Der bereicherungsrechtliche Leistungsbegriff erfasst jede zurechenbare Mehrung fremden Vermögens, die der Anwalt auf den Mandatsvertrag beziehen darf.[29] Als Leistung gilt zunächst jede Zahlung des Auftraggebers auf das vereinbarte Honorar, aber auch eine sonstige Leistung an Erfüllungs statt oder eine Aufrechnung.[30] Keine Leistung liegt dagegen in der Abgabe eines abstrakten Schuldanerkenntnisses[31] oder der Begebung eines Wechsels.[32]

 

Rz. 19

Die Leistung muss aufgrund und in Erfüllung der Vergütungsvereinbarung erbracht worden sein. Für das Merkmal der Zweckgerichtetheit in § 812 BGB reicht es nicht aus, wenn der Auftraggeber nach § 9 einen Vorschuss auf die gesetzlichen Gebühren gezahlt hat und die Parteien erst später bestimmen, dass der Vorschuss auf ein die gesetzliche Vergütung übersteigendes Honorar zu verrechnen sei.[33] Entsprechendes gilt für einen nicht verbrauchten Gerichtskostenvorschuss.[34] Hier fehlt es an der Zweckbestimmtheit der Leistung; sie kann infolge dessen nicht rückwirkend in eine Vorschusszahlung auf eine später fehlerhaft vereinbarte Vergütungsvereinbarung umgewandelt werden.[35] Ebenso wenig genügt eine Vereinbarung, wonach das (fehlerhaft) vereinbarte Honorar zu "gegebener Zeit" aus Fremdgeldern, die sich auf dem Konto des Anwalts befinden, entnommen werden soll. Auch insoweit fehlt es an einer Leistung i.S.d. § 812 BGB, selbst dann, wenn der Anwalt anschließend absprachegemäß den Honorarbetrag aus den Fremdgeldern entnimmt.[36]

 

Rz. 20

Infolge der Unverbindlichkeit der Vergütungsvereinbarung, soweit die gesetzliche Vergütung überschritten ist, besteht der Kondiktionsanspruch nur in Höhe des die gesetzliche Vergütung übersteigenden Betrags.

 

Rz. 21

Ob der Anwalt dem Bereicherungsanspruch des Auftraggebers den Einwand aus § 814, 1. Alt. BGB entgegensetzen kann, ist Tatfrage und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Anwalt hat als Leistungsempfänger darzulegen und zu beweisen, dass sein Auftraggeber die vereinbarte Vergütung freiwillig und in Kenntnis der Unverbindlichkeit erbracht hat.[37] Erforderlich ist allgemein positive Kenntnis des Mandanten im Zeitpunkt der Leistung; selbst grob fahrlässige Unkenntnis reicht nicht aus.[38] Die allgemeine Kondiktionsregel des § 814 BGB bedarf jedoch bereits mit Blick auf die Entscheidung des BGH vom 8.6.2004[39] einer spezifisch vergütungsrechtlichen Interpretation. Die gleichlautenden Verweise in §§ 3a Abs. 3 S. 2 und 4b S. 2 sind danach wie folgt auszulegen:

Zitat

"Leistet der Mandant an den Rechtsanwalt in Kenntnis der Tatsache, dass die gesetzliche Vergütung überschritten wird, kann er das Geleistete später nicht deshalb zurückfordern, weil die Vergütungsvereinbarung unwirksam ist."[40]

 

Rz. 22

Freiwilligkeit i.S.d. § 814 BGB setzt danach voraus, dass der Auftraggeber im Zeitpunkt der Leistung zumindest Kenntnis davon hatte, dass er mehr als die gesetzliche Vergütung leistet.[41] Voraussetzung ist das auf einer ausreichenden Informationsgrundlage basierende Bewusstsein des Auftraggebers, dass der Anwalt höhere Gebühren als die gesetzlichen beansprucht.[42] Für die Kenntnis seines Mandanten ist der Rechtsanwalt beweispflichtig.[43] Keine Freiwilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt seinen Auftraggeber unter – nicht notwendig rechtswidrigen[44] – Druck setzt. Zahlt etwa der Auftraggeber erst, nachdem der Anwalt ihm eine Vergütungsklage angedroht hat, liegt keine freiwillige Leistung mehr vor.[45] Auch wenn der Anwalt seine (weitere) Tätigkeit von der Zahlung eines Vorschusses zu einem Zeitpunkt abhängig macht, zu welchem dem Mandanten ein Wechsel des Anwalts – insbesondere wegen drohenden Fristablaufs – nicht zugemutet werden kann (Kündigung zur Unzeit), mangelt es an der Freiwilligkeit der Leistung.[46]

 

Rz. 23

Besonders problematisch erscheint das Merkmal der Freiwilligkeit für den Strafverteidiger. Für den Mandanten stellt sich die Konfrontation mit einem Strafverfahren zumeist als Zwangssituation dar, die nicht selten den späteren Einwand produziert, die Vergütungsvereinbarung mit dem Verteidiger sei unter Druck zustande gekommen.[47] Dies gilt vor allem für den inhaftierten Mandanten. Kritische Zeitpunkte für eine Kündigungsandrohung zur Unzeit (vgl. Rdn 2...

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